Wenn ein privater Bauherr ein Haus plant, so kann er entscheiden, in welcher Bauweise sein neue Heim entstehen soll. Seine Freiheit ist nur durch sein selbst gesetztes Kostenlimit begrenzt. Wenn eine Stadt ein neues Haus bauen will – in diesem Fall einen Kindergarten – so ist das mit der freien Wahl des Baustoffs nicht so einfach.
Daher kommt es, dass in der Schwenninger Innenstadt ein Kindergarten in Betonbauweise entstehen wird. Und das, obwohl sich eine Mehrheit des Gemeinderats wiederholt dafür ausgesprochen hat, für Neubauten dieser Art eine Holzbauweise zu favorisieren.
5,5 Millionen-Euro-Projekt
Am Mittwoch, 2. Juli, wird der Gemeinderat diese Frage entscheiden, doch Spielräume gibt es praktisch keine, wie sich in den Vorberatungen im Technischen Ausschuss sowie im Verwaltungs- und Kulturausschuss gezeigt hat. Entstehen soll das 5,5-Millionen-Euro-Projekt in der Schwenninger Bürkstraße in unmittelbarer Nachbarschaft zum dortigen Mauthepark.

Alle Fraktionen sprachen sich in den Ausschüssen für den Bau des neuen Kindergartens aus: Der Ersatz für die Kita Wilhelmspflege sei absolut notwendig, um dem Defizit an Kindergartenplätzen in der nördlichen Schwenninger Innenstadt entgegenzuwirken, so die allgemeine Einschätzung.
Diskussionen gibt es noch um die Frage, wie viel Fläche der Mauthepark für dieses Projekt abgeben muss. So sorgt man sich bei der CDU, dass wertvolle Grünfläche für den Bau weichen müsse. In der Tat sehen die Planungen vor, dass Teile des Spielplatzes im Mauthepark wohl wegfallen werden.
Ausschüsse hadern mit Entscheidung
Trotz der allgemeinen Einsicht in die Notwendigkeit des Projekts formulierten eine Mehrheit des Ausschusses deutliche Kritik an der Tatsache, dass die Stadt eine Firma beauftrage, die das Gebäude in klassischer Betonweise errichten wird.
„Überall wird mir Holz gebaut, und wir bauen weiter in Beton“, sagte Freie-Wähler-Stadtrat Dirk Gläschig. Das sei unverantwortlich – auch im Hinblick auf nachfolgende Generationen.

Kritik kam auch Reihen der Grünen. „Die Meinung des gesamten Rates wird in den Wind geschrieben“, sagte Ulrike Salat. Es gebe ein klares Bekenntnis dafür, mit Holz zu bauen. „Wir fühlen uns in die Ecke getrieben“, so die Grünen-Co-Fraktionschefin.

Auch bei der CDU hätte man sich wegen der besseren Werte in Sachen Raumklima eine Holzbauweise gewünscht, wie Stadtrat Dietmar Wildi sagte.

Weniger Bedenken mit der Materialwahl kamen aus Reihen der FDP und der AfD. „Wenn wir uns das nicht leisten können, dann können wir auch kein Holz nehmen“, sagte FDP-Gemeinderat Michael Steiger.
Kaum Einfluss auf die Materialwahl
Weshalb die Spielräume der Stadt so eng sind, hat im Wesentlichen zwei Gründe. Nach einem Hinweis ihres Vergabeanwalts Thomas Schotten aus Freiburg muss die Stadt Projekte wie diese materialoffen ausschreiben. Das bedeutet, dass der Wunsch nach Holz in diesem Fall ein frommer bleibt. Wenn Betonbauten billiger sind und der Anbieter die verlangte Qualität zusichern kann, dann sei der Gemeinderat nach den jetzigen Kriterien nicht mehr frei in seiner Entscheidung.
Erschwerend kam in diesem Fall hinzu, dass nur drei Angebote bei der Stadt eingingen – keiner von einer Firma, die vollständige Holzbauweise anbietet, wie Bürgermeister Bührer sagte. Hybridbauweise, eine Mischung verschiedener Baustoffe und unter anderem Holz, war bei den Angeboten vertreten, das Angebot lag allerdings um 1,1 Millionen Euro höher als das letztlich ausgewählte.
Helfen neue Kostenkriterien weiter?
Um künftig mehr Einfluss auf die Materialwahl zu haben, müsste die Stadt neue Kriterien für die Vergabe beschließen. „Wir müssen da jetzt entsprechend reagieren“, forderte SPD-Gemeinderat Jens Löw.

Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, künftig nicht mehr allein auf den Preis zu achten, sondern die Lebenszykluskosten zu einem wichtigen Kriterium zu erheben. Hierin werden alle Kosten zusammengefasst, die während der gesamten Lebensdauer des Gebäudes anfallen: von der Planung und Errichtung über Betrieb und Wartung bis hin zur Entsorgung, abzüglich eines möglichen Restwertes.
Die Zeit drängt
Doch im konkreten Fall drängt die Zeit, denn der Kindergarten mit seinen fünf Gruppen soll bereits im Jahr 2026 in Betrieb gehen. So gab es jeweils klare Empfehlungen im Technischen Ausschuss sowie im Verwaltungs- und Kulturausschuss für den Kindergartenneubau.