Dem Kind zuliebe verbrachten Vater, Mutter und die Schwiegereltern den Ostersonntag 2022 zusammen. Darüber sind sich alle einig. Doch was dann im Laufe des Tages passierte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Hat der Angeklagte und Vater des Kindes an jenem Tag ein Dokument unterschrieben, das seiner Ex-Freundin ein Darlehen von 7000 Euro erlässt?

Es steht Aussage gegen Aussage: Der Angeklagte behauptet, nichts von einem Schuldenerlass zu wissen. Er habe das Dokument zuvor weder gesehen noch unterschrieben. Daher müsse die Unterschrift darauf gefälscht sein. Seine Ex-Freundin und deren Eltern bestreiten das. Deshalb musste sich der Mann wegen falscher Verdächtigung in drei tateinheitlichen Fällen vor Gericht verantworten.

Der Fall hat eine lange Vorgeschichte

Vorausgegangen ist dem Schuldenerlass ein Darlehen in Höhe von 7000 Euro im April 2021 an die damalige Freundin. „Ich habe ihr das Geld von meinem Unternehmenskonto aus überwiesen. Danach haben wir nie wieder darüber geredet“, sagt der 36-jährige Unternehmer aus Kreuzlingen. Sie habe damit ihren Studienkredit abbezahlt, erklärt die Ex-Freundin vor Gericht.

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Da sich die Beziehung des Angeklagten und seiner Freundin zunehmend verschlechterte, suchte sie zusammen mit ihren Eltern nach einer Möglichkeit, die Summe auszugleichen. „Ich wollte mich damit endgültig von dem Einfluss dieses Mannes lösen“, sagt sie.

Im Vorfeld habe die 37-Jährige gemeinsam mit ihren Eltern im Garten ihres Ex-Partners in Kreuzlingen gearbeitet. Beide Seiten geben an, dass eine Vergütung für die Arbeit im Garten zunächst nicht vorgesehen war. Doch sie hätten dafür keinerlei Anerkennung bekommen, erklären sowohl Vater als auch Tochter. Daher brachte der Vater der 37-Jährigen den Vorschlag des Schuldenerlasses ein.

Was geschah am Ostersonntag 2022?

Die Zeugenaussagen zum Ostersonntag sind äußerst widersprüchlich. Die Tochter und ihre Eltern, sowie der Angeklagte, kamen in Kreuzlingen zum Osterfest am Sonntag, 17. April 2022, zusammen. Das bestätigen alle Beteiligten und ist auch durch Bildmaterial entsprechend belegbar. Doch der Angeklagte betont: Eine Unterschrift habe es nicht gegeben, das Thema Schuldenerlass sei noch nicht mal erwähnt worden.

Die Frau und ihre Eltern stellen die Geschichte anders dar. Der Vater erzählt, er habe sich mit dem Angeklagten unterhalten. Da das Gespräch gut lief, habe er die drei Ausfertigungen des Dokuments aus dem Auto geholt, und auf dem Weg hinein erst seine Frau und dann die Tochter in der Küche eingesammelt. Anschließend hätten alle nacheinander im Büro unterschrieben.

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An dieser Stelle der Zeugenaussagen beginnen sowohl der Anwalt als auch der Angeklagte Fragen zu stellen. Mit was wurde unterschrieben? Warum ist kein Firmenstempel auf dem Dokument, wenn die Zahlung von dem Unternehmenskonto ausging? Wie kann es sein, dass eine Apple-Schriftart benutzt wurde, wenn das Dokument auf einem Windows-Computer erstellt wurde?

Zeugen machen widersprüchliche Angaben

Die Antworten der Zeugen auf diese Fragen widersprechen sich in einigen Aspekten. Zusätzlich bleibt die Frage ungeklärt, wo denn das Originaldokument geblieben ist. Der Vater der Frau sagt aus, sein Exemplar habe er seiner Tochter gegeben, als sie nach Spanien auswanderte, da ihr eigenes bei dem Angeklagten sei.

Im Zuge der Anklage habe die Frau das Dokument gesucht. Sie sei aber nicht sicher, wo sich das Original befinde. Möglicherweise habe sie es ihrer Anwältin gegeben oder selbst vernichtet, weil sie es nicht länger für relevant hielt.

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Gutachten soll klären, ob die Unterschrift echt ist

Abschließend wird zur Beweisführung ein Gutachten herangezogen, welches die Unterschrift vergleicht. Mit dem Ergebnis, dass es sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 bis 95 Prozent um die Unterschrift des Angeklagten handelt. Am Ende plädieren sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger Jürgen Derdus auf Freispruch.

Auch Richter Dennis Fandrousi spricht den Angeklagten frei. In der Urteilsbegründung heißt es, das Schriftgutachten lege nahe, dass der Angeklagte die Unterschrift selbst getätigt habe. Doch die Zeugenaussagen sehe er, insbesondere wegen der persönlichen Beziehung von Täter und Opfer, kritisch. Wenn Aussage gegen Aussage steht, dann werde es schwer, die Wahrheit zu erfahren.