Leichtathletik Vier Monate intensive Vorbereitung – und dann war es der Wimpernschlag einer halben Sekunde, der für Hardy Flum bei den Deutschen Meisterschaften die Entscheidung brachte: „Dieses Rennen stand für mich seit Jahresbeginn im Fokus. Ich wusste, gegen wen ich hier laufe und welche Qualität mein Kontrahent mitbringt“, freut sich der 59-jährige Dauerläufer aus Weilheim über seinen Triumph in der Hamburger Jahnkampfbahn. Erstmals in der Altersklasse M60 am Start, siegte Flum über 5000 Meter in einem von Taktik geprägten Rennen in 17:12,27 Minuten – hauchdünn vor Johannes Ritter (17:12,75) vom TV Refrath.
Klein, aber fein war die Delegation der LG Hohenfels, die am Tag vor dem Rennen im ICE nach Hamburg reiste. Franz Kimmel aus Flums LGH-Laufgruppe „Kenias letzte Reserve“ war dabei. „Ein guter und wichtiger Begleiter“, erzählt Hardy Flum, der sich nach dem Einchecken im Hotel gleich auf die Socken machte: „Wichtig war, acht Zugstunden aus den Beinen zu schütteln.“
Joggen an der Außenalster
Kimmel und Flum mischten sich unter die Jogger, genossen die sechs Kilometer an der beliebten Außenalster. Fortan lag der Fokus auf dem wichtigsten Lauf dieser Saison. Zwar stehen für Flum im September die Deutschen Straßen-Meisterschaften in Siegburg und im November die Cross-Meisterschaften in Darmstadt auf dem Plan. Doch Hamburg und das Duell mit Johannes Ritter überlagerte seit Monaten den kompletten Trainingsplan.
Der Rheinländer, dessen Laufwege Flum erst einmal gekreuzt hatte, war in der Qualifikation satte 25 Sekunden schneller. Ein echtes Pfund auf zwölfeinhalb Runden – selbst für den erfahrenen Hardy Flum. Und der läuft seit Jahren in der deutschen Spitze: „Ich stand gewaltig unter Strom. Mir war völlig klar, dass ich einen perfekten Tag brauche, um das Rennen zu gewinnen.“
2000 Zuschauer und viele Freunde auf der Tribüne
Die Anspannung steigerte sich. Weil der Start erst am späten Nachmittag anstand, galt es diese Zeit zu überbrücken: „Nach einem Spaziergang mit Franz Kimmel habe ich mich ganz allein ins Hotelzimmer zurückgezogen.“ Im Stadion fiel die Anspannung schnell ab. Flum überfiel im weiten Rund eine wohltuende Ruhe. Genüsslich saugte er die Atmosphäre ein: „Auf der voll besetzten Haupttribüne sorgten etwa 2000 Zuschauer für eine tolle Kulisse.“
Darunter waren – selbst im fernen Hamburg – zahlreiche Freunde und Bekannte. Die feuerten den Weilheimer vom Start weg an, was eminent wichtig für ihn war. Drei Altersklassen waren auf der Strecke. 30 Läufer, die sich um die optimale Position balgten. „Die ersten 200 Meter waren entscheidend“, erzählt Flum vom „Vollsprint“ auf der Außenbahn: „Ich kam gut weg, schob mich nach vorn und hatte diese Position über zwölfeinhalb Runden zu verteidigen.“

Der frühere Fußballer wusste sich gegen offene und versteckte Angriffe zu wehren. Jeder suchte den passenden Windschatten: „Es war taktisches Rennen, ein Hauen und ein Stechen um die besten Plätze. Vier, fünf Mal wurde mir in die Hacken getreten. Ich hatte Sorge, den Schuh zu verlieren.“ Der Wind kam abwechselnd von vorn und von hinten: „Da wurde auch mal gebummelt, denn keiner wollte vornweg im Wind laufen.“
Schlusssprint auf den letzten 300 Metern
Flum kontrollierte den Kontrahenten aus dem Rheinland, hielt Ritter stets hinter sich. In der letzten Runde ging es um alles. „300 Meter vor dem Ziel setzte er zum Überholen an. Ich machte zu.“ Auf den letzten Metern zahlte sich das intensive Training mit rund 90 Laufkilometern pro Woche aus. Flum zündete den Turbo, mobilisierte letzte Kräfte und rettete seinen Vorsprung ins Ziel.
Den Hamburger Abend genossen Flum und Kimmel mit einem wohlverdienten Hefeweizen – es war das erste in diesem Jahr. Zwar nicht auf der Reeperbahn, aber doch in einem sehr gemütlichen Restaurant. Das Rennen wurde beim leckeren Essen analysiert. Der Bericht für die Laufgruppe soll detailgetreu ausfallen: „Meine Läufe dienen im gewissen Sinn als Schulungsmaterial“, lässt Flum seine Mission als Trainer durchklingen: „Mir ist diese Gruppe sehr wichtig. Sie sollen erkennen, welche Leistung auch mit 60 möglich ist, wenn sie richtig und gut trainieren.“
„Ich wollte diesen Sieg auch für meine Kenianer“
Flum ist seinen „Kenianern“ – Laufende zwischen 17 bis 73 Jahren – nicht nur Trainer, sondern auch Vorbild und Motivator. Und er macht keinen Hehl daraus, dass sein nunmehr achter Deutscher Meistertitel mit der Wichtigste für ihn ist: „Ich wollte diesen Sieg.“ Ihm war völlig bewusst: „In diesen Altersklassen kriegst du nicht viele Chancen. Wenn ich es jetzt nicht schaffe, dann nie!“