Herr Wendel, Herr Gerstenecker, haben Sie den 30. September und den 17. Februar rot im Kalender angestrichen?

Andreas Wendel: Ich vermute mal, das sind die Derbys. Ich freue mich schon riesig darauf, diese Spiele auf der Bank zu erleben. Das letzte Derby in Allensbach habe ich von der Tribüne aus verfolgt, als ich schon in Steißlingen unterschrieben hatte. Das war richtig gut, weil: Wir haben gewonnen! (lacht)

Martin Gerstenecker: Stichwort: Steißlingen. Ich finde Derbys nur positiv. Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Steißlinger haben in den letzten Jahren herausragende Arbeit geleistet mit der Entwicklung der Mannschaft und des Vereins. Unsere Arbeit war aber auch nicht so schlecht. Die Derbys werden einfach super, ich freue mich sehr, habe die Termine nicht rot angestrichen.

Andreas Wendel
Andreas Wendel | Bild: Feiertag, Ingo

Ist das Derby ein besonderes Spiel für Sie und Ihre Mannschaft?

Wendel: Natürlich, alle schwärmen von diesen Spielen und der Atmosphäre. Ich sehe Allensbach aber nicht als Rivalen. Als der SVA in der Relegation war, habe ich gesagt, es wäre schade, wenn sie absteigen. Wir sind Konkurrenten, aber ich empfinde es nicht als verfeindetes Derby. Viele meiner Spielerinnen waren früher in Allensbach oder andersherum. Die Mädels freuen sich schon darauf – und ich auch. Derbys sind einfach toll.

Gerstenecker: Wie ich schon gesagt habe: Konkurrenz ist positiv, jeder Handballer und Trainer macht es wegen der Erlebnisse. Derbys mit den Emotionen der Zuschauer, der Fans, sind einfach etwas Wunderbares. Ich schätze diese Spiele und sehe sie sehr, sehr positiv.

Das könnte Sie auch interessieren

Mit welchem Wort würden Sie den Nachbarn beschreiben?

Wendel: Erfahren. Die Allensbacher haben mehr Erfahrung in der Höherklassigkeit. Es ist für die Region megawichtig, dass wir mehrere Leuchtturmvereine haben, die Kinder zum Handballsport bringen. Hier gibt es leider nicht so viel Handball wie in Württemberg – dafür oft leidenschaftlicher.

Gerstenecker: Ambitioniert. Ich habe das eine oder andere Mal mit Leuten vom TuS Steißlingen gesprochen und habe mit allen – auch den Spielerinnen, die ich kenne – ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Ich finde gut, was sie machen und finde auch das Ambitionierte gut. Sie haben in den letzten Jahren einiges auf die Beine gestellt.

Die Derbys zwischen dem SV Allensbach (gelbe Trikots) und dem TuS Steißlingen (Blau) sind stets umkämpft.
Die Derbys zwischen dem SV Allensbach (gelbe Trikots) und dem TuS Steißlingen (Blau) sind stets umkämpft. | Bild: Thomas Scherer

Wie würden sie Ihre eigene Mannschaft beschreiben?

Wendel: Wild. Es ist ein wilder Haufen, im positiven Sinn. Niemand fährt hier gerne her.

Gerstenecker: Familiär. Das ist ein Wort, das weg vom Sport geht, aber ich bin nicht hierhergekommen, um Cheftrainer zu werden. Die erste Idee war, an meinem neuen Wohnort mein Hobby weiterzuführen. Ich habe viele Leute im Verein kennengelernt, sodass es mehr für mich wurde, als nur dahin zu gehen, um meine Arbeit zu machen.

Martin Gerstenecker
Martin Gerstenecker | Bild: Feiertag, Ingo

Mit welchen Gefühlen gehen Sie in die am Wochenende beginnende Saison?

Wendel: Erstmal Freude! Ich bin Trainer, um solche Momente zu erleben. Ich freue mich auf die Halle und hoffe, dass wir sie mit begeisterndem und emotionsgeladenem Handball zum Beben bringen können. Dafür werde ich alles tun und alles reinhauen. Ich muss auch allen danken, die mir den Einstieg hier leicht gemacht haben. Die Mädels und das Team hinter dem Team sind einfach überragend.

Gerstenecker: Vorfreude. Wenn ich die nicht hätte, dürfte ich es nicht machen. Ich finde es furchtbar zu verlieren und finde es überragend zu gewinnen – und es ist einfach eine wunderbare Sache, hier Trainer sein zu dürfen. Ich habe eine unglaublich motivierte Mannschaft, es ist eine tolle Truppe, die mit Herz dabei ist – nicht nur für den Sport, sondern auch füreinander.

Wie lief die Vorbereitung?

Wendel: Es gab drei Phasen: vier Wochen kennenlernen, nach einer Pause hat dann die richtige Vorbereitung begonnen, jetzt hintenraus haben wir Feinschliff betrieben. Das ist unser Hobby, auch wenn es ein leistungsorientiertes ist. Insgesamt war es eine gute Vorbereitung.

Gerstenecker: Wir hatten einen großen Kaderumbruch in den letzten Jahren und haben auch dieses Jahr viele Neue, ganz junge Spielerinnen. Der Altersschnitt ist ungefähr bei 22. Das ist super für uns, wir können viel entwickeln und neu erarbeiten. Die Vorbereitung war wunderbar, alle haben voll mitgezogen. Wir haben 13 Wochen trainiert, davon zwei Wochen individuell. Wir hatten ein Teamevent, zwei Kurz-Trainingslager, zwei Turniere, insgesamt 13 Trainingsspiele. Wir gehen recht gut vorbereitet in die Saison.

Was sind die Ziele für die Runde?

Wendel: Alles andere als der Klassenerhalt wäre ein Bonus. Das wird die schwerste Drittligasaison seit vielen, vielen Jahren. Es steigen vier Vereine sicher ab, der Fünftletzte muss in die Relegation. Die Liga wird von vier auf drei Staffeln verkleinert. Jedes Spiel, jedes Tor, jeder Punkt wird wichtig sein, um den Abstieg irgendwie abzuwenden. Es werden ganz, ganz viele Klubs um den Klassenerhalt kämpfen.

Gerstenecker: Der Tabellenplatz ist mir völlig egal. Ich hoffe, dass wir im Dezember besser dastehen als im Oktober und im Februar besser als im Dezember. Wir rechnen mit vier oder fünf Absteigern bei zwölf Mannschaften, aber ich sehe uns nicht als Abstiegskandidat Nummer eins. Nicht absteigen ist kein Ziel. Ein Sportler muss jedes Spiel gewinnen wollen, auch wenn es nicht immer gelingt. Wir haben gegen jeden Gegner eine Chance, manchmal ist sie größer, manchmal kleiner. Wir wollen in der Liga bleiben und uns gerne nach vorne orientieren, wenn möglich.

Warum lohnt sich der Besuch eines Heimspiels beim TuS Steißlingen, beziehungsweise beim SV Allensbach?

Wendel: Bei uns ist ein leidenschaftliches Team am Werk, das weiß, wie es die Halle begeistern kann. Ich mag schnellen, modernen Handball, gepaart mit Spielwitz. Die Zuschauer werden auch viele Eigengewächse sehen. Unser Verein lebt von der Jugend. Mein Auftrag ist es, viele junge Spielerinnen an den Aktiven-Handball ranzuführen.

Gerstenecker: Weil wir in jedem Spiel das Herz auf dem Platz lassen. Das wird zum Teil mutig, das wird auch spektakulär. Es werden vielleicht manche Dinge in die Hose gehen, aber langweilig wird‘s sicher nicht!