Jawin Schell

Fußball, Bezirksliga: In seiner ersten Bezirksliga-Saison nach 35 Jahren Abstinenz zahlt der BSV Nordstern Radolfzell bisher einiges an Lehrgeld. Nach fünf Spieltagen stehen für den Aufsteiger bereits vier Niederlagen zu Buche. „Wir sind auf bitterste Art und Weise in der Bezirksliga angekommen“, meint Spielertrainer Antonio Tapia Fiore. „Wir waren in vielen Spielen auf Augenhöhe, aber in dieser Liga werden Fehler einfach eiskalt bestraft – das ist sicherlich ein Unterschied zur Kreisliga A.“

Auch bei der 1:2-Niederlage gegen den SV Orsingen-Nenzingen wähnte sich Fiore Tapias Team lange auf der Siegerstraße. „Wir haben eine richtig gute erste Halbzeit gespielt und auch verdient mit 1:0 geführt“, analysiert der Radolfzeller Trainer. „Anschließend haben wir dann aber unsere guten Chancen nicht genutzt – das ist in dieser Saison bisher unser größtes Problem.“

Allerdings scheint Fiore Tapia die passende Lösung nun bereits gefunden zu haben – und das im allerengsten Familienkreis. Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, wird Alessandro Fiore Tapia, Bruder des Radolfzeller Trainers, in die laufende Bezirksliga-Saison einsteigen, nachdem er seinen Vertrag beim FC Schalke 04 aufgelöst hat. Antonio Fiore Tapia erhofft sich von dem ehemaligen deutschen Juniorennationalspieler eine immense Qualitätssteigerung im Angriffszentrum. „Mit so einem Stürmer haben wir ganz andere Möglichkeiten“, schwärmt er. „Er hat eine richtig gute Schnelligkeit, einen starken Schuss und ist im Strafraum eiskalt.“ Qualitäten, die auch in der Jugendabteilung des SC Freiburg und der Schalker Knappenschmiede gefragt waren.

Der Rückschritt in die Bezirksliga kommt für viele deshalb überraschend. „Das war eine ganz spontane Sache“, verrät Antonio Fiore Tapia. „Immer wenn Alessandro im Urlaub hier war, hat er bei uns mittrainiert und manchmal auch aus Spaß gesagt, dass er bald zu uns wechseln wird.“ Persönlich hätte Fiore Tapia seinem Bruder eher zu einem Wechsel in eine höherklassige Liga geraten. „Alessandro wollte den Schritt zu Radolfzell aber unbedingt und hat dafür einige Angebote ausgeschlagen“, erzählt er. „Er hat im letzten Jahr auch die Schattenseiten des Profigeschäfts kennengelernt – und das hat ihn sehr mitgenommen. Es geht für ihn jetzt nur noch darum, glücklich zu sein – er hat die Familie sehr vermisst.“

Mit der Familie ist der 20-Jährige nun nicht nur zuhause, sondern auch auf dem Platz vereint – auch wenn er momentan noch nicht spielberetigt ist. „Das ist wirklich eine schöne Sache“, meint Antonio Fiore Tapia. „Wir haben noch einen mittleren Bruder, der auch bei Nordstern Radolfzell spielt. Ich hätte nicht mehr für möglich gehalten, dass wir drei einmal zusammen in einer Mannschaft spielen würden.“ Auch im Team selbst herrscht nun Aufbruchsstimmung. „Die Mannschaft hat ihn toll aufgenommen und freut sich sehr“, verrät der Radolfzeller Spielertrainer, er warnt allerdings: „Wir dürfen jetzt nicht glauben, dass wir nur wegen Alessandro die nächsten zehn Spiele plötzlich gewinnen – das wird kein Selbstläufer.“