Es war ein viel beachteter Prozess, der Ende des vergangenen Jahres vor dem Amtsgericht Konstanz verhandelt wurde. Einem damals 54-jährigen Physiotherapeuten aus Allensbach wurde vorgeworfen, mehrere Patientinnen im Rahmen der Behandlung sexuell missbraucht zu haben. Nach einem langen, aufreibenden Prozess wurde der Angeklagte am 5. November 2024 für schuldig befunden. Er wurde zu einer Haftstrafe verurteilt und erhielt fünf Jahre Berufsverbot. In der Folge legten mehrere Seiten Berufung ein.

Nun ist klar, wie es in dem Verfahren weitergeht: Wie das Landgericht Konstanz, bei dem der Fall inzwischen in zweiter Instanz anhängig ist, auf SÜDKURIER-Nachfrage mitteilt, wurde der Termin zur Hauptverhandlung auf den 15. September dieses Jahres bestimmt. „In dem Verfahren wurden sowohl vom Angeklagten als auch von der Verteidigung Berufung eingelegt“, teilt Mirja Poenig, Pressesprecherin des Landgerichts Konstanz, mit. Auch die Staatsanwaltschaft hatte Berufung eingelegt, weil der Angeklagte von mehreren Taten freigesprochen wurde.

Vertreten wird der Physiotherapeut in zweiter Instanz von zwei neuen Rechtsbeiständen und nicht mehr von dem Konstanzer Strafverteidiger Andreas Hennemann. Hennemann hatte die Verteidigung in erster Instanz im Rahmen eines Pflichtmandats übernommen. Warum der Angeklagte für die zweite Instanz am Landgericht auf neue Anwälte setzt, blieb zunächst offen.

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Der Angeklagte müsste ins Gefängnis

„In Erwartung einer Beschränkung dieser Rechtsmittel auf die Rechtsfolgen sind zu dem Termin bisher keine Zeugen geladen“, teilt Mirja Poenig weiter mit. Das bedeutet: Möglicherweise soll mit der Berufung lediglich das verhängte Strafmaß und nicht das Urteil beziehungsweise die Schuldfrage an sich vollumfänglich angegriffen werden. Der Angeklagte wurde in erster Instanz zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden konnte. Außerdem darf der Allensbacher Physiotherapeut fünf Jahre lang seinen Beruf nicht ausüben, auch das war Teil des ursprünglichen Schuldspruchs.

Das Strafmaß, das das Gericht unter der Vorsitzenden Richterin Heike Willenberg verhängte, ging über die Forderungen der Staatsanwaltschaft deutlich hinaus. Denkbar ist, dass der Angeklagte und seine Verteidigung wenigstens eine Neubeurteilung des Strafmaßes erreichen wollen. Würde die Haftstrafe auf unter zwei Jahre reduziert, könnte sie zur Bewährung ausgesetzt werden. Damit müsste der Physiotherapeut nicht ins Gefängnis.

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Über das Berufsverbot müsste das Landgericht separat erneut entscheiden. Es handelt sich nach Angaben des Gerichts dabei um eine Nebenstrafe, die unabhängig von der Hauptstrafe verhängt wird. Das Berufsverbot könnte aufrechterhalten, aufgehoben oder abgeändert werden. Es greift erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung, der Mann praktiziert also noch. Sollte es im Vorfeld zu einer Absprache – Juristen sprechen in solchen Fällen von einem Deal – zwischen den Prozessbeteiligten kommen, muss über den Inhalt dieser Vorgespräche während der Hauptverhandlung informiert werden.

In dem Prozess, der bislang ohnehin schon einige Wendungen erlebte, ist der Ausgang also weiterhin offen. Verhandelt wird am 15. September ab 9 Uhr im Sitzungssaal 1.60 des Hauptgebäudes des Landgerichts Konstanz an der Unteren Laube 27. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung für den Angeklagten.