Mit einem freundlichen „Bonjour“ begrüßt Julien Gonzalez jeden Gast in seinem französischen Café. Und plaudert mit diesem, sofern er dies möchte, auf Französisch weiter. Auch auf diese Weise bringt das Saveurs de France, was frei übersetzt so viel wie „Geschmäcker Frankreichs“, einen Hauch von Frankreich in der Zähringerstadt und ist eine willkommene Gelegenheit für viele, ihr (Schul-)Französisch mal wieder aufzufrischen – neben all den Genüssen nach Rezepten aus dem Nachbarland.

Café schließt zum Ende der Woche

Doch lange werden die Gäste und Liebhaber der Törtchen und Croissants nicht mehr in diesen Genuss kommen: Voraussichtlich am Samstag, 15. März, öffnet das Café in der Niederen Straße seine Pforten zum letzten Mal. „Ich hab keine andere Lösung“, sagt Gonzalez. „Für mich ist fertig. Es ist mir zu viel.“

In bester Lage, in der Niederen Straße direkt am Latschariplatz, befindet sich das französische Café – noch.
In bester Lage, in der Niederen Straße direkt am Latschariplatz, befindet sich das französische Café – noch. | Bild: Patricia Beyen

Fixkosten zu hoch

Diesen Schritt zu gehen und das Café nun ein für alle Mal zu schließen, fällt ihm sichtlich schwer. Aber er sei finanziell am Ende. Die hohe Miete von 3500 Euro und weitere Fixkosten von 15.000 Euro würden ihn in die Knie zwingen, er habe bereits Privatinsolvenz anmelden müssen.

Auch an den höheren Lebensmittelkosten habe er zu knabbern. So sei der Preis für Schokolade in den letzten sechs Monaten um 40 Prozent gestiegen. „Ich kann doch keine vier Euro für ein Pain au Chocolat verlangen.“ Die Preise für Schokobrötchen seien aber nur ein Beispiel, wie schwierig die Lage für Gastronomen in Villingen sei.

Seine Kritik: Stadt kümmert sich zu wenig

Gonzalez beklagt, dass sich die Stadt zu wenig um die Unternehmer in der Stadt kümmere. Wenn die Stadt sich weiter aus den Mieten für die Ladenflächen raushalte „gibt es hier bald nur noch Optiker, Frisöre und Nagelstudios“.

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Unternehmer fühlt sich gegängelt

Die Kommunikation mit der Verwaltung sei ebenfalls schwierig. „Wir arbeiten nicht zusammen, sprechen nicht miteinander“, sagt Gonzalez. Im Gegenteil: Als im Dezember der Wochenmarkt vorübergehend rund um den zentralen Latschariplatz in Villingen stattfand, sei man wenig freundlich mit ihm umgegangen.

Weil er protestiert habe, dass er seinen 170 Kilogramm schweren Schirm vor seinem Café nicht so einfach ausbauen könnte, um den Ständen mehr Platz einzuräumen, habe ihm ein Vertreter der Stadt gedroht, dass ihm die Konzession für die Außenbestuhlung entzogen werde.

Citymanager hält dagegen

Citymanager Thomas Herr hingegen sagt, dass die Stadt durchaus auf den Unternehmer zugegangen sei. Herr sagt, er sei persönlich bei der Eröffnung gewesen und habe seine Hilfe angeboten. Diese habe der Gastronom jedoch nie in Anspruch genommen.

Auch bei den halbjährlichen Treffen mit den Gewerbetreibenden der Innenstadt habe er Gonzalez nie gesehen, so Thomas Herr. Dabei wäre dies eine gute Gelegenheit für die Unternehmer, Probleme jeglicher Art anzusprechen.

Thomas Herr ist seit Sommer 2022 City-Manager in VS. Einige Mieten in der Innenstadt seien „nicht zur Wirtschaftslage passen“, sagt er.
Thomas Herr ist seit Sommer 2022 City-Manager in VS. Einige Mieten in der Innenstadt seien „nicht zur Wirtschaftslage passen“, sagt er. | Bild: Göbel, Nathalie

Herr: Mieten sind nicht passend

Der Citymanager sieht aber auch, dass einige Mieten in der Innenstadt „nicht zur Wirtschaftslage passen.“ 3500 Euro Miete bei der Größe und Lage seien zwar realistisch, „aber es ist schon sehr viel. Da muss man schauen, wie viele Tassen Kaffee man dafür verkaufen muss“.

Hohe Arbeitsbelastung setzt ihm zu

Neben den hohen Kosten ist Gonzalez auch die hohe Arbeitsbelastung zu viel geworden. 17 Stunden am Tag sei er im Einsatz, stehe um drei Uhr morgens auf, um die Backwaren und Törtchen vorzubereiten, stehe nach Öffnung hinter dem Tresen und am Ende des Arbeitstages, nachdem er das Café geputzt habe, warte noch die Büroarbeit. Und das sechs Tage in der Woche. Selbst an seinem freien Tag habe er für das Geschäft zu tun.

Julien Gonzalez hat im Saveurs de France viel selbst gemacht. Und viel Zeit investiert.
Julien Gonzalez hat im Saveurs de France viel selbst gemacht. Und viel Zeit investiert. | Bild: Patricia Beyen

Die Familie leidet darunter

Seine Familie sei an dieser Belastung zerbrochen. Mit dem Schritt raus aus der Selbstständigkeit und zurück zu einem Job, der mehr Sicherheit und geregelte Arbeitszeiten biete, könne er seine Ehe vielleicht retten, so seine Hoffnung.

Wie es für ihn nun beruflich weitergehe, wisse er aber noch nicht. „Ich bin nicht faul, egal welcher Beruf“, sagt Gonzalez.

Macarons, Törtchen und Tarte und im Sommer Eis gab es bisher bei Saveurs de France in der Niederen Straße – und das alles aus Frankreich ...
Macarons, Törtchen und Tarte und im Sommer Eis gab es bisher bei Saveurs de France in der Niederen Straße – und das alles aus Frankreich importiert. | Bild: Patricia Beyen

Backwaren kommen aus Lyon

Geholfen haben ihm beim Café-Betriebe seine Kontakte in Frankreich: Die Backwaren bezieht der Gastronom von seinem Bruder aus Lyon, der dort eine Konditorei betreibt. In gefrorener Form kommen die Törtchen, Macarons und Croissants über eine Spedition in Villingen an, um hier dann serviert zu werden.

Auch Eis hatte Gonzalez im Sommer im Angebot. „Da hatte ich im Elsass einen guten Lieferanten gefunden“, sagt er.

Die letzte Lieferung an Backwaren, Törtchen, Eclairs und Macarons möchte Gonzalez nun noch an die Villinger bringen. Dann ist Schluss.

Sorge um die Mitarbeiterin

Wenn ihm der Schritt auch sichtlich schwerfällt, zeigt sich Gonzalez lediglich um seine Mitarbeiterin Resmie Selimai, die er liebevoll Mama nennt, besorgt. Sie sei eine so gewissenhafte Angestellte, immer am Arbeiten. „Sie ist ein Diamant“, sagt er.

Der Verlust von Selimai schmerze fast mehr als der Verlust des Cafés und seiner treuen Kunden.

Für ihn selbst werde sich schon eine Lösung auftun, zeigt sich Gonzales optimistisch. „Die Sonne kommt jeden Tag. Man muss nur warten“, sagt er. Und fügt seufzend hinzu: „C‘est la vie“: So ist das Leben.