Die Freizeitpolitiker des Gemeinderates sind nicht zu beneiden. Sie müssen sich jetzt mit extremsten Finanzkrise der Stadt in der Nachkriegszeit auseinandersetzen. Vermutlich werden die Stadt und ihre Bürger noch über mehrere Jahre hinweg unter dieser Situation zu leiden haben. Wir stecken tief im Schlamassel. Vieles, was wünschenswert und notwendig erscheint, wird wohl auf der Strecke bleiben.
Die Situation in der Doppelstadt unterscheidet sich von der Lage vieler anderer Städte insofern, dass ihre Finanzen schon vor Ausbruch der Corona-Krise in eine massive Schieflage geraten sind. Die Ausgaben der Stadt für Personal, für die Instandhaltung der Infrastruktur, für Soziales, für Bildung und Kultur galoppieren den Steuereinnahmen, obwohl diese auf Rekord-Niveau sprudelten, immer stärker davon. Hier rächt sich jetzt bitter, dass sich der Gemeinderat in den vergangenen zehn guten Jahren nicht darauf einigen konnte, gegen diesen Trend zu steuern. Oberbürgermeister Jürgen Roth servierte dem Gemeinderat noch im Januar einen Etat-Entwurf mit einem Defizit von 25 Millionen Euro sowie einer Neuverschuldung von 40 Millionen Euro. Damals war die Corona-Krise bei uns noch nicht angekommen. Nach der mittelfristigen Finanzplanung des OB wäre unsere Stadt auch ohne Corona bis 2023 finanziell handlungsunfähig gewesen, weil alle Rücklagen verzehrt und die Verschuldung auf 150 Millionen Euro hochgeschossen wäre. Die Chance, noch 2019 energisch gegen diese Entwicklung vorzugehen, hat er versäumt. Verschärft wurde die Situation auch noch durch das neue Haushaltsrecht, dass das Land den Kommunen zur Umsetzung bis 2020 verordnet hatte. Die kaufmännische Haushaltsführung, die unsere Stadt auf den letzten Drücker einführte, sorgt jetzt für weitere Belastungen in Millionenhöhe.
Ein erheblicher Anteil der finanziellen Schwierigkeiten bestand in VS also schon vor der weltweiten Virus-Pandemie. Durch Corona wird die mangelnde Nachhaltigkeit der städtischen Finanzpolitik nun zur brutalen Bruchlandung. Sie kann allenfalls noch abgefedert werden durch weitere „Hilfespakete“. Allerdings darf man sich die Hoffnung wohl abschminken, dass Bund und Land auch nur annähernd in der Lage sein werden, die Verluste der Kommunen durch die Corona-Folgen eins zu eins zu kompensieren. Von den hausgemachten Problemen in VS ganz schweigen.
Was bleibt also? Vermutlich kann die Stadt die Haushaltslöcher zunächst nur durch eine massive Verschuldung auffangen. Zum zweiten müssen Verwaltung und Gemeinderat die Ausgaben und Einnahmen wieder ins Lot zu bringen, was vermutlich eine jahrelange Daueraufgabe werden wird. Das heißt sparen beim Personal, dem größten Kostenblock der Stadt, das heißt strecken von Investitionen, das heißt auch Aufgabenverzicht. Hier wird der Gemeinderat gefordert sein wie noch nie. Es müssen Mehrheiten gefunden werden für unpopuläre Entscheidungen. Es gilt zusammenzurücken in der Not. Ohne Solidarität über die Parteigrenzen hinaus, da hat CDU-Fraktionschef Klaus Martin völlig recht, wird dies nicht zu machen sein.