Es sind nicht nur die günstigeren Preise in den Supermärkten oder den Restaurants, die so manchen Aargauer und manche Aargauerin über den Rhein in das deutsche Grenzgebiet ziehen. Neben Einkaufs- oder Gastronomietourismus kommt es während der Saison von Frühjahr bis Herbst auch zum Motorradtourismus – mit all seinen unschönen Nebenerscheinungen.
Der Schwarzwald ist ein Eldorado für Motorradfahrer
Gerade der Schwarzwald ist ein Eldorado für Motorradfahrer. Denn er bietet das, was dem Mittelland fehlt: kurvige Bergstrecken. Nur, die kurvigen Stecken gepaart mit einer idyllischen Weitsicht lassen eines schnell vergessen: den Blick auf den Tachometer.

Und so ergibt sich eine erschreckende Zahl: Im Zeitraum Januar bis Ende Juni ereigneten sich im Bereich des Polizeipräsidiums Freiburg, zu denen die Landkreise Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Lörrach und Waldshut sowie der Stadtkreis Freiburg gehören, bereits 177 Motorradunfälle. „Davon waren 27 Fahrzeuge mit Schweizer Zulassung“, sagt Polizeisprecher Benjamin Woldert auf Anfrage. Das heißt: Bei etwa jedem achten Motorrad, das im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Freiburg verunfallt, handelt es sich um eines mit Schweizer Zulassung.
613 Motorradunfälle im vergangenen Jahr
In dieser Statistik sind bisher allerdings die Zahlen aus dem Juli, August und Septembernoch nicht erfasst. „Der Höhepunkt der Motorradsaison liegt aufgrund ihrer Wetterabhängigkeit in der Regel in den Sommermonaten“, vermerkt Woldert.
Deshalb ist davon auszugehen, dass die Unfallzahlen noch um einiges zunehmen werden. Im Jahr 2022 etwa zählte das Polizeipräsidium Freiburg insgesamt 613 verunfallte und zehn getötete Motorradfahrende. Im ersten Halbjahr 2023 waren es fünf getötete Motorradfahrer, davon ein Fahrer eines Motorrades mit Schweizer Zulassung.
Spielen kleinere Bußgelder eine Rolle?
Inwiefern das höhere Tempolimit in Deutschland – auf Landstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften ohne Beschilderung liegt es bei 100 km/h – eine Rolle für den Motorradtourismus spielt, darüber kann das Polizeipräsidium Freiburg lediglich Mutmaßungen anstellen. Ebenso, welche Rolle die tieferen Bußgelder spielen.
Der Unterschied hier ist massiv: Wer in der Schweiz außerorts mit 6 bis 10 km/h zu schnell unterwegs war, wird mit 100 Franken zur Kasse gebeten. In Deutschland liegt die Strafe für einen Tempoverstoß von bis zu 10 km/h außerorts lediglich bei 20 Euro. Noch frappanter ist der Unterschied für einen Tempoverstoß im Bereich von 16 bis 20 km/h außerorts: Während die Strafe dafür in Deutschland bei 60 Euro liegt, werden in der Schweiz 240 Franken fällig.
Die meisten Motorradunfälle ereignen sich sonntags
Gemäß Woldert ereignen sich die meisten Motorradunfälle am Sonntag, dicht gefolgt von Samstag und Freitag. Hauptgrund für die Unfälle sei die nicht angepasste Geschwindigkeit. „Wir appellieren an alle Verkehrsteilnehmer, sich an die Verkehrsregeln zu halten, vorausschauend zu fahren und auf andere Rücksicht zu nehmen“, sagt er und schiebt nach: „Mit anderen sind nicht nur Verkehrsteilnehmer, sondern auch Anwohner gemeint.“
Auch rät Woldert „dringend davon ab, Manipulationen an den Maschinen durchzuführen“, denn dies könne zum Erlöschen der Betriebserlaubnis und zur Stilllegung des Motorrads vor Ort führen. Zwischenzeitlich gebe es bereits einige Strecken im Schwarzwald, die aufgrund Unfallhäufungen oder auch starker Lärmbelästigung für den Motorradverkehr gesperrt seien – dies gilt etwa am Wochenende und feiertags für die Schauinslandstraße wenige Kilometer südlich von Freiburg. Daher, so Woldert, sollte man sich vor Fahrtantritt über die erlaubten Stecken informieren.
Der Autor ist Redakteur der ‚Aargauer Zeitung‘, in der dieser Bericht auch zuerst erschienen ist.