Es gibt schlechtere Aussichten als die des Kraftraums der HSG Konstanz in der Schänzlehalle. Durch ein großes Fenster fällt der Blick auf den See-rhein. Drinnen schieben Michel Stotz, Kapitän der Drittliga-Handballer vom Bodensee, und seine Kollegen derzeit Überstunden. Hanteln stemmen für das große Ziel: den (Wieder-)Aufstieg in die 2. Handball-Bundesliga.

Auch hier sind die Aussichten nicht übel. Am Sonntag kommt es zum Duell mit dem HC Eintracht Hildesheim, dem Staffelsieger der 3. Liga Nord-West. Das Hinspiel haben die Konstanzer am vergangenen Sonntag mit 35:38 verloren – trotz einer großartigen Leistung in der ersten Hälfte und einer zwischenzeitlichen 22:15-Führung. Für Trainer Jörg Lützelberger ist die Drei-Tore-Hypothek aber kein Grund zur Sorge.

„Ich glaube, dass wir ein ordentliches Ergebnis geholt haben gegen einen sehr guten Gegner“, sagt der 38-Jährige über die Niederlage bei den Niedersachsen, die ihre Heimspiele in dieser Saison allesamt gewonnen haben.

„Es sieht zwar dramatisch aus, wenn du Anfang der zweiten Halbzeit mit sieben Toren führst, aber ich teile die Enttäuschung nicht, die vielleicht der eine oder andere außerhalb der Mannschaft hat.“ Müde, aber doch zuversichtlich sei der HSG-Tross in der Nacht auf Montag nach Hause gefahren. „Wir wollten die erste Mannschaft sein, die in Hildesheim gewinnt oder punktet. Das ist uns nicht gelungen. Trotzdem haben wir ein Ergebnis geholt, dass uns alle Chancen lässt“, sagt Lützelberger.

Das Rückspiel am Sonntag, 18 Uhr, in der Schänzelhalle zwischen dem Meister aus dem Süden und dem ehemaligen Erstligisten aus Hildesheim werde „ein offenes Duell und verspricht ein hochspannendes Finale zu werden“, sagt der Konstanzer Trainer, „Es ist angerichtet für die letzten 60 Minuten der Saison.“ Der große Unterschied zum Hinspiel ist für Lützelberger die heimische Halle. „Die Fans auf den vollen Rängen werden uns maximal den Rücken stärken.“ Kapitän Stotz ergänzt: „Diese Energie ist einmalig in der 3. Liga.“

Für Jörg Lützelberger ist es nicht nur das letzte Spiel der Saison, sondern auch der Abschluss seiner drei Jahre bei der HSG Konstanz. Zudem verlassen die Spieler Janis Boieck, Niklas Ingenpass, Sebastian Hutecek und Samuel Wendel den Verein, Fynn Beckmann beendet seine Handball-Laufbahn. „Jeder wird alles geben.

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Diejenigen, die sich verabschieden, haben einen Grund mehr, alles reinzugeben und die beste Version von sich selbst zu sein“, sagt der frühere Bundesligaspieler und dreifache Europapokalsieger Lützelberger. „Da es in dem Spiel um etwas ganz Großes für uns geht, glaube ich aber nicht, dass sich vor dem Abpfiff einer damit auseinandersetzt.“

Für ihn persönlich wäre der Aufstieg „ein schöner Abschluss der Geschichte. Es waren aber in jedem Fall tolle drei Jahre. Das mache ich nicht vom letzten Ergebnis abhängig“, sagt der Wahl-Lindauer, der dankbar auf die Zeit in Konstanz zurückblickt: „Dankbar für die ganzen Menschen, die ich kennenlernen durfte. Und dankbar für alles, was ich lernen und erleben durfte.“ Michel Stotz verspricht, für den Coach und die baldigen Ex-Kollegen alles zu geben. „Für sie werden wir noch mal was extra reinwerfen“, sagt der 25-Jährige.

„Ich freue mich darauf, in der nächsten Saison ein Spiel in der Halle anzuschauen. Am liebsten in der zweiten Liga.“ Jörg Lützelberger, ...
„Ich freue mich darauf, in der nächsten Saison ein Spiel in der Halle anzuschauen. Am liebsten in der zweiten Liga.“ Jörg Lützelberger, Trainer der HSG Konstanz, der den Verein im Sommer verlässt. | Bild: Peter Pisa

Verabschiedet Lützelberger sich mit einem Sieg mit mindestens drei Toren Unterschied (Details: siehe Infokasten), wäre es der fünfte Zweitliga-Aufstieg der HSG Konstanz nach 2001, 2016, 2019 und 2022. Setzt sich Hildesheim durch, „dann wäre ich sehr bis riesig enttäuscht“, gibt Kapitän Stotz zu. „Der Ansporn für uns als Spieler ist es schon, in der 2. Bundesliga zu spielen“, sagt er über den Reiz, „sich jedes Wochenende in Arenen in ganz Deutschland mit Nationalspielern aus vielen anderen Nationen zu messen. Diese zweite Liga wäre in etlichen anderen Ländern die erste, was das Niveau angeht.“

„Wir gehen den Konstanzer Weg weiter“

HSG-Geschäftsführer Andre Melchert sieht es etwas nüchterner. Für ihn wäre der Sprung ins Unterhaus schön, aber kein Muss. „Bei einem Nicht-Aufstieg würden wir so weiterarbeiten wie bisher und versuchen, das Bestmögliche herauszuholen“, sagt Melchert. „Als Gesamtverein würde sich für uns nichts verändern. Wir gehen den Konstanzer Weg weiter.“

Das heißt: junge Spieler holen und für größere Aufgaben weiterentwickeln. „Das ist alles andere als einfach. Man muss – wegen der Relegation sehr lange – mit zwei verschiedenen Budgets planen“, erklärt der 43-Jährige. „Nicht jeder Spieler will das Risiko eingehen, in der 3. Liga zu spielen, besonders diejenigen, die uns kurzfristig weiterbringen könnten.“

Der Konstanzer Kapitän Michel Stotz (rechts) feiert gemeinsam mit Niklas Ingenpass einen Sieg auf dem Weg zur Meisterschaft in der 3. ...
Der Konstanzer Kapitän Michel Stotz (rechts) feiert gemeinsam mit Niklas Ingenpass einen Sieg auf dem Weg zur Meisterschaft in der 3. Liga Süd. | Bild: Peter Pisa

So wird es– ganz unabhängig vom Ausgang der Saison und des Spiels am Sonntag – auch in diesem Sommer einen Umbruch geben. Im Kader und auf der Trainerbank, wo Jörg Lützelberger von seinem Noch-Assistenten Vitor Baricelli beerbt wird. „Die HSG Konstanz ist ein Verein, zu dem ich immer wieder gerne zurückkommen werde“, sagt der scheidende Coach. „Ich freue mich darauf, in der nächsten Saison ein Spiel in der Halle anzuschauen. Am liebsten in der zweiten Liga.“