Mit einem Alter von 164 Jahren ist die Eisenbahnbrücke zwischen Waldshut und Koblenz die älteste erhaltene Eisenbahn-Rheinquerung überhaupt – und inzwischen dringend sanierungsbedürftig.

Nach längeren Diskussionen über das Für und Wider starten die Arbeiten, die mit 17 Millionen Euro zu Buche schlagen, laut Plan am 1. April und dauern bis Ende Oktober. Es ist in mehrfacher Hinsicht ein außergewöhnliches Projekt, denn sowohl bei der Finanzierung als die Umsetzung sind ein internationales Unterfangen, das enge Absprachen erfordert.

Zugleich ist die Zahl der Betroffenen ungemein hoch. Berufspendler und Touristen müssen nämlich mit erheblichen Einschnitten zurecht kommen.

Was wird konkret gemacht?

Die Hauptarbeiten umfassen den Ersatz der nicht mehr funktionstüchtigen Brückenlager, die noch aus dem Jahr 1858 stammen, als die Brücke gebaut wurde, heißt es dazu seitens der SBB. Ebenfalls ersetzt werden müssen der Sekundärträger aus dem Jahr 1912 und der Korrosionsschutz, der ebenfalls bereits mehr als ein halbes Jahrhundert alt ist.

Wie Luana Quinter, Mediensprecherin der SBB auf Nachfrage unserer Zeitung darstellt, bedingt eben ein Teil der Maßnahmen eine komplette Sperrung der Brücke von April bis Oktober dieses Jahres. „Während der Wintermonate pausieren die Bauarbeiten, da Korrosionsschutzarbeiten nur im Sommerhalbjahr erfolgen können“, heißt es auf der Projekt-Seite der SBB.

Von April bis Oktober 2024 werden derweil die aufwändigen Korrosionsschutzarbeiten fortgesetzt und abgeschlossen. Während dieser Arbeitsphase sei der Bahnbetrieb allerdings nicht mehr betroffen.

Keine Einschränkungen seien auch während der Vorbereitungen zu erwarten, sagt Unternehmenssprecherin Quinter. Dazu zähle zum Beispiel ein rechtzeitiges Zurückschneiden der Vegetation. Auch der Einbau eines Gerüstbodens in der Brücke als Fallschutz erfolgt schon vor Start der Arbeiten.

„In der Sperrung wird zuerst die SBB die Fahrleitung von deutscher Seite her Richtung Schweiz zurückbauen“, schildert Quinter das weitere Vorgehen. Danach werde die DB von der Schweizer Seite her die Fahrbahn Richtung Deutschland hin zurückbauen. „Die Sanierungsarbeiten erfolgen, soweit möglich, von beiden Seiten.“

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Was ist das Besondere an der Brückensanierung?

Nicht nur das Alter der Brücke ist außergewöhnlich, sondern auch die Besitzverhältnisse. Die entsprechenden Regelungen gehen zurück auf das Jahr 1857, als der Beschluss zum Bau der Brücke gefasst wurde. „Die aktuell gültigen Verträge sind von 1956 und wurden seither bei Bedarf ergänzt“, so Quinter weiter.

Demnach betreibt die SBB die Strecke, die technische Federführung der Infrastruktur liegt derweil in den Händen der Deutschen Bahn. Das bedeutet allerdings auch, dass der Sanierung sowohl die deutsche als auch die Schweizer Seite zustimmen musste – denn die Kosten werden aufgeteilt, also jede Seite muss voraussichtlich 8,5 Millionen Euro berappen.

Eben diese Konstellation brachte durchaus politische Überzeugungsarbeit mit sich, wie der Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner auf Nachfrage darstellt. Er war bereits vor vier Jahren mit von der Partie, als sogar noch darüber diskutiert wurde, ob ein Abriss der historischen Brücke die bessere Option sein könnte. 

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Er freue sich, dass die Abstimmungen zwischen der deutschen und schweizerischen Seite zwischenzeitlich erfolgreich zum Ziel geführt wurden, so Schreiner: „Es handelt sich um eine sehr bedeutsame Bahnverbindung zwischen Deutschland und der Schweiz und ich freue mich, dass diese Investition in den Schienenverkehr nun erfolgt.“

Was bedeutet das für die Kunden?

Die Strecke zwischen Waldshut und Koblenz, die zugleich die Grenzregion im weiteren Verlauf an Zürich (Fahrtzeit ab Koblenz: 40 Minuten) oder Winterthur (eine Stunde) anbindet, ist für den grenzüberschreitenden Verkehr von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Zwischen dem Bahnhof Waldshut und Koblenz verkehren täglich 37 Züge, so Luana Quinter. Sowohl Einkaufstouristen als auch Berufspendler nutzen das Angebot sehr eifrig.

Natürlich sei für die Dauer der Sperrung eine Kompensation in Form von Bus-Shuttles geplant, versichert die Unternehmenssprecherin. Inwiefern diese aber in der Lage sind, die ausfallenden Züge auszugleichen, ist aber noch nicht geklärt. Denn erst in einigen Wochen soll geklärt werden, wie viele Busse überhaupt eingesetzt werden.

Nicht zu unterschätzen ist derweil auch der Umstand, dass die Ersatzbusse Bestandteil des regulären Straßenverkehrs sind, was gerade in den Stoßzeiten des Berufsverkehrs, wenn sich in Waldshut-Tiengen regelmäßig Staus bilden, zu Verzögerungen und Schwierigkeiten führen kann.

Die SBB bittet ihre Kunden daher darum, zumindest mehr Reisezeit einzuplanen. Auch sollte jeder Bahnnutzer vor Reiseantritt sicherheitshalber noch einmal über die Internet- und App-Angebote des Bahnunternehmens die gewählte Verbindung überprüfen.

Inwieweit ist mit Kostensteigerungen zu rechnen?

Was die Kalkulation als auch den Schutz vor unerfreulichen Überraschungen anbelangt, hätten die Projektverantwortlichen nichts dem Zufall überlassen, schildert Luana Quinter: „Im Vorfeld der Arbeiten wurden in Zusammenarbeit mit Spezialisten möglichst alle Aspekte geprüft.“ Nicht zuletzt sei das Material auf seine weitere Eignung für den Erhalt der Brücke getestet worden.

Was die Kostenberechnung für die großangelegte Sanierung betrifft, hätten die Planer ebenfalls einen sehr gewissenhaft kalkuliert: „Die aktuellen Zahlen beruhen auf den Offerten der Hauptarbeiten. Inflation und Baukostensteigerung per Januar 2023 sind eingerechnet.“ Dass der Kostenrahmen am Ende deutlich darüber hinausgehe, sei zumindest nach aktuellem Stand nicht zu erwarten, versichert die SBB-Sprecherin.

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