Mit langen Einkaufsabenden will der Villinger Einzelhandel Akzente setzen und sich aus dem Corona-Tief herauswinden. Nach dem 13. August findet nun der zweite Einkaufsabend am nächsten Donnerstag, 3. September, statt. Zahlreiche Geschäfte sind dann abends bis 21 Uhr geöffnet. Hilft dieser Ansatz dem Einzelhandel wirklich? Die Meinung sind auch in der Händlerschaft geteilt. „Mehr davon“, sagen einige. Andere finden: „Wenn, dann aber richtig.“
Das Problem für den Einzelhandel: Verkaufsoffene Sonntage können in diesem Jahr nicht stattfinden, da sie stets an einen Festanlass gebunden sind. In Villingen ist dies seit Jahren das Museumsfest oder das Kinderspielfest in der Innenstadt. Derartige Events sind aber in Zeiten von Corona nicht möglich. Der Ausweg, der dem Handel helfen sind, sind daher lange Einkaufsabende.
Unterstützt wird der Einzelhandel bei diesen langen Einkaufsabenden auch vom Stadtmarketing. Madlen Falke, Pressesprecherin der Stadt, beurteilt die Initiative als sehr unterstützenswert. Für den Handel gehe es darum, den Kunden zu signalisieren, „wir sind wieder da“. Terminlich passe die Aktion zum aktuellen Sommer-Rabattverkauf. Zum anderen sollen mit dem langen Einkaufsabend wieder mehr Kunden in die Innenstadt gelockt werden. Mit der Verlängerung der Öffnungszeit bis 21 Uhr hätten die Konsumenten mehr Zeit zum Bummeln und Kaufen, zugleich könnten die Kundenströme in Zeiten von Corona entzerrt werden. Auch die Gastronomie könne von dem Anlass profitieren.
„Wir würden uns freuen, wenn sich die langen Einkaufsabende etablieren würden und sich diese Aktionen für die Einzelhändler lohnen“, spiegelt die Pressesprecherin die Sicht des Stadtmarketings wider. Weitere lange Einkaufsabende seien wünschenswert, hier gebe es noch viele Ideen. Ziel sei es, die Innenstädte nachhaltig zu beleben. Denkbar sei auch, die Museen und andere Einrichtungen in die verlängerten Öffnungszeiten einzubinden. Sie stellt aber auch fest: „Die langen Einkaufsabende machen nur Sinn, wenn viele Händler mitmachen.“
Daran hapert es aber, zumindest in Teilen. Beim ersten Einkaufsabend machten 41 Geschäfte mit, doch eine größere Anzahl war nicht mit im Boot. Ein Hindernis für manche Geschäfte ist Personalmangel: Viele Angestellte sind derzeit im Urlaub. Und mancher Inhaber wird sich auch fragen, ob sich die Mehrkosten für erhöhten Personalaufwand lohnen oder, ob er sich in Erwartung geringer Frequenz selbst bis 21 Uhr in den Laden stellen soll. Einige Geschäfte haben außerdem zum Schutz ihrer Mitarbeiter zwei Verkaufsteams gebildet, um mögliche Corona-Ansteckungen zu begrenzen. Auch diese bekommen bei verlängerten Öffnungszeiten personelle Probleme.
Kritik an der Planung
„Ich fand die Planung unglücklich“, sagt beispielsweise Gila Aberle, Inhaberin von vier Modegeschäften in der Stadt. Die Idee sei zu kurzfristig entstanden, erst Ende Juli habe sie von den langen Einkaufsabenden erfahren. Da hätten schon viele Mitarbeiter ihren Urlaub geplant gehabt. Ihre vier Geschäfte (Fitzroy, Mode mittendrin, Store 1 und „Die Schneiderei“) seien daher wegen fehlendem Personal am Donnerstag nicht dabei. Die Aktion in die Sommerferien zu legen erscheint ihr generell fragwürdig. Es sei denn, der Einzelhandel starte rechtzeitig umfassende Werbemaßnahmen, um auch die zahlreichen Tagestouristen in der Region zu erreichen. „Einfach nur das Geschäft länger zu öffnen, bring den Kunden keinen Mehrwert“, findet sie. Grundsätzlich sei der Gedanke durchaus richtig, in der Innenstadt regelmäßig Events anzubieten. Aber: „Das muss langfristiger geplant sein.“ Wichtig sei auch, massiv Werbung zu machen, auch im Umland. „Wenn man was macht, dann macht man es richtig.“ Die Lichterabend im Herbst, so Aberle, seien diesbezüglich immer gut gelaufen.
Eine andere Sicht der Dinge haben Yvonne Würthner und ihre Tochter Gina, die das Mode-und Schuhgeschäft „Das kleine Feine“ in der Brunnenstraße betreiben. „Wir waren sehr zufrieden mit der Frequenz in unserem Geschäft“, resümmiert Yvonne Würthner den ersten Einkaufsabend vom 13. August. Die Kundenfrequenz in der Stadt sei sicherlich insgesamt zu gering gewesen. „Ich glaube aber, dass man die Einkaufsabende regelmäßig anbieten muss, damit sie Wirkung entfalten“, unterstreicht die Geschäftsfrau. Sie findet es auch richtig, diese Aktionen im Sommer anzubieten, „solange man abends draußen noch was machen kann“.
Regelmäßige Aktionen nötig
Die Beteiligung von 41 Geschäften findet ihre Tochter Gina zum Auftakt sehr positiv. Besser wäre natürlich, wenn noch mehr mitmachen würden. Grundsätzlich sei es für den Einzelhandel schon lange vor Corona elementar gewesen, Initiativen zu ergreifen und Events zu schaffen. „Einfach nur den Laden aufsperren, reicht schon lange nicht mehr“, betont sie. Leider seien die Initiativen seitens des Stadtmarketings in den letzten Jahren eingeschlafen, klagen die Geschäftsfrauen. Erst der neue Chef des Stadtmarketings, Matthias Jendryschek, habe wieder frischer Wind gebracht. „Da fühlen wir uns inzwischen super gut aufgehoben“, betont Gina Würthner. Mit regelmäßigen Verkaufsabenden und Events, so hoffen sie, werde es gelingen, die Innenstadt stärker zu beleben. Ob und wann es weitere lange Einkaufsabende geben wird, sagt Stadt-Pressesprecherin Madlen Falke, sei noch nicht fix. Nach dem zweiten Abend würden sich die Beteiligten von Handel und Stadtmarketing noch mal zusammensetzen und ihre Erfahrungen bewerten.