Kaum öffnet sich die Wohnungstür, bellt Luis los. Skeptisch mustert der Griffon-Mix den Besuch mit Kamera und Notizblock, beruhigt sich aber schnell wieder. „Er will sein neues Zuhause beschützen“, sagt Halterin Isabella Isele gegenüber dem SÜDKURIER. Auf Griechenlands Straßen habe der Rüde in der Vergangenheit Gewalt erlebt. Doch eine Reihe an engagierten Menschen führte ihn zu einem neuen Leben – holprig, aber zu seinem Besten.

„Als Luis vor vier Wochen zu uns nach Konstanz gekommen ist, haben seine Augen sehr traurig ausgesehen“, sagt Isabella Isele. Ihr Partner Jean-Marcel Rieger ergänzt, dass der Rüde drei Tage lang nichts gegessen und getrunken hat – wohl, weil er seine Pflegestelle im Schwarzwald vermisst.
Denn nach seiner Rettung aus dem Ausland wurde der zottelige Vierbeiner von Joachim Kaluza aufgefangen. Wie der SÜDKURIER schon berichtete, gehört er zu den Gründungsmitgliedern des Villinger Vereins Herzenshunde Griechenland. Elf Monate hat der Villinger seinen Luis in Pflege genommen – genug Zeit, um eine Bindung aufzubauen.

Abschied fällt schwer
Für Kaluza sei es schwer gewesen, loszulassen: „Luis ist ein Charakter, der berührt und begeistert. Ich habe ihn ins Herz geschlossen“, sagt der Villinger am Telefon. Doch seine Wehmut verfliegt schnell. Denn er ist sich als Vermittler sicher, die richtige Familie für seinen Pflegehund gefunden zu haben.
„Die Liebe zum Hund, die Zuneigung, dieses unbedingte Wollen ohne Oberflächlichkeit – das habe ich gesehen, als Isabelle und Jean-Marcel zu Besuch waren“, sagt Kaluza. Das Paar habe sofort klargemacht, dass sie beide die Verantwortung für Luis übernehmen wollen. Ein einseitiger Adoptionswunsch wäre ein „Kill-Kriterium“.
Nach einigen Kennenlernrunden in Villingen war für die Konstanzer klar: Sie möchten keine Woche mehr ohne Luis sein. Der Rüde kam mit Kaluza zu ihnen, um die neue Umgebung zu erkunden. Schließlich wollte der Pfleger abschätzen, ob die Wohnung das Richtige für seinen Schützling ist.
Vertrauen braucht Zeit
Vor den Treppen habe der Rüde zurückgeschreckt, nicht aber vor dem Aufzug. „In der Wohnung hat er sich erst unsicher gefühlt und herum geschnuppert. Er wurde aber immer ruhiger“, erzählt Isele. Ihr war klar, dass Luis viel Fürsorge, Zeit und Liebe brauchen wird. Und das konnte das Paar ihm auch bieten.

„Er lässt sich mittlerweile am Kopf kraulen und ist ganz entspannt. Aber er fängt auch an, seine Grenzen auszutesten“, sagt Rieger schmunzelnd. Seine Freundin ergänzt eine Anekdote: „Er hat sich mein Brötchen vom Teller stibitzt – für mich ein echter Vertrauensbeweis. Denn inzwischen weiß er: Das Schlimmste, was ihm bei uns passieren kann, ist, dass wir es ihm wieder wegnehmen.“
Die Adoption eines ehemaligen Straßenhundes ist für die beiden geglückt. Aus Dankbarkeit möchten sie den Villinger Verein in Griechenland begleiten. Im September wird das Paar dabei helfen, Hunde in Not zu retten. „Das wird bestimmt sehr emotional, aber ich finde es wichtig“, sagt Rieger mit einem Lächeln. Luis wird für diese Zeit wieder bei Kaluza unterkommen – ein Abschied ist wohl doch nicht für immer.