Eishockey: – Mit Eis lassen sich alle Kinder gern begeistern. Vanille, Schoko oder Erdbeere – alles, was das Herz begehrt. Doch es gibt drei Jungs im Hotzenwald, die mögen nur eine ganz spezielle Sorte Eis: Glänzen muss es, gleitfähig natürlich und idealerweise ganzjährig verfügbar. In der Eisdiele lässt sich dieser Wunsch allerdings nicht erfüllen.
Steffen, Marius und Armin Helmle sind nämlich Eis-Liebhaber der besonderen Art. Seit die Jungs aus dem Herrischrieder Weiler „Lochhäuser“ – zwischen Kleinherrischwand und Wehrhalden – laufen können, machen sie das am liebsten mit Schlittschuhen an den Füßen. Heute jagt das Trio mehr oder weniger fern der Heimat dem Puck hinterher. Armin spielt in der U15 bei den Argovia Stars; Marius zählt zur U20-Top des Züricher Proficlubs „ZSC Lions“ und Steffen schnuppert in der U20 des Augsburger EV bereits die begehrte Luft der Deutschen Eishockey-Liga (DEL).

Was vor gut 15 Jahren mit dem Besuch der Laufschule in der Herrischrieder Eissporthalle begonnen hat, entwickelte sich im Hause Helmle alsbald zu einer aussichtsreichen Perspektive für das Trio: „Eishockey-Profi werden“, ist das ausgemachte Berufsziel aller drei Jungs. Da ist sich der 19-jährige Steffen mit dem ein Jahr jüngeren Marius einig und beide „Großen“ zeigen auf den 13-Jährigen: „Armin ist unheimlich weit“, trauen sie dem Jüngsten durchaus auch eine Karriere zwischen Bulli und Bande zu.
Die Spur aufs Eis wurde dem Trio vom Papa gelegt, wobei der heute 50-Jährige alle Ambitionen zur Seite wischt: „Ich war eigentlich Fußballer beim FC Herrischried, als mich meine Kumpels überredeten, zum Eishockey zu kommen.“ Jürgen Helmle zählte zu den ersten Kufenflitzern des in den späten 80ern gegründeten Vereins: „Ich war damals in der baden-württembergischen Landesliga dabei, als wir mehr oder weniger nur verloren haben“, erinnert sich der Familienvater lachend.
Erste Schritte in der Laufschule
Mit Fußball hatten seine Jungs nicht viel am Hut, da zog es sie eher in die Eissporthalle: „In der Laufschule der White Stags haben sie ihre ersten Schritte gemacht“, erzählt Anja Helmle von den Anfängen und der Erkenntnis, dass es durchaus vorgekommen ist, dass die Begeisterung ihrer Buben erst mit dem Einsatz von Puck und Schlägern gewachsen ist.
Anja Helmle ahnte damals noch nicht, was auf sie und ihren Mann zukommen würde, denn in den Zeiten, als die Jungs bei den „Young Stags“ spielten, war der Aufwand sie zu Training und Spielen zu chauffieren noch übersichtlich.
Vor rund sieben Jahren änderte sich das aber schlagartig. Die viel beschäftigte selbstständige Floristin war fortan als „Taxi Mama“ gefordert: „Es gab in Herrischried keine Mannschaft in meiner Altersklasse, also wechselte ich zum EHC Olten“, blickt Steffen Helmle auf seinen ersten Schritt in die Fremde zurück.

Der 19-Jährige spielte drei Jahre in Olten, ehe es ihn während der Corona-Pandemie weiter zum EHC Basel zog. Zur laufenden Saison wagte er den nächsten Schritt, schloss sich dem Nachwuchs des Oberligisten SC Bietigheim-Bissingen an: „Das hat gut gepasst, denn ich wohnte mit meiner Freundin in Mannheim“, so Steffen Helmle, der allerdings schnell merkte, dass es für ihn im neuen Verein doch nicht so lief, wie er sich das vorgestellt hatte.
Training mit den „Panthers“
Allerdings hatte sein Agent, der sich um die beginnende Karriere kümmert, schon vorab gute Kontakte in der Szene geknüpft: „Im November meldeten sich die Augsburger und schnell war der Wechsel in trockenen Tüchern“, fühlte sich Steffen schnell wohl im bayerischen Schwaben: „Ich habe eine passende Arbeitsstelle bekommen, eine kleine Wohnung und kann vormittags mit den Augsburg Panthers trainieren.“
Die Tür zur Profiliga hat sich etwas geöffnet, doch Steffen ist vernünftig genug, nicht alles auf eine Karte zu setzen: „Bis Saisonende bin ich sicher in Augsburg, danach wird es sich zeigen, wo und wie es weiter geht. Ich möchte neben dem Sport auch eine fundierte Ausbildung als Bürokaufmann machen.“ Seine Agentur kümmert sich und das beste Angebot soll entscheiden: „Dann spielt es erstmal keine Rolle, in welcher Liga ich spiele“, sieht er seine Ambitionen in den höchsten drei Spielklassen.

Entscheidungen gilt es nicht nur auf dem Eis zu treffen, das weiß Marius Helmle aus eigener Erfahrung. Der 18-Jährige stellte sein Talent nicht nur auf der eisglatten Oberfläche unter Beweis. Bis vor wenigen Jahren fegte er auch auf dem Mountainbike durch die Wälder, zählte bei der SG Rheinfelden zu den Hoffnungsträgern, fuhr dann auch zwei Jahre unter den Fittichen des Schwarzwälder Weltklasse-Bikers Simon Stiebjahn: „In beiden Sportarten wurde der Aufwand immer größer“, blickt Jürgen Helmle zurück: „Marius hat sich dann fürs Eishockey entschieden.“

Damit verbunden war der Wechsel in die Schweiz, zunächst auch zum EHC Olten: „Steffen und ich spielten immer für ein Jahr im gleichen Team“, erzählt der angehende Logistiker, der seit geraumer Zeit in Spreitenbach lebt und dort seine Ausbildung absolviert. Wie bei seinem älteren Bruder bestimmt der Sport auch seinen Wochenplan: „Dienstags habe ich frei, ansonsten stehe ich täglich auf dem Eis“, lacht der groß gewachsene Helmle-Sprössling.
Mama und Papa als „Taxi“
Seine Perspektive, irgendwann einmal mit Eishockey sein Geld zu verdienen, ist so schlecht nicht: Schon als U15-Crack verließ er den Club in Olten, heuerte bei den ZSC Lions an und durchlief dort bislang alle Altersstufen. Das Schweizer Nachwuchssystem ermöglicht ihm weiteren Feinschliff: „Nächstes Jahr rücke ich zur U21 auf, habe dort noch zwei Spielzeiten vor mir“, macht sich der Teenager keinen Druck: „Mein Traum ist es, hoch zu spielen, wie es möglich ist.“

Nicht vergessen haben Steffen und Marius, wem sie diesen Weg – im wahrsten Sinn des Wortes – zu verdanken haben: „Ohne Mama und Papa wäre alles nicht möglich gewesen.“ Tagtäglich pendelten die Eltern mit ihren Jungs von Herrischried in die Schweiz: „Da kommen zig tausend Kilometer zusammen“, weiß Steffen und Anja Helmle erinnert sich vor allem an die Umstände während der Pandemie, als die Grenzen dicht waren: „Steffen und Marius hatten eine Ausnahme-Genehmigung, deshalb durften sie in die Schweiz einreisen“, erzählt sie im Rückblick schmunzelnd: „Aber es durfte immer nur ein Elternteil dabei sein, sonst wäre die Tour zu Training oder Spiel als Familienausflug deklariert worden.“
Fallen die Fahrten für die Großen mittlerweile weg, sind Anja und Jürgen Helmle nun mit ihrem Jüngsten auf Achse: „Nach der Schule geht‘s gleich los nach Aarau“, erzählt Armin von seinem Tagesablauf. Seit zwei Jahren spielt er in Aarau, zählt zu den Besten seines Teams. Bei ihm scheint es nur eine Frage der Zeit, wann er den gleichen Weg wie seine großen Brüder einschlägt.

Die Weichen sind für das Helmle-Trio gestellt: „Wir haben alle drei gute Chancen, unsere Ziele zu erreichen“, bringt es Steffen Helmle auf den Punkt: „Jetzt liegt es eigentlich nur noch an uns, was wir daraus machen.“ Und eines schönen Tages – in ferner Zukunft – sehen sich Anja und Jürgen Helmle in der Eissporthalle stehen. Stolz und zufrieden, denn auf dem Eis tummeln sich Steffen, Marius und Armin zum Abschluss ihrer Karriere gemeinsam in der Mannschaft der „White Stags“. Aber bis dahin wird noch so manches „Bulli, Tor“ in den Ohren der drei Brüder klingen.