Daniel, in der kommenden Saison sind Sie beim Türk. SV Singen spielender Co-Trainer neben dem neuen Coach und früheren Torwart Christian Mendes. In der vergangenen Saison sind Sie beide immer gemeinsam von Konstanz nach Singen gefahren. Wird es künftig im Auto neue Gesprächsthemen geben?
Daniel Niedermann: Natürlich stehen jetzt erstmal die Gespräche über die neue Saison oder Themen, die die Mannschaft angehen, ein bisschen im Vordergrund. Aber wir kennen uns schon so lange, dass wir uns auch immer über private Dinge unterhalten.
Wie sehen Sie Ihre neue Rolle? Übernehmen Sie auch die Kapitänsbinde, die bislang Ihr neuer Chef getragen hat?
Daniel Niedermann: Da sind wir uns noch nicht sicher, wie wir das Ganze angehen. Ich werde meine Hauptaufgabe auf dem Platz als Spieler haben, aber dann auch so etwas wie der verlängerte Arm des Trainers sein, ein bisschen die Schnittstelle zwischen Mannschaft und Trainer. Ob ich dabei Kapitän sein werde oder nicht, macht keinen großen Unterschied. Ich werde die Verantwortung auf dem Platz übernehmen, die ich jetzt auch schon übernommen habe, und werde versuchen, die Mannschaft zu führen und Christian Input zu geben und zu helfen.
Haben Sie eine spezielle Aufgabe im Trainerteam übernommen?
Daniel Niedermann: Nein, das handhaben wir relativ flexibel. Eine feste Aufgabe habe ich nicht. Ich helfe Christian da, wo es geht. Wenn er mir sagt, ich soll die Hütchen aufstellen, mache ich das, genauso, wie wenn er ein paar Ideen von mir braucht. Ich sehe alles von innen, er von außen. Er ist der klare Chef-Trainer, und ich unterstütze ihn, wenn er Hilfe braucht. In der Vorbereitung waren Christian und unser Athletiktrainer eine Woche lang auf dem Trainerlehrgang, dann habe ich mit dem Torwarttrainer das Training geleitet.
Wo fühlen Sie sich auf dem Platz am wohlsten: auf der Sechs oder in der Innenverteidigung? Künftig haben Sie da ja ein Wörtchen mitzureden…
Daniel Niedermann: Ja, das stimmt. (lacht) Die Sechs wäre sicher mal eine interessante Sache, aber als Innenverteidiger fühle ich mich wohler. Einfach, weil ich in dieser Rolle das Spiel vor mir habe. Als Sechser hat man das Spiel auch mal im Rücken.
Sie haben mit Christian Mendes in Villingen, Rielasingen-Arlen sowie in Singen beim FC und beim Türk. SV in einem Team gespielt, kennen ihn aber auch als Trainer. Was ist er für ein Typ? Ist er auf dem Feld anders als auf der Bank?
Daniel Niedermann: Ich kenne Christian als sehr ehrgeizigen Menschen, der sehr perfektionistisch ist. Wenn er was macht, dann möchte er es zu hundert Prozent richtig machen. Er redet viel mit uns und wir profitieren von seinem riesigen Erfahrungsschatz – nicht nur als Fußballer, auch als Mensch. Persönlich ist Christian ein super Typ, der sein Herz am rechten Fleck hat. Das ist auch der Grund, wieso er, glaube ich, bei jedem Verein gut angekommen und gut in Erinnerung geblieben ist. Ihn machen sein großes Wissen im Fußball und seine sympathische Art aus. Das findet man nicht so oft in dem Geschäft.
Ihr Verein hat unter anderem mit Gianluca Serpa und Dominik Almeida zwei weitere Ihrer früheren Weggefährten verpflichtet. Sind Sie gut aufgestellt für das Abenteuer Oberliga?
Daniel Niedermann: Wir sind bisher relativ zufrieden. Da wir einige Spieler haben, die die Oberliga kennen, wissen wir, was auf uns zukommt. Der Kader ist relativ gut aufgestellt, aber in der Tiefe würden wir gerne noch ein, zwei Transfers tätigen, sodass wir für die lange Saison gewappnet sind.
Was macht die Multi-Kulti-Truppe Türk. SV Singen aus?
Daniel Niedermann: Als ich gekommen bin, war ich schon gespannt, was auf mich zukommt, habe aber ziemlich schnell gemerkt, wofür dieser Verein steht: dieses familiäre, enge Miteinander. Ich habe mich von Sekunde eins an sehr wohlgefühlt. Die Vorstandschaft arbeitet eng mit der Mannschaft zusammen. Jeder kennt sich gut, man hat nicht das Gefühl, dass es große Hierarchien gibt. Auch nach den Spielen sind wir oft noch beieinander, oder wir bestellen nach dem Training Pizza und essen zusammen. Es ist ein bisschen wie eine kleine Familie, und das macht den Verein aus.
Kann der zuletzt so erfolgsverwöhnte Türk. SV Singen auch mit möglichen Krisen umgehen?
Daniel Niedermann: Das ist eine gute Frage. Ich kenne den Verein auch erst seit einer Saison und die letzten Jahre waren ziemlich erfolgreich. Ich habe bei mir selbst oder in meinen Mannschaften immer gemerkt, dass es richtig interessant wird, wenn es auch mal eine Krise gibt. Dann sieht man, wie die Menschen wirklich sind. Im Erfolg ist man immer fröhlich, zufrieden und nett zueinander. Die Frage ist aber auch, wie groß die Krise ist. Verliert man mal nur ein Spiel, oder hat man eine ganze Hinrunde, in der man keinen Punkt holt? Ich glaube aber, dass wir nicht kopflos an die Sache rangehen würden und negative Einflüsse gut wegstecken könnten. Dabei ist es vielleicht auch von Vorteil, dass wir so eng beieinander sind. In anderen Mannschaften habe ich das nicht so erlebt, da ist dann jeder ziemlich schnell für sich oder hat seine eigenen Interessen.
Sie kennen beide Spielklassen: Wie groß wird der Sprung von der Verbands- in die Oberliga sein?
Daniel Niedermann: Wenn man die Ligen von der Bezirksliga bis zur Oberliga nimmt, finde ich den Sprung von der Verbandsliga zur Oberliga am größten. Dort beginnt der amateurhafte Profibereich mit vielen Ex-Profis und Mannschaften, die ziemlich gut aufgestellt sind. Dann merkt man den Unterschied bei der Geschwindigkeit, im körperlichen und vor allem auch im taktischen Bereich. Für uns gilt es dann, gerade die Jungen speziell ran zu führen. Da ist es von Vorteil, dass wir zwei, drei erfahrene Zugänge bekommen haben, die die Oberliga schon kennen oder wie etwa Mokthar Boulachab schon in der Regionalliga gespielt haben.
Was sind die Ziele des Türk. SV Singen in der neuen Liga?
Daniel Niedermann: Uns muss klar sein, dass der Weg nicht permanent eine Liga nach oben gehen kann. In erster Linie ist das Ziel, so viele Punkte zu holen, wie für den Nicht-Abstieg nötig sind, dann kann man immer noch weiterschauen. Wenn wir vielleicht eine überragende Hinrunde spielen und schon im Winter viele Punkte haben, können wir die Ziele immer noch nach oben korrigieren. Ich glaube aber, wir müssen kleine Brötchen backen und schauen, dass wir so schnell wie möglich die Punkte holen, die wir brauchen, um nicht abzusteigen und schnell in der in der neuen Liga ankommen.
Wo sind die Grenzen des Vereins? Ist eventuell sogar der nächste Aufstieg in die Regionalliga drin?
Daniel Niedermann: Ich glaube, da sind sich im Verein alle noch nicht ganz so einig, wohin der Weg gehen soll. Da es bisher immer so schnell ging, wurde man immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Obwohl der Fußball ein Tagesgeschäft ist, sollte man als Verein sich mittelfristige, langfristige Ziele setzen, damit man sich auch dementsprechend aufstellen kann. Ich würde mal behaupten, dass der Türk. SV Singen das Ende seines Weges noch nicht erreicht hat. Natürlich sind finanzielle und infrastrukturelle Dinge mitentscheidend, in welche Richtung es geht, aber ich denke, die Möglichkeiten sind auf jeden Fall da. Auch wenn wir uns jetzt natürlich erst mal noch nicht damit beschäftigen.
Die Sommerpause nach der Aufstiegsrunde dauerte gerade einmal eine Woche. Haben Sie sich auf Ihre erste Vorbereitung als Teil eines Trainerteams gefreut, oder hätten Sie lieber ein wenig mehr Urlaub gehabt nach dieser anstrengenden Saison?
Daniel Niedermann: Teils, teils. Zu einer Woche länger Urlaub hätte ich nicht nein gesagt, auf der anderen Seite waren wir nach dem Aufstieg schon irgendwie voller Vorfreude und Euphorie. Daher war es auf der anderen Seite nicht schlimm, dass es gleich wieder weiterging. Das Körperliche hat schon überwogen, aber das haben wir alles gut weggesteckt. Von daher passt alles.
Zum ersten Oberligaspiel des Vereins kommt Türkspor Neckarsulm nach Singen. Rechnen Sie mit einem heißen Duell der beiden besten türkischen Vereine in Baden-Württemberg?
Daniel Niedermann: Ich gehe mal davon aus. (lacht) Wahrscheinlich bringen die Neckarsulmer ein paar Fans mit, und da wir mittlerweile in der Umgebung hier die Nummer eins sind, haben auch wir wieder einige Unterstützer dazu bekommen. Ich denke, dass es sicher eine interessante Partie wird und wir hoffen, dass es gut für uns ausgeht. Eine Vorbereitung ist immer hart und anstrengend, auch wenn ich jetzt andere Aufgaben habe und ein bisschen anders rangehe, weil ich ins Trainerteam eingebunden bin. Man arbeitet aber immer darauf hin, bis es losgeht, bis der Wettbewerb da ist. Dann weiß man, um was es geht. Wir können es kaum erwarten, bis es endlich losgeht.