Wohin sind die sechsstelligen Beträge geflossen, die im Laufe mehrerer Jahre von Konten verschiedener Eigentümergemeinschaften verschwunden sein sollen? Seit mehreren Monaten beschäftigt der Fall eines Hausverwalters Staatsanwaltschaft, Polizei und Eigentümer aus Villingen-Schwenningen und der Region. Der Verwalter steht unter dem Verdacht, sich über Jahre hinweg an Konten von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) bedient zu haben.

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Besonders brisant: Der Mann ist zugleich Finanzbeamter. Seine Hausverwaltung, die fast 1000 Wohnungen betreute, betrieb er im Nebenerwerb. Gegen ihn wurden bereits mehrere Zivilklagen eingereicht.

24 Strafanzeigen

Bei der Staatsanwaltschaft Konstanz sind mittlerweile insgesamt 24 Strafanzeigen eingegangen. „Die strafrechtlichen Ermittlungen der Polizei sind nahezu abgeschlossen“, sagt Andreas Mathy, Sprecher der Staatsanwaltschaft Konstanz, auf SÜDKURIER-Anfrage. Über die Schadenshöhe lasse sich aktuell noch keine seriöse Aussage treffen.

Komplexer Sachverhalt

Ob sich der Verwalter in einem Strafverfahren verantworten muss, werde sich zeigen. „Wir sehen einen Verdacht der strafbaren Handlungen“, so Mathy. Die Staatsanwaltschaft müsse den komplexen Sachverhalt jedoch zunächst prüfen, sobald der abschließende Bericht der Polizei vorliege. Dann werde über die Eröffnung eines Verfahrens entschieden. Aktuell sei der Mann nach Kenntnis der Staatsanwaltschaft nicht im Immobiliensektor tätig.

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Ins Rollen kam der Fall im Frühjahr 2019, als eine Hausverwaltung aus Schwenningen die Betreuung einer Wohnanlage am Villinger Warenberg übernahm. Beim Aufarbeiten der Unterlagen stieß man auf Unregelmäßigkeiten: Von einem Konto, von dessen Existenz die Eigentümer gar nichts wussten, seien zwischen den Jahren 2011 und 2016 insgesamt 77 000 Euro in bar entnommen worden, so die neue Hausverwalterin.

Auf dem Rücklagenkonto fehlt Geld

Nicht nur am Warenberg fehlt offenbar Geld. „Von unserem Rücklagenkonto sind 125 000 Euro verschwunden“, berichtet ein Eigentümer aus einer anderen Villinger Wohnanlage. Rund 50 Eigentümer in fünf Mehrfamilienhäusern sind betroffen, für den einzelnen beträgt der Schaden – je nach Größe der Wohnung – im Schnitt 2500 Euro. Die WEG hatte den Vertrag mit dem Verwalter im vergangenen Herbst ausgelöst.

Unzufrieden mit der Arbeit

Im Vorfeld hatte es immer wieder Kritik an dessen Arbeit gegeben. So sollen beispielsweise Wartungsverträge für Aufzüge nicht bezahlt und Rückfragen zur Abrechnung nicht beantwortet worden sein. Was ist mit den 125 000 Euro geschehen? 80 000 Euro davon seien nach dem Abrechnungs-Stichtag 30. Juni 2019 bar entnommen und auf ein Konto einer anderen, ebenfalls von dem Verwalter betreuten WEG eingezahlt worden, schildert der Eigentümer. „Wir vermuten, dass er mit dem Geld Lücken auf anderen WEG-Konten gestopft hat, wenn dort eine Buchprüfung anstand.“ Eine Art zinsloses Darlehen also – ohne das Wissen der Darlehensgeber.

Geld wurde bar abgehoben

Mittlerweile werde auch jene WEG, auf deren Konto die 80 000 Euro eingingen, von einem anderen Verwalter betreut. Die Chancen, das Geld zurückzuholen, stünden vermutlich schlecht, sagt der Eigentümer aus Villingen. Zurückfordern könne man nur etwas, wenn im Sinne des Bereicherungsrechts – ein Teilbereich des Zivilrechts – eine Leistung erbracht worden sei. Gleiches gelte, wenn eine Eigentümergemeinschaft den Betrag beispielsweise aus Versehen an die andere WEG überwiesen hätte, was jedoch nicht der Fall gewesen sei: Das Geld sei bar vom Verwalter abgehoben worden.

Auf das Konto der um 80 000 Euro erleichterten WEG wiederum seien 20 000 Euro von einer anderen Eigentümergemeinschaft eingegangen. Ob diese den Betrag wieder zurückfordern könne, sei ebenso fraglich.