Mit dem Abgang von Weltfußballer Robert Lewandowski, stellte sich vielerorts die Frage, wie der FC Bayern München diesen Verlust in der Offensive kompensieren würde. Schwer vorstellbar war es, dass der Rekordmeister ohne klassischen Mittelstürmer in die Saison gehen würde. Zu stark war der Spielstil geprägt von echten Neunern wie Luca Toni, Mario Mandzukic oder eben jenem Robert Lewandowski, welche von Arjen Robben, Franck Ribéry & Co. mit Flanken gefüttert wurden.

Mehrere rotierende falsche Neunen

Inzwischen wissen alle, dass ein solcher Eins-zu-eins-Ersatz nicht verpflichtet wurde. Deshalb stellt sich die Frage, wie Trainer Julian Nagelsmann es schafft, die Lewandowski-Lücke zu schließen. Spielen sie mit dem Konzept der „falschen Neun“, welches Pep Guardiola bei Barcelona mit Messi so berühmt gemacht hatte und mit Mario Götze bei den Bayern vergebens versuchte zu implementieren? Nein, die neuen Bayern haben mehrere rotierende falsche Neunen, wenn man so will.

Flügelstürmer agieren in den Halbräumen

Was sich dahinter verbirgt? Es schien, als wäre das 4-2-3-1-System, was Louis van Gaal 2009 eingeführt hatte, zu einer Art Dogma geworden, das von sämtlichen Nachfolgern wie Jupp Heynckes, Hansi Flick und auch Nagelsmann gefestigt wurde. Dies scheint nun vorbei, da die Bayern in einem 4-2-2-2 auflaufen.

Dabei rücken die Flügelspieler in die Mitte und agieren eng neben den beiden Stürmern in den sogenannten Halbräumen. Die Außenbahnen sind bei Ballbesitz überwiegend durch die aufrückenden Außenverteidiger besetzt. Nur in Ausnahmefällen weichen die Offensivspieler auf die Flügel aus, nämlich dann, wenn die Mitte dicht ist. Ein weiteres zentrales Merkmal der neu formierten Offensivabteilung ist, dass sehr variabel agiert wird und ständig die Positionen getauscht werden.

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Im Spielaufbau agieren die beiden Sechser im zentralen Mittelfeld eng und auf einer Höhe nebeneinander vor den Innenverteidigern. Im Rücken der Sechser bewegen sich die beiden Zehner oder einer der beiden Stürmer zwischen der Mittelfeld- und der Abwehrreihe des Gegners, um dort angespielt zu werden.

Durch weiträumiges Passspiel versuchen die Innenverteidiger den Weg durch das Zentrum in eben jene Räume zu finden. Sobald möglich, wird das Tempo schlagartig verschärft und durch Schnittstellenpässe, Dribblings oder Fernschüsse der direkte Weg zum Tor gesucht. Da viele Spieler aus zentralen Positionen agieren, sind die Wege kürzer, um den Strafraum durch abschlussbereite Akteure zu besetzen, was die Torgefahr weiter erhöht.

Lewandowski-Abgang also gut?

Ist es also gut, dass Robert Lewandowski zum FC Barcelona gewechselt ist und der FC Bayern flexibler agiert als mit einem klassischen Mittelstürmer? Das wäre meiner Meinung nach etwas voreilig, wie die jüngste Remis-Serie und die Niederlage in Augsburg in der Bundesliga zeigen.

Fraglich ist, ob das neue System auch gegen Mannschaften aufgeht, die den sprichwörtlichen Bus vor dem eigenen Tor parken und das Zentrum versperren. Dann wiederum wird es notwendig sein, auf die Flügel auszuweichen und mit mehr Flanken zu agieren. Wer diese dann verwertet, oder welche alternative Lösung Julian Nagelsmann findet, bleibt abzuwarten.