Das Verkaufsobjekt in der Hauptstrasse 1 in Bottighofen macht nicht mehr den gepflegtesten Eindruck, noch dazu steht es an einer vielbefahrenen Straße. Oft stauen sich die Autos direkt davor, weil sie auf die Einfahrt in den Kreisverkehr Richtung Konstanz warten müssen. Doch das sind nicht die einzigen möglichen Preisdrücker. Das Haus hat auch eine grausige Vorgeschichte: Im Oktober 2020 erschoss hier die Besitzerin eine Mieterin und zerstückelte danach ihre Leiche.
Detailreiche Anzeige im Internet
Die Zimba AG aus Amriswil hat in ihrer detailreichen Internetanzeige 1,3 Millionen Franken (rund 1,33 Millionen Euro) als Preis für das Gebäude mit drei Wohnungen und Grundstück mit Gartenhaus aufgerufen. Zustand und Lage werden darin offen thematisiert.
Auch die Immobilienpreise in Bottighofen, die in den vergangenen fünf Jahren um 18 Prozent gestiegen seien, sowie die Investitionen in der jüngeren Vergangenheit finden Erwähnung. „2021 neuer Warmwasserboiler“ steht da – zu diesem Zeitpunkt war das Verbrechen schon geschehen.

Von der Bluttat liest man in dem Inserat verständlicherweise nichts. Die Kauf-Interessenten bekommen die Information dann allerdings ungefragt von Zimba-Geschäftsführer Daniel Zimmermann, wie der Makler und Gutachter dem SÜDKURIER sagt. Alles andere wäre nicht fair, und „sie würden es sowieso erfahren“.
Drei mögliche Käufer gibt es schon. Zimmermann erwartet im Erfolgsfall drei Prozent Provision – wie in der Schweiz üblich nur vom Verkäufer. Das wären bei 1,3 Millionen rund 39.000 Franken. Geschätzt hat er den Wert der Immobilie selbst. Das Besitzer-Ehepaar hatte ihm den Auftrag dazu erteilt. Als das Ergebnis vorlag, erhielt der Makler auch den Zuschlag, das Objekt zu veräußern.
„Mit der Frau hatte ich nie Kontakt, immer nur mit dem Mann, einem Liechtensteiner“, berichtet Zimmermann. Den Preis hält er für angemessen. Für Bottighofer Verhältnisse (nahe am Bodensee, nicht weit nach Konstanz, viele Deutsche) sei er sogar eher niedrig.
Würde das Haus an einer besseren Stelle im Ort stehen, wäre es deutlich teurer. Man könne viel anfangen mit dem Anwesen und dem Gebäude. Vorstellbar sei zum Beispiel ein Mehrgenerationenhaus.
Großer Andrang beim Prozess
Der Prozess gegen die Hausbesitzerin hatte im März 2022 wegen des großen Andrangs nicht im Gebäude des Bezirksgerichts, sondern im Rathaus Kreuzlingen stattgefunden. Die damals 55-Jährige wurde zu 15 Jahren Gefängnis und anschließendem 15-jährigen Landesverweis wegen vorsätzlicher Tötung und Störung des Totenfriedens verurteilt.
Zudem muss sie die Verfahrenskosten von 126.000 Franken tragen. Das Urteil wurde schließlich auch rechtskräftig. Niemand ging gegen den Richterspruch in Berufung, wie das Gericht auf Anfrage bestätigt.

Vor dem Verbrechen hatte die Vermieterin, die aus der früheren Sowjetunion stammt und 20 Jahre lang im Rotlichtmilieu arbeitete, über Wochen hinweg mit ihrer Mieterin gestritten. Die deutlich kleinere und korpulente 62-Jährige war nach der Frühpensionierung in finanzielle Schwierigkeiten geraten und hatte ihren Mietanteil von monatlich 900 Franken nicht mehr aufbringen können.
Im Laufe der Zeit liefen so 3600 Franken Mietschulden auf. Am Morgen des 29. Oktober 2020 tötete die Hausbesitzerin die Säumige mit sieben Pistolenschüssen in den Rücken und in den Kopf. Doch was danach geschah, lässt sich beinahe noch schwerer fassen.
Die Täterin zerteilt den 130 Kilogramm schweren Leichnam ihres Opfers, was einen ganzen Tag dauert, packt die Überreste des Körpers in Plastiksäcke und wirft sie in den Müll. Dann vergräbt sie den Kopf der 62-Jährigen, den sie nicht auf diese besonders unwürdige Weise entsorgen will, in einem Wäldchen zwischen Romanshorn und Arbon.
Das Auto des Opfers, das die Mieterin von einem Bekannten geliehen hatte, stellt sie woanders ab, um die Ermittler auf eine falsche Fährte zu locken. Den Schlüsselbund wirft sie in den Bach hinter dem Haus. Und sie tut in den kommenden Wochen so, als würde sie die Frau noch immer zu kontaktieren versuchen, um endlich an ihr Geld zu kommen.

Ein Bauer entdeckt Anfang Dezember den Kopf zufällig in einer mit Laub bedeckten Mulde. Schnell ist klar, zu wem er gehört – und dass er eine Schussverletzung aufweist. Am 11. Dezember 2020 sichert die Kripo schließlich in dem von oben bis unten saubergeschrubbten Haus in Bottighofen großflächig Spuren.
Verräterisches blaues Licht
Als die Kriminaltechniker Böden und Wände im Keller der Hausbesitzerin mit Luminol einsprühen, offenbart sich das Blutbad: Fast die gesamte Waschküche, die Sauna und das Innere der Waschmaschine, in der offenbar blutige Kleidung gewaschen wurde, leuchten blau.
Sie entdecken auch leuchtende Fußspuren, die in den ersten Stock des Hauses führen – und vor der Wohnungstür der Hausbesitzerin abrupt enden. Kurz darauf wird sie als Tatverdächtige festgenommen.
Die Wohnungen von Täterin und Opfer stehen heute nicht etwa leer. Vielmehr wohnen dort ebenso wie in der dritten Wohnung Mieter. An das grausige Verbrechen erinnere nichts mehr, betont Makler Zimmermann, der das vor 1900 gebaute Haus auch von innen kennt. „Man spürt es in keiner Weise“, sagt er. Und: In jedem Gebäude in diesem Alter seien schon Menschen gestorben. Wenn auch natürlich nicht auf so schreckliche Art.