Fußball, Kreisliga A, Ost: – Flügelflitzer sind wertvoll, ebenso treffsichere Stürmer und ein reaktionsschneller Torwart. Sie sorgen für Punkte, Siege und Meisterschaften, die dann meist in die Geschichte des Vereins eingehen. Erfolge, über die Generationen später noch sprechen, und die stets leidenschaftlich diskutierte Stammtisch-Themen im Vereinsheim sind.
Doch wehe, es wird vergeblich nach dem Namen des eisenharten Verteidigers gesucht, der anno dunnemals mit seinem einzigen Tor für den umjubelten Pokalsieg gesorgt hat. Dann ist guter Rat teuer – es sei denn, der Verein hat einen wie „Tschus“ in seinen Reihen.
Mit 60 gab‘s den Spielerpass
Der FC 08 Bad Säckingen (Kreisliga A, Ost) hat so einen „Tschus“. Seinen bürgerlichen Namen kennen wahrscheinlich nur Eingeweihte – Familie, einstige Schülerinnen und Schüler, das ehemalige Lehrerkollegium und der Wallbacher Ortschaftsrat. Schriftführer Hanspeter Joos ist das wandelnde Lexikon der Null-Achter. Er kennt wohl jeden Kicker der vergangenen Jahrzehnte. Und wenn nicht, weiß er zumindest, wo er nachschauen muss.
Joos hätte demnach das Zeug zum Vollblutfußballer, wenn er denn einer wäre: „Ich bin der einzige Aktive im Verein, der kein einziges Spiel absolviert hat.“ Immerhin ließen sie ihm – zum 60. Geburtstag – einen Spielerpass anfertigen – als Anerkennung für seine Dienste als Schriftführer. Die sind heute wesentlich wertvoller, als mancher Flügellauf oder verwandelter Elfmeter.
Zur Person
1975 wurde das Joos‘sche Talent entdeckt. Vom unvergessenen Helmut Seger, damals Jugendleiter. Auf dem Sportplatz am Flühwäldchen, der Heimat des FC 08 Bad Säckingen bis zum Umzug ins Hochrheinstadion, sprach er Joos eines Tages an. Seger könne etwas Unterstützung brauchen, sagte er, bei der ehrenamtlichen Jugendarbeit.
Sonntags am „Flühwäldchen“
Aufgefallen war der junge Mann, der oft bei Spielen und auch mal beim Training reinschaute, schon länger: „Wenn ich als Jugendlicher sonntags meine Eltern beim Spaziergang begleitete, gingen sie auf den Friedhof und ich auf den benachbarten Sportplatz“, erinnert sich Joos an die ersten Begegnungen mit dem FC 08 Bad Säckingen. Joos sagte Seger seine Unterstützung zu, die Mitglieder wählten ihn 1975 zum Beisitzer. Kurze Zeit später, Schriftführer Werner Engelsmann wurde zum Vizevorsitzenden gekürt, übernahm Joos dessen Amt.

Sein erster administrativer „Patzer“ war schnell vergessen, blieb eh folgenlos: „Ich hatte auf dem Spielerpass von Rainer Harmgardt tatsächlich ein falsches Kreuzchen gesetzt“, schmunzelt der Perfektionist heute. Sein Aufgabenfeld wuchs mit jedem Jahr: „Anfangs war viel Briefverkehr – mit Vereinen und Verband“, denkt er an Zeiten ohne Mails und WhatsApp zurück. Im Jahr 2024 gleicht sein Portfolio eher der Stellenbeschreibung eines Kleinbetriebs: „Klar, wurde es mehr und mehr. Einiges zwangsläufig, anderes aus eigenem Interesse. Die Nachfolgesuche machts nicht leichter“, überlegt er: „Für einen allein dürfte es wohl zuviel sein.“
„Tschus“ macht alles, nur keinen Wirt
„Tschus“ zeichnet verantwortlich für Protokolle, Statistik, Chronik und Geburtstagskarten. Seins ist die Akquise für Werbung im Stadion, auf Plakaten und im FC-Blättli, das er als Redakteur drei Mal pro Jahr mit Texten, Fotos und Bonmots füllt. Das FC-Info zum Heimspiel trägt ebenso seine Handschrift, wie die Pressearbeit. Gibt er seinen Zeitaufwand mit „fünf Stunden pro Woche im Schnitt“ an, unterdrückt Ehefrau Helena ein leichtes Grinsen. Schließlich steht ihr „Tschus“ bei Heimspielen auch an der Stadionkasse: „Nur bei der Clubheimbewirtung bin ich raus“, lächelt er.
Nächstes Jahr macht Hanspeter Joos unglaubliche 50 Jahre als Schriftführer des FC 08 Bad Säckingen voll. Zwangsläufig stellt sich die Frage nach der Zukunft, zumal Joos sich im Sommer aus der Kommunalpolitik verabschiedet: „Ich versprach Werner Wunderle, der zehnte Vorsitzende, den ich im Amt erlebe, weiterzumachen, bis er 2025 aufhört“, lässt „Tschus“ vorerst offen, was kommt: „Schauen wir mal. S‘macht mir halt noch immer richtig viel Spaß.“