VS-Villingen Mit der Komödie „Weiße Turnschuhe“ hat das Theater am Turm erneut den richtigen Riecher für ein unterhaltsames Stück mit Tiefgang. Trotz des Hintergrunds war die Premiere höchst vergnüglich.

Mit 75 Jahren ist Günther der klassische „alte, weiße Mann“ – sexistische Sprüche und derbe Männerwitze inklusive. Leichtfüßig bewältigt der vierfache Witwer die Treppen zu seiner als „Matterhorn“ bezeichneten Wohnung im fünften Stock ohne Aufzug. Sein sportlicher Lebensabend wird finanziert durch ein Haus im Familienbesitz. Leider hat sich sein Sohn Kai verspekuliert und die Immobilie versetzt.

Pflegegeld ist für alte Menschen eine sichere Einkommensquelle – und die will Kai anzapfen. Seine Lösung: die Beantragung von Pflegegrad vier. Das entsprechende Gutachten hat er gefälscht. Nachdem auf einmal die Gutachterin der Krankenkasse vor der Tür steht, muss der Sportler den Pflegefall mimen. Doch die Dame wittert den Betrug. Als „besonderen Service“ knüpft sie das Pflegegeld an die von ihr persönlich erbrachte Rund-um-Betreuung, und die Katastrophe nimmt Fahrt auf.

„Das Stück hat mich gleich angesprochen“, erklärt Regisseur Jörg Kluge. Der pensionierte Pressesprecher des Polizeipräsidiums Konstanz ist seit 2010 Mitglied beim Theater am Turm. „Beim Lesen hatte ich gleich die passenden Personen im Kopf.“ Autor René Heinersdorff nimmt in seiner Farce die Auswüchse des Gesundheitssystems aufs Korn. Jörg Kluge hat mit Peter Horn die Idealbesetzung des sportbesessenen Rentner-Machos gefunden. Leslie Ade spielt den überforderten Sohn so überzeugend, dass man Mitleid mit ihm bekommt. Christian Lewedei als Sportsfreund und Claudia Bick-Würth als Versicherungsangestellte bilden eine geniale Ergänzung.

Trotz des Themas nehmen Situationskomik und Spielfreude das Publikum sofort mit. Am Ende bedanken sich die Zuschauer mit lang anhaltendem Applaus. Bis zum 26. April sind 14 Aufführungen geplant. Mehr unter www.theater-am-turm.de.