Noch nie war es komplizierter, noch nie war man als Funktionär den äußeren Einflüssen so ausgeliefert. Corona stürzte alle Sportverbände in Nöte, die Fußballer sind aber eben der größte Verband, bei dem es auch um das meiste Geld geht. Auch im Regionalfußball, wo Ball und Rubel schon in mancher Kreisliga rollen. Entsprechend groß sind die Emotionen. Am Freitagabend, 9. April, tagt das Präsidium des Südbadischen Fußball-Verbands (SBFV), danach soll Klarheit herrschen, wie diese Spielzeit abgewickelt werden soll.
Keine Absteiger in der Vorsaison
Vergangene Saison ließ der SBFV die per Quotient ermittelten Meister aufsteigen, der Abstieg wurde dagegen ausgesetzt. Die einzigen Leidtragenden dieser Entscheidung waren die Zweitplatzierten, denen die Chance auf die Relegationsspiele und damit auf den Aufstieg genommen wurde.
Das gab schon Ärger, führte obendrein dazu, dass in dieser Saison mehr Mannschaften als üblich in jeder Liga spielten – weil es ja eben keine Absteiger gab. Noch einmal ließe sich das nicht machen, zu groß wären sonst die Ligen, zu viele Spieltage müssten absolviert werden. Es geht nur ein Neuanfang – oder ein Ende mit Auf- und Absteigern. Wie aber soll man Auf- und Absteiger bestimmen, wenn anders als in der Vorsaison noch nicht einmal alle Mannschaften zumindest einmal gegeneinander gespielt haben?
Unruhe in Regional- und Oberligen
Also ein Abbruch. Das mag die Tabellenführer schmerzen, trifft aber alle gleich. Kompliziert wird es an der Schnittstelle zum Profifußball. Wo das Problem liegt? Vereinfacht gesagt darin, dass in Deutschland die höchsten vier Ligen den Spielbetrieb fortsetzen durften.
Entsprechend wird es natürlich Meister sowie Auf- und Absteiger in der 1., 2. und 3. Bundesliga und einigen Regionalligen geben. Dann wird es aber haarig, denn die Mannschaften im Tabellenkeller der Regionalligen wehren sich bereits jetzt mit allen Mitteln gegen einen Abstieg, womit nicht die sportlichen Qualitäten, sondern juristische Schritte gemeint sind.
Weitreichende Auswirkungen
Schließlich müssten sie Platz machen für Mannschaften aus der Oberliga, die im Vergleich zu ihnen nur einige, wenige Spiele absolvierten, ehe hier der Spielbetrieb ruhen musste. Ungerecht sei das. Ist es vielleicht auch, aber wie soll man das lösen?
In der Regionalliga ist keine Mannschaft aus der Region Schwarzwald-Hochrhein-Bodensee vertreten, in der Oberliga lediglich der 1. FC Rielasingen-Arlen, der FC 08 Villingen und der FV Lörrach-Brombach. Kein südbadischer Verein steht an der Tabellenspitze, die Auswirkungen auf die nächste Spielzeit wären aber dennoch weitreichend.
Dass es aus der Oberliga Aufsteiger geben soll, findet Oliver Hennemann, Sport-Vorstand des 1. FC Rielasingen-Arlen, nicht gerecht. „Das hat nichts mit Fairness zu tun, wenn die Regionalligisten nach einer harten Saison mit dem Abstieg bestraft werden, während in der Oberliga Teams mit nur wenigen Spielen den Aufstieg feiern dürfen.“
Arash Yahyaijan, Sportvorstand des FC 08 Villingen, kann sich sehr wohl mit dem Gedanken anfreunden, dass es bei einem Saison-Abbruch einen oder gar zwei Aufsteiger aus der Oberliga geben könnte. „In der aktuellen Situation kann ohnehin keiner mehr sagen, was fair oder unfair ist.
Sollte es keine Aufsteiger aus der Oberliga geben, dafür aber bis zu drei Absteiger aus der Regionalliga, hätten wir in der nächsten Saison 24 Mannschaften. Dieses Pensum an Spielen kann keiner bewältigen.“
Es geht um ganz viel Geld
Viel mehr umtreiben wird die Clubs im Süden des Südbadischen Fußball-Verbandes allerdings die Pokalproblematik. Als die Spielzeit unterbrochen wurde, waren noch nicht einmal alle Achtelfinale-Spiele ausgetragen. Es fehlen eine Achtelfinal-Partie, die kompletten Spiele des Viertel- und Halbfinals sowie das Endspiel, dessen Sieger sich für den DFB-Pokal qualifiziert. Wem das gelingt, der bekommt neben sportlichen Ehren garantiert eine Menge Geld vom DFB überwiesen, vergangene Spielzeit waren es 175.000 Euro. Da bekommen sportliche Leiter und Vereinsbosse mal so richtig Puls.
Tests in der Vorbereitungszeit
Wie aber soll hier ein Sieger ermittelt werden? Abwarten, hoffen, dass im Juni gespielt werden kann? Ein gewagtes Spiel, angesichts der Inzidenzzahlen ist vorerst ja noch nicht einmal ein Training möglich. Ein Blitzturnier? Auch möglich, aber die Problematik der Vorbereitung bleibt.
Amateurkicker können sich in keiner Corona-Blase aufhalten wie die Profis, selbst die Tests in einer mindestens vierwöchigen Vorbereitungsphase wären zu teuer.
In anderen Landesverbänden gab es daher schon mitunter kuriose Vorschläge, etwa dass die höherklassigen Teams alleine weiterspielen wollten, den vermeintlich schwächeren Teams wurde dafür eine Entschädigung geboten. Die sollte jedoch gering ausfallen, weshalb der Vorschlag mehrheitlich schnell abgelehnt wurde.
Im Pokal droht Losentscheid
Wenn aber nicht gespielt werden könnte, was dann? Ein Elfmeterschießen von Vertretern der Clubs, zu denen neben den beiden oben genannten Oberligisten aus der Region noch der Landesligist F.A.L. gehört sowie Bezirksligist TSV Singen? Oder ein Losentscheid? Allein die Vorstellung ist abenteuerlich. Dann noch etwas mehr Glück und die Bayern können in der ersten DFB-Pokalrunde kommen. Heureka! Und alle anderen fluchen!
Letzter Problempunkt ist die Frage, wann die neue Spielzeit beginnen soll. Eher später, in der Hoffnung auf eine bessere Corona-Situation? Oder früher, damit endlich wieder gespielt werden kann, damit man für einen eventuellen Corona-Rückfall im Herbst etwas Puffer im Spielplan hätte?
Früher oder später Saisonstart?
Die Empfehlungen der Verbandsgremien sind längst da, vielleicht wird es daher am Freitagabend nur ein Durchwinken der Vorschläge geben. Vielleicht geht es aber auch noch einmal hoch her. Sicher ist nur, dass keiner der Beteiligten mit einer der Varianten so richtig zufrieden sein wird.
Der legendäre Alfred „Adi“ Preißler, einst Spieler und Trainer im Ruhrpott, sagte einst: „Grau is‘ im Leben alle Theorie – aber entscheidend is‘ auf‘m Platz.“ Wenn das doch auch in diesem Jahr nur so wäre.