Fußball: Mitte April des vergangenen Jahres bei einem Bezirksligaspiel: Beim Stand von 2:2 dringt ein Gästestürmer in den gegnerischen Strafraum ein und wird per Foul zu Fall gebracht. Klare Sache, Pfiff des Unparteiischen, der Sünder entschuldigt sich noch beim Gefoulten, Strafstoß – alles in Ordnung! Doch ein Spieler der Gastgeber sieht das ganz anders und reklamiert heftig. Der reklamierende Spieler wird von seinen Mitspielern nicht gebremst, seine Vorwürfe werden aggressiver. Konsequente Reaktion des Unparteiischen: Spielabbruch! Bis zur Kabine begleiten ihn heftige Vorwürfe! Ein Wochenendvergnügen sieht – aus Sicht des Schiedsrichters – sicher anderes aus, und auch die Aufwandsentschädigung kompensiert dies nicht annähernd.
Sicherlich kommt es nicht immer bis zum Spielabbruch, auch wenn diese zugenommen haben. Doch das Reklamieren selbst bei klaren Entscheidungen ist im Fußball – ganz im Gegensatz zu anderen Ballsportarten – in Mode geraten. Präziser: Im Männerfußball, denn bei Frauen und Mädchen werden Entscheidungen öfter kommentarlos hingenommen. Der Spitzenbereich nimmt hier auch eine eher unglückliche Vorbildrolle ein. Rudelbildung und respektlose Gesten nach den Schiri-Entscheidungen sind an der Tagesordnung, konsequente Sanktionierungen bleiben hier aber zu oft aus, so dass der Respekt vor dem 23. Mann schwindet.
Viel schwieriger wird das dann in den unteren Spielklassen. Die Technik und oft auch die Kondition der Spieler sind oft limitiert, Fehlpässe häufen sich, aber vom Unparteiischen, der bis hoch zur Bezirksliga ohne Assistenten agieren muss, wird eine fehlerlose Leistung verlangt. Und gerade in diesen Klassen und im Jugendbereich müssen die Neulinge zu Beginn ihrer Schiedsrichterkarriere pfeifen. Und bei Spielen des Nachwuchses sind es dann oft auch die Eltern oder übermotivierte Trainer, die eine Schärfe ins Spiel bringen, das Schiedsrichterleben schwer machen.
Sinkende Zahlen
Kein Wunder also, dass bei solchen Situationen und Meldungen über Gewalt gegenüber den Unparteiischen sich die Bereitschaft, selbst zur Pfeife zu greifen, in Grenzen hält und – vor allem in Südbaden – stark nachlässt. Meldeten sich in der Saison 2015/16 noch 156 Interessierte zu den Neulings-Lehrgängen, so waren das in der Saison 19/20 nur noch 39. Und mit 0,32 Schiedsrichter pro gemeldeter und am Spielbetrieb teilnehmender Mannschaft ist Südbaden gemeinsam mit Berlin Schlusslicht in der DFB-Schiedsrichter-Statistik.
Warum überhaupt soll man sich solch eine Tätigkeit antun? „Jüngeren Menschen würde ich erklären, dass man sich hier ein wenig dazu verdienen kann!“, erklärt Niklas Mathis, neuer Bezirks-Schiedsrichter-Lehrwart, und er ergänzt: „Es ist aber auch gut für die Persönlichkeitsentwicklung, denn man muss Entscheidungen treffen und zu diesen auch stehen. Und die Schiedsrichtertätigkeit ist auch echter Sport!“ Und er erwähnt auch die schnellen Aufstiegsmöglichkeiten.
Wie aber kann diese Tätigkeit attraktiver gestaltet werden? Neulinge werden zunächst nicht in die unteren Ligen geschickt, sondern agieren als Assistenten in einem Team, sodass sie von erfahrenen Kollegen lernen können. Bei Mathis etwa, der selbst in der Landesliga pfeift, steht ein 15-jähriger Assistent an der Seitenlinie. Wie aber werden Neulinge auf kritische Situationen vorbereitet? Zweifelsfrei stehen Regelaspekte und deren Auslegung im Mittelpunkt der Schiedsrichterlehrgänge. Aber steht auch Frustrationstoleranz auf dem Lehrplan? „Wir werden sicher in diese Richtung gehen!“, betont Bezirks-Schiedsrichter-Lehrwart Niklas Mathis, allerdings sieht er auch die Clubs in der Pflicht: „Die Wertschätzung für die Schiedsrichter könnte höher sein, aber das hängt oft auch von den Vereinen ab!“
Das Quiz zum Fußball-Regelwerk
Schiedsrichter müssen die Spielregeln genaustens kennen. Wer sein Fachwissen in Sachen Fußball überprüfen will, kann sich an unserem Regelquiz beteiligen. Die Antworten stehen unten.
- 1. Ein verteidigender Spieler versucht, den Ball mit der Hand abzuwehren. Das Leder springt jedoch von seiner Hand ins Tornetz. Welche Entscheidung ist richtig?
a. Strafstoß, Feldverweis
b. Tor
c. Tor, Verwarnung
d. Tor, Feldverweis
- 2. Ein Mitspieler eines Strafstoßschützen läuft bereits vor der Ausführung in den Strafraum. Der Torwart kann das Leder zur Ecke abwehren. Welche Entscheidung muss folgen?
a. Eckstoß
b. Eckstoß, Verwarnung des Spielers
c. Indirekter Freistoß an der Strafraumgrenze
- 3. Aus Verärgerung wirft der Torwart einem außerhalb des Strafraums stehenden Gegner den Ball heftig ins Gesicht. Welche Entscheidung des Schiedsrichters ist richtig?
a. Direkter Freistoß, Feldverweis.
b. Strafstoß, Feldverweis.
- 4. Handelt der Schiedsrichter richtig, wenn er kurz vor Spielende einen seiner Ansicht nach zu schwer gewordenen Ball auswechselt, obwohl er damit wegen des starken Windes eine der beiden Mannschaften benachteiligen könnte?
a. Ja
b. Nein
- 5. Ein Mannschaftsführer läuft während der laufenden Partie vom Spielfeld, um sich von der Trainerbank Instruktionen zu holen. Welche Entscheidung ist die Folge?
a. Indirekter Freistoß (wo der Ball ist), Verwarnung.
b. Indirekter Freistoß (wo der Ball ist).
c. Das ist dem Mannschaftsführer
erlaubt.
Auflösung:
1: c
2: c
3: a
4: a
5: a