So richtig verstehen konnte man am Samstag nicht, was sich Giuliano Radice im Tor der SG Liggeringen-Güttingen zu sagen hatte. Meist stand er weit vor seinem Tor, beobachtete die vergeblichen Offensivbemühungen seiner Teamkollegen – und führte dabei Selbstgespräche. „Das ist so eine Eigenart von mir“, bekannte Radice später, als das Verfolgerduell der Kreisliga A, Staffel 1, schon lange entschieden war. Mit einem 2:0-Erfolg nahmen die Gäste des TSV Überlingen/Ried alle drei Punkte mit nach Hause und ließen frustrierte Platzherren zurück. Radice wird sich entsprechend einiges selbst gesagt haben, allzu positiv wird die Wortwahl vermutlich nicht gewesen sein.

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„Das ist natürlich bitter, so eine Niederlage“, bekannte Radice. Die SG Liggeringen/Güttingen bestimmte das Spielgeschehen, hätte aber an diesem Tag wahrscheinlich noch einmal zwei Stunden spielen können, ohne einen Treffer zu erzielen. Vielleicht, weil Stürmer und Kapitän Silvio Lorenzi im Urlaub weilte. Wahrscheinlich aber eher, weil es eben solche Tage gibt, an denen einfach nichts gelingen will. Der Gegner kam zweimal vor das Tor, erst durch einen Konter von Tim Brutscher (29.), dann durch Pascal Schulte, dessen ersten Schuss Radice noch parieren konnte, beim zweiten war er dann aber doch geschlagen. 89 Minuten waren da schon gespielt, die Partie entschieden. „Da sieht man natürlich auch als Torhüter nicht gut aus.“

Pascal Schulte erzielt den Treffer zum 2:0-Endstand Video: Salzmann, Dirk

Die SG Liggeringen/Güttingen kämpft seit Jahren um den Aufstieg in die Bezirksliga, gehört in der Kreisliga A, Staffel 1, stets zu den Spitzenteams, der langersehnte Aufstieg wurde jedoch stets knapp verfehlt. Vor der Runde wurde mit Toni Fiore-Tapia ein neuer Trainer geholt, dessen Bruder Daniel kam obendrein und erzielte bislang 20 Treffer. Doch trotz der Aufbruchstimmung könnte am Saisonende eine Abschiedsfeier ohne Jubel stehen. Toni Fiore-Tapia hat seinen Weggang verkündet, wird nächste Saison die Singener Südsterne in der Verbandsliga trainieren. Sein Nachfolger wird Ralf Waldvogel. Der 50-jährige Inhaber der B-Lizenz hat nach seiner aktiven Karriere bei den Spfr Neukirch und FC Schonach Trainerstationen von der Kreis- bis zur Bezirksliga im Schwarzwald hinter sich. Danach zog es ihn an den Bodensee, wo er verschiedene Jugendmannschaften des FC Radolfzell und 1. FC Rielasingen-Arlen trainierte. Ob Daniel Fiore Tapia, aktuell Dritter der Torjägerliste, bleiben wird, ist nach Vereinsangaben noch ungewiss.

Führt im Tor Selbstgespräche: Radice wird am Donnerstag 31 Jahre alt.
Führt im Tor Selbstgespräche: Radice wird am Donnerstag 31 Jahre alt. | Bild: Salzmann, Dirk

Auch Giuliano Radice kam durch Kontakte zu Toni Fiore-Tapia zur SG Liggeringen/Güttingen. „Außerdem ist mein bester Freund, Max Baumgärtner, hier aktiv.“ Vor seiner Wettkampfpause war er ausgerechnet für den TSV Überlingen/Ried aktiv, der durch den Sieg am Samstag bis auf zwei Punkte an die SG Liggeringen/Güttingen auf Rang drei herangerückt ist. „Wir haben alles versucht, Überlingen hat ja nur gekontert. Aber da haben sie eben eine brutale Qualität“, ordnete Radice, der am Donnerstag 31 Jahre alt werden wird, das Spielgeschehen ein. „Wir geben aber nicht auf, haben uns nach dem Spiel im Kreis bereits eingeschworen, dass wir Rang zwei und damit die Qualifikation für die Relegation schaffen wollen.“

Training mit der Schwester

Radice steht seit Kindesbeinen im Tor. „Meine Schwester Luisa hat mich ins Tor gestellt, als ich noch ein kleiner Junge war. Sie brauchte als Stürmerin einen Torwart zum Trainieren“, erinnert sich Giuliano, dessen Vater aktuell den Ligakonkurrenten SV Markelfingen betreut. Der trainierte später die Tochter beim Hegauer FV, erkannte aber auch das Talent des Juniors, der eben schon immer Torhüter sein wollte. „Es ist die komplizierteste Position im Fußball. Eben weil du mal Held, mal Depp bist.“

Giuliano Radice nach dem Schlusspfiff. Der Keeper steht seit Beginn der Rückrunde im Tor der SG Liggeringen-Güttingen.
Giuliano Radice nach dem Schlusspfiff. Der Keeper steht seit Beginn der Rückrunde im Tor der SG Liggeringen-Güttingen. | Bild: Salzmann, Dirk

Radice, der bei den Radolfzeller Stadtwerken arbeitet, war bereits für viele Clubs aktiv, etwa den SV Markelfingen, den Hegauer FV, den FC Hohenfels-Sentenhart, den FC Öhningen-Gaienhofen und weitere. Kommt im Sommer nun eine weitere Station dazu, wenn der Aufstieg verpasst werden sollte, wenn der Trainer den Club verlassen wird? „Nein, ich habe für die nächste Saison zugesagt – egal, in welcher Liga. Das ist ein toller Club hier, eine super Mannschaft, eine tolle Vorstandschaft.“

Giuliano Radice hat noch einiges vor mit der SG Liggeringen/Güttingen. Selbst nach einem 0:2, das für ihn blöder hätte kaum laufen können. Und das sagt er auch ganz selbstbewusst. Im Interview, seinen Mitspielern – und natürlich sich selbst.