Bei Johannes Hämmerle fließen die Freudentränen: Er und sein Unified-Team kämpfen bei den Special Olympics um die Goldmedaille im Handball. Und auch sein Vater Volker Hämmerle weiß, dass sein Sohn gerade „auf Wolke sieben schwebt“. Das Team, welches sowohl aus Menschen mit und ohne Handicap besteht, setzt alles daran, so weit wie möglich zu kommen.

Sportler aus aller Welt sind vertreten: Spanien, Dänemark, Kenia und sogar Bangladesch. Die ersten Spiele dienen einer Klassifizierung, um die drei besten Mannschaften auszuspielen, die im Anschluss in einer Dreiergruppe um den Sieg spielen.

Die deutsche Handballmannschaft, die an den Special Olympics teilnahm. Mit dabei: Johannes Hämmerle (Trikotnummer 4).
Die deutsche Handballmannschaft, die an den Special Olympics teilnahm. Mit dabei: Johannes Hämmerle (Trikotnummer 4). | Bild: Privat

Deutschland unterliegt Dänemark knapp

Mittendrin: Johannes Hämmerle. Mit Deutschland spielt er gegen Dänemark und Ungarn um den ersten Platz. Das entscheidende Rückspiel gegen die Dänen verliert Deutschland am Ende mit 18:21. Es reicht nur für Platz drei.

„Es war mir eine sehr große Ehre, teilgenommen zu haben. Ich möchte für Deutschland immer mein Bestes geben“, sagt der gebürtige Konstanzer voller Freude nach dem Gewinn der Bronzemedaille.

Johannes Hämmerle präsentiert stolz seine Bronzemedaille.
Johannes Hämmerle präsentiert stolz seine Bronzemedaille. | Bild: Privat

Der Außenspieler freut sich sehr, und sein Vater ist unfassbar stolz auf ihn: „Es war eine super Leistung. Er war bis kurz vor Schluss noch dran und konnte schließlich die Bronzemedaille nach Hause nehmen.“

Somit schaffte der 29-Jährige den Sprung aufs Treppchen bei den Special Olympics, doch der Weg dorthin war alles andere als einfach.

„Er arbeitet deutlich langsamer“

Hämmerle kam mit einem Klumpfuß zur Welt. Eine Fußfehlform, bei der die Achillessehne verkürzt und die Strecksehne verlängert ist. Die Ferse ist nach innen gedreht, die Fußsohlen zeigen zueinander und der Vorfuß weicht nach innen ab.

Dann machten sich auch Wahrnehmungsstörungen bei ihm bemerkbar. Seine Koordination ist eingeschränkt. „In allen Bereichen, die eine Kopfleistung erfordern, arbeitet er deutlich langsamer“, erklärt sein Vater.

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Das zeigte sich bereits seit frühester Kindheit. „Er war nicht in der Lage, im Sandkasten zu spielen, da er keinen Halt in den Beinen hatte. Das Gleichgewicht zu halten, fiel ihm schwer. Und vor allem auf unebenen Böden konnte er kaum laufen und ist oft umgefallen“, erinnert sich sein Vater und atmet am Telefon tief durch.

Auch Johannes‘ drei Geschwister sind aktive Handballer. Der Bruder ist bei ihren Spielen dabei und feuert sie an. Er selbst konnte lange nicht in einer Mannschaft spielen – bis 2014. Beim Förderverein Special Olympics Hochrhein bekommt auch er die Möglichkeit, seinen Lieblingssport auszuüben, trotz seiner Beeinträchtigung.

Ein wunderbares Erlebnis in Berlin

Das tut er – mit großem Erfolg. „Er trainierte mehrmals in der Woche, nahm an deutschen Meisterschaften teil, die er mit seinem Team auch gewann“, erzählt der Vater. „Sogar bei den Weltspielen 2019 in Abu Dhabi gewann er Bronze.“

In Berlin blieb der ganz große Erfolg aus. Oder doch nicht? Schließlich zeigte die Mannschaft beachtliche Leistungen und Hämmerles Familie ist mächtig stolz auf ihn. Aber der mindestens genauso große Erfolg ist ein ganz anderer.

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„Für Johannes waren die Special Olympics ein wunderbares Erlebnis. Er hatte Spaß, er hat auch andere Sportarten verfolgt. Von der Eröffnungsfeier im Olympiastadion war er begeistert. Insgesamt war es einfach eine ganz tolle Zeit für ihn“, betont der Vater durchaus gerührt.

Die Eröffnungsfeier der Special Olympics im Berliner Olympiastadion.
Die Eröffnungsfeier der Special Olympics im Berliner Olympiastadion. | Bild: Privat

Und das ist nicht alles: „Johannes hat sich auch menschlich stark weiterentwickelt. Das habe ich auch während seines Trainings bemerkt. Mit der Zeit verbesserte sich seine Koordination, er kann das Gleichgewicht halten.“

Auch Karate ist sein Hobby

Doch der 29-jährige Konstanzer ist nur nicht am Ball begabt. Seit 2013 ist er mit Begeisterung im Karate aktiv. „Meine Eltern haben nach Sportarten gesucht, die ich ausüben kann. Am besten solche, die nicht zu schnell sind“, verrät Hämmerle.

Und was macht der Fan der HSG Konstanz, wenn er mal nicht mit Sport beschäftigt ist? „Am liebsten spiele ich Computer“, sagt Johannes. Seine Lieblingsspiele? „Ganz klar Formel 1 und Handball Manager!“

Der Stolz der Familie

„Sein Selbstbewusstsein ist viel größer geworden, was auch seinen Mitspielern zu verdanken ist. Seine sozialen Kompetenzen haben sich verbessert“, sagt sein Vater. Auch das gehe mit dem Sport einher.

Früher sei Johannes sehr zurückhaltend und schüchtern gewesen. Inzwischen sei er viel offener und kommunikativer. Die Einschränkungen aufgrund seines Handicaps machen sich nicht mehr so deutlich bemerkbar.

„Johannes hat sich zu einem offenen und selbstbewussten jungen Mann entwickelt, das macht mich als Vater und uns alle als Familie einfach nur stolz“, sagt Volker Hämmerle. Dieser Erfolg ist fast genauso viel wert wie eine Goldmedaille bei den Special Olympics.