Steffen, Sie übernehmen zur neuen Saison die U17 des FC 03 Radolfzell, die in die Oberliga aufgestiegen ist. Warum zieht es Sie nach fünf Jahren im aktiven Bereich zurück in den Jugendfußball?

Zunächst einmal hat mir das Jahr Pause echt gut getan. Seit einigen Monaten gab es bei mir viele Überlegungen, wobei früh klar war, dass ich ab Sommer wieder einsteigen werde. Was macht mir Spaß, was motiviert mich? Das waren für mich die entscheidenden Fragen. Es ist extrem wichtig für mich, dass ich mich darauf freue, abends ins Training zu gehen und die Zeit gerne investiere. Ich habe mir in den vergangenen Monaten einige Jugendspiele angeschaut in Radolfzell und mich hat beeindruckt, wie diese Jungs brennen. Die haben richtig Bock, Fußball zu spielen. Und genau das habe ich gesucht. Spieler, die sich weiterentwickeln wollen, die wissbegierig sind.

Nach dem Aufstieg war aber sicher auch die Oberliga ein Anreiz, oder?

Die Liga ist natürlich super attraktiv, keine Frage. In acht Spielzeiten als Trainer in Radolfzell habe ich gefühlt jeden Sportplatz in Südbaden gesehen. Und nun werde ich mit meiner Mannschaft in der U17-Oberliga auf nur ein südbadisches Team treffen: die U16 des SC Freiburg. Der restlichen Clubs kommen aus Nordbaden und Württemberg. Da sind Vereine dabei mit enormer Strahlkraft, wie der VfB Stuttgart oder die TSG Hoffenheim. Die Kombination aus der Attraktivität der Liga und der Motivation der Spieler hat es für mich ausgemacht. Ob das dann Herren- oder Jugendfußball ist, spielt für mich keine Rolle.

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Also sind Sie nicht abgeneigt, in Zukunft ein Herren-Team zu übernehmen?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin da offen. Zum aktuellen Zeitpunkt passt die Kombination einfach gut, deshalb gehe ich voller Vorfreude in diese Spielzeit. Sportlich ist das eine riesige Herausforderung, zumal die B-Jugend-Oberliga die schwierigste ist. In der U15 sind zwar ebenfalls die Teams aus den Nachwuchsleistungszentren dabei, aber im C-Jugendalter geht die Schere noch nicht so weit auseinander. In der U17 sind die Spieler ja schon zwei Jahre länger in den NLZ‘s, hatten also auch über zwei Jahre eine ganz andere Trainingsqualität und -quantität. Und in U19 sind die Mannschaften aus den Leistungszentren nicht mehr drin, die großen Clubs fehlen in der Oberliga. Es ist auf jeden Fall kaum verwunderlich, dass die südbadischen Mannschaften in der U17 häufig schnell wieder direkt absteigen.

Eine riesige Herausforderung also für Sie und Ihr Team?

Absolut. Aber das ist ja auch das, was mich kitzelt. Mit relativ bescheidenen Mitteln das nur schwer Mögliche zu schaffen. Nicht nur für die Spieler, sondern auch für mich ist es eine große Chance, an dieser Aufgabe zu wachsen. Wir müssen uns, weil wir meistens der Underdog sein werden, viele Gedanken machen, brauchen gute Lösungsansätze. Wie knackst du die Topteams? Wie schwörst du deine Mannschaft ein, dass sie standhalten kann? Eine gute Widerstandsfähigkeit müssen wir entwickeln. Für die Jungs wird das ungewohnt, weil sie es gewohnt waren, einen Großteil der Spiele für sich zu entscheiden. Wir werden taktisch, aber auch mental brutal gut arbeiten müssen.

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Das B-Jugendalter zählt als „zweites goldenes Lernalter“ – worauf werden Sie ihren Fokus mit Ihren Spielern legen?

Das wird eine sehr ganzheitliche Aufgabe. Ich habe in meinem Pausen-Jahr meine Arbeit intensiv reflektiert, künftig möchte ich den mentalen Fokus noch mehr mit einfließen lassen. Ein Team formen, den Spielern helfen, mit Druck- und Stresssituation umzugehen. Und ihnen in manchen Momenten auch ein Stück weit Verantwortung abgeben, sie dahingehend zu entwickeln, dass der Trainer nicht alles beeinflussen kann und auch nicht muss. Das Ziel ist, die Spieler auf ein Level zu bringen, auf dem sie Dinge auf dem Platz selber erkennen und mit Selbstvertrauen dann regeln. Ein Trainer muss gewisse Dinge, aber eben nicht alles steuern.

Im Aktivenbereich werden auch im Amateurfußball vermehrt Spieler mit Geld gelockt, gerade junge Kicker: Lohnt sich gute Jugendarbeit überhaupt noch, wenn die Besten abgeworben werden?

Sie ist wichtiger denn je in meinen Augen. Gerade für Vereine, die die finanziellen Mittel nicht haben. Und man darf nicht vergessen, dass gute Ausbildung ja der ganzen Region hilft.