Eishockey: Sein Blick ist hochkonzentriert. Drei Bildschirme, eine weitere Tastatur sowie ein Block liegen vor ihm auf dem Tisch. Die Finger fliegen für rund eineinhalb Stunden hin und her. Nichts, aber auch wirklich gar nichts entgeht dem Blick von Josh Robinson.
Szenenwechsel. 10 Uhr morgens in der Helios Arena. Auf der Eisfläche sind bislang nur wenige Personen, einer davon ist Robinson. Er arbeitet intensiv mit den beiden Torhütern Joacim Eriksson und Michael Bitzer, hat sich zuvor bereits mit U20-Torhüter Steve Majher beschäftigt. Der US-Amerikaner ist schon seit 7.30 Uhr in der Halle, hat seinen ersten Job zum Teil erledigt.
Tatsächlich hat Robinson bei den Wild Wings nämlich offiziell deren zwei, auch wenn es in der Praxis eher noch mehr sind. „Ich bin alles zwischen IT-Techniker und Psychologe“, sagt Robinson lachend. Eigentlich aber ist der 35-Jährige Torwarttrainer und Videocoach und zwar jeweils zu 50 Prozent. Während den Spielen der Schwenninger sitzt der ehemalige Torhüter auf der Tribüne und markiert auf dem Livebild verschiedene Szenen, die entweder bereits in der Drittelpause den Profis als Hilfe dienen soll, oder aber in der nächsten Trainingswoche. Dabei arbeitet Robinson mit einer speziellen Software, die es erlaubt, präzise und schnell eine Auswahl zu treffen.
Nach den Spielen folgt für den Mann aus Michigan noch das Gespräch mit dem jeweiligen Goalie. „Das ist mal ganz kurz, mal dauert es zehn Minuten. Wichtig ist dabei, die Emotionen herauszubekommen und das Spiel schnell abzuhaken“, erklärt Robinson.
Nicht nur in diesen Minuten ist der Trainer mit den vielen Aufgaben auch als Psychologe gefragt. Generell ist der Familienvater nicht nur der Coach der Torhüter, sondern auch ihr Freund. „Ich würde mich als persönlicher Trainer beschreiben. Ich kann mich komplett auf die beiden Spieler einstellen und sie können mit allen Problemen, Beschwerden oder auch privaten Sorgen zu mir kommen. Wir arbeiten sehr eng zusammen, was eben nur als Torwarttrainer möglich ist“, berichtet Robinson über das Verhältnis zwischen den drei Keepern und ihm.
Vor acht Jahren entschied sich der damalige Profi, es in Zukunft als Torwarttrainer zu versuchen. Seine eigene Karriere hatte nie wirklich Fahrt aufgenommen. Nach seinem Studium an der Michigan Tech wechselte der Torhüter beständig zwischen den zweitklassigen AHL und der drittklassigen ECHL. In der dritten Liga war ich ein guter Goalie, für die AHL nicht konstant genug“, sagt Robinson. Im Alter von nur 27 Jahren beendete er also seine aktive Laufbahn, die ihn auch zwei Mal kurz nach Europa zu Fehevar in Ungarn und Stjernen in Norwegen geführt hatte.
Wenig später erhielt er ein Angebot von der Florida Everblades, für den ECHL-Klub als Torwarttrainer zu arbeiten. „Der Haken war, dass ich gleichzeitig auch den Posten des Videocoaches übernehmen sollte, sonst hätte es nur das halbe Gehalt gegeben. Also habe ich gesagt: Her mit dem Computer, ich werde das schon lernen“, erinnert sich Robinson lachend. Er hat es im Prinzip ohne Anleitung gelernt, genau so wie das Handwerk des Trainers. Vielmehr lernte der damalige Novize von den anderen Übungsleitern und weiteren ehemaligen Torhütern. Inzwischen beherrscht eralle drei oder vier gängigen Videoanalyse-Programme und ist auf dem Eis in seinem dritten Jahr in der DEL. Vor seinem Wechsel zu dieser Saison nach Schwenningen hatte Robinson zwei Jahre bei den Löwen Frankfurt gearbeitet. „Lustigerweise hätte ich schon viel früher hier sein können. Steve Walker hat mich vor seinem Amtsantritt hier gefragt, ob ich kommen würde. Da hatte ich aber gerade in Frankfurt den Vertrag verlängert“, so der Neu-Schwabe.
Mit ihm an den Neckarursprung kamen die Ehefrau und die drei Kinder im Alter von fünf und drei Jahren beziehungsweise zehn Monaten. „Meine Frau mag es inzwischen umzuziehen. Sie hat sich daran gewöhnt. Auch in meinem Job gibt es eben oft Einjahres-Verträge“, sagt Robinson, der mit seiner Familie mittlerweile in Florida ansässig ist. Seine freie Zeit verbringt der Papa mit den Kindern, zudem nutzen die Robinsons die Länderspiel-Pausen für Reisen. Im November war London das Ziel.
In etwa genauso viel Zeit pro Tag widmet sich der Torwart- und Videotrainer seinen beiden Protagonisten, die er beide sehr gut kennt. „Sie sind als Mensch gar nicht sehr unterschiedlich, als Goalies aber schon. Michael Bitzer möchte alles bis ins allerkleinste Detail analysieren, während Joacim Eriksson eher das große Ganze interessiert. Die Herausforderung ist, in der Kürze der Zeit beiden gerecht zu werden“, erklärt Robinson seine tägliche Arbeit.
In der es im Übrigen angesichts zweier sehr erfahrener Torhüter um Kleinigkeiten geht. „Einer der wichtigsten Aspekte sind die Gespräche. Meine Aufgabe ist es, sie mental in Form zu halten“, sagt der „Psychologe“ Robinson. Wenig später sitzt er wieder an seinen drei Monitoren und der Tastatur.