Wer als Luftfahrt-Enthusiast den „Hangar 10“ betrat, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Am Flughafen Heringsdorf auf der Ostsee-Insel Usedom entstand vor gut zehn Jahren ein Paradies für Oldtimer-Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg, in der Szene „Warbirds“ (Kriegsvögel) genannt. Die Besucher konnten über seltene Propellerflugzeug-Raritäten aus den frühen 1940er Jahren staunen, wie den legendären Fieseler „Storch“ oder den Sternmotor-Jäger Focke-Wulf 190, den man original in praktisch keinem deutschen Flugzeugmuseum finden kann.

Der luftfahrthistorische Höhepunkt der Halle aber war eine Sammlung von Exemplaren des wohl bekanntesten deutschen Jagdflugzeugs: Die Messerschmitt Me 109. Die findet man zwar auch im Museum, aber mit dem Unterschied, dass sie dort nicht flugfähig sind. Auf Usedom konnten alle der bis zu 660 km/h schnellen Klassiker fliegen und wurden von Profis auch spektakulär vorgeführt.

Vor drei Jahren dann die tragische Zäsur: Anfang August 2020 kam der Gründer des fliegenden Museums, Volker Schülke, in seinem Oldtimer ums Leben. Mit dem 57-jährigen Piloten war ein weiterer Flieger an Bord der Pilatus P-2, der schwerverletzt überlebte. Warum die 1950 in Buochs (Kanton Nidwalden) gebaute Schulmaschine aus einer Höhe von etwa 40 Metern abstürzte ist nicht abschließend geklärt. Vermutet werden technische Probleme.
Schweigen über den Preis
Schülke hatte das in Europa einzigartige Museum auf seiner Heimatinsel aufgebaut und international bekannt gemacht. Mittlerweile ist die in Europa einzigartige Sammlung in Auflösung. Hier kommt eine Firma aus Sarnen in Obwalden ins Spiel. Die Spezialisten der Firma Boschung Global sind seit Jahren in der Vermittlung von Warbirds weltweit beteiligt. Das ist ein diskretes Geschäft, denn die Kaufpreise dieser Maschinen liegen deutlich jenseits von einer Million Franken. Über die genaue Höhe schweigt die Branche.
Nur wenige Maschinen haben noch den originalen Daimler-Benz-Motor
Der Schweizer Paul Boschung, Chef des Unternehmens und selbst erfahrener Kunstflieger sowie Warbird-Pilot, kennt sich sowohl mit den seltenen Flugzeugklassikern als auch der Zielgruppe aus. Es sind solvente Aviatik-Enthusiasten in der ganzen Welt. Nicht einmal mehr ein Dutzend Exemplare einer originalen Me 109 oder ihrer Lizenzbauten sind weltweit noch flugfähig. Gerade eine Handvoll von ihnen sind zudem mit dem ursprünglichen Motor ausgerüstet, je nach Version einem flüssiggekühlten V-12 von Daimler Benz des Typs 601 oder 605.
Wo man die Warbirds in der Region sehen kann
Diese Kraftpakete holen zwischen 1150 und rund 1500 PS aus 33 bis 36 Liter Hubraum und gelten als extrem rar. Das schlägt sich auch in ihrem Wert nieder. Ein generalüberholter Motor für eine Me 109 wird vermutlich an der Preisgrenze zu einer siebenstelligen Summe kratzen. Nur eine Handvoll Firmen weltweit gibt es, die sich an die Überholung eines derartigen Triebwerks herantrauen, vor allem in Deutschland und den USA.
Auf Flugtagen ist der Besuch einer Me 109 ein Publikumsmagnet. Gibt es nur eine Gras-Bahn, bekommt man die Maschine nur in der Luft zu sehen. Landungen auf Gras gelten wegen des schmalen, zum Ausbrechen neigenden Fahrwerks der Messerschmitt als riskant. Es kam in den vergangenen Jahren zu glimpflich verlaufenden Unfällen, die hohe Reparaturkosten verursachten.

Heute etwas häufiger zu sehen, aber dennoch selten sind Me-109-Lizenzbauten, die mit einem britischen Rolls-Royce-Merlin Motor ausgerüstet sind. Der ist ebenfalls ein flüssiggekühlter V12. Er wirkt aber im einst von Hispano-Buchon in Spanien produzierten Lizenzbau der 109 durch eine andere Bauhöhe unförmiger als das schlanke Original mit Daimler-Benz-Motor, da die Merlin-Varianten eine bauchige Motorhaube benötigen.
Überbleibsel aus einem bekannten Kino-Film
Auch von dieser Maschine wird derzeit ein Exemplar in Sarnen angeboten. Paul Boschung hat schon zwei dieser Spanien-Varianten verkauft. Sie stammen aus der Sammlung des US-Flugzeug-Fans Connie Edwards. Dieser war Ende der 60er Jahre bei den Dreharbeiten zum Kinofilm „Luftschlacht um England“ als Pilot und Koordinator beteiligt.
Anstelle von Geld erhielt er mehrere 109-Buchon-Lizenzbauten als Bezahlung, die alle in dem Fliegerfilm eingesetzt waren. Edwards lagerte diese Film-Messerschmitts jahrzehntelang auf seiner Ranch in Texas ein, bevor die Oldtimer ab 2012 verkauft wurden, auch mit Hilfe von Paul Boschung. Allerdings dürften diese Lizenzbauten preiswerter sein als eine mit Daimler-Benz-Motor.
„Mindestens sechs Millionen Dollar“
Die Schweizer Firma bietet derzeit zwei flugfähige Exemplare der originalen Messerschmitt 109 an. Preise werden nicht genannt, aber Fachleuten ist klar, dass das Schweizer Unternehmen eine siebenstellige Summe für jede dieser Me 109 erwartet. Paul Boschung umschreibt den Wert jedes dieser Flugzeuge diplomatisch so: „Es gibt sicher keine 109 G-6 mit Originalmotor unter sechs Millionen Dollar“.
Der Schweizer sieht ein derartiges Oldtimer-Jagdflugzeug aber auch als hervorragendes Investment: Viele gefragte Veteranen hätten ihren Wert innerhalb der letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt, eine Entwicklung ähnlich wie im Autobereich bei seltenen Oldtimern von Ferrari, Bugatti oder Mercedes-Benz. Zudem seien früher eher amerikanische und britische Propellerjagdflugzeuge wie die P-51 Mustang oder die Spitfire im Fokus solventer Sammler gestanden. Mittlerweile gehöre auch eine Me 109 zum Kern einer repräsentativen Warbird-Sammlung.

Den Hype zum Erwerb von Propellerjagdflugzeugen hat auch der neue Top-Gun-Film befeuert. Darin fliegt Hauptdarsteller Tom Cruise alias „Maverick“ nicht nur moderne Kampfjets, sondern auch eine P-51-Mustang. Der Clou dabei: Es handelt sich um die private Maschine des Schauspielers, der diese seit Jahren selbst fliegt.

Auch bei der extrem seltenen Focke-Wulf 190 im Boschung-Angebot, wie die 109 ein selten gesehener Star unter den Warbirds, steht keine Preisangabe. Diese Maschine ist 1944 bei Focke-Wulf in Cottbus mit der Seriennummer 170 389 gebaut worden. Sie ist deutsch registriert mit dem Kennzeichen D-FWAA. Da ein originaler BMW-1700-PS-Doppelsternmotor nicht mehr aufzutreiben ist, sitzt nun ein ähnlich leistungsfähiger russischer Sternmotor unter der Motorhaube.
Auch Doppeldecker sind zu haben
Zivile Doppeldecker-Oldies des deutschen Herstellers Bücker, alle aus der Usedom-Sammlung, werden im Wallis ebenfalls angeboten. Auch hier herrscht bei den Preisen Schweizer Diskretion. Auskunft gibt es nur auf Anfrage. Fest steht: Die Bückers sind günstiger als ihre hoch motorisierten Schwestern.