Um in ihrem kleinen Internetshop mehr Vesperboxen (Schweizerisch: „Z‘Nüniboxen“) zu verkaufen, schaltete Nicole Bürkli im Jahr 2023 Werbung bei Google. Für die Werbemaßnahme sei eine Online-Agentur in Winterthur (Kanton Zürich) zuständig gewesen. Gegenüber Schweizer Medien erklärt die 41-Jährige: „Wir haben diesen Bereich bewusst an Spezialisten übergeben, da er sehr komplex ist.“
Die Idee zahlte sich aus: Der Shop tauchte bei den Suchresultaten für Z‘Nüni-Geschirr und Bento-Boxen weit oben auf. Doch was zunächst erfolgreich schien, entpuppte sich als fataler Fehler.
Dann kommt die Rechnung
Der Service kostete die Kleinunternehmerin aus Hellikon monatlich 732 Franken. Hinzu kamen die Anzeigekosten, die Google jeweils in Rechnung stellt. Die Höhe sei vertraglich geregelt und abhängig vom Umsatz gewesen, den der Onlineshop erzielte.
Gemäß Bürkli plant die Nikimo GmbH bis zu einem Viertel des Umsatzes für die Werbung ein. Nach dem Wareneinkauf sei Google der zweitgrößte Ausgabenpunkt für den kleinen Webshop gewesen, den Bürkli neben ihrer Tätigkeit als Tagesmutter betreibt.
Zusatzkosten gefährdeten die Existenz des Onlineshops
Im vergangenen Juli fiel der Inhaberin erstmals auf, dass die Kosten für Google-Ads viel höher waren, als sie sein sollten. Kurzerhand rief sie bei der Agentur an und bat um Klärung. Die zuständige Mitarbeiterin erklärte ihr, dass Korrekturen gemacht würden und ein solches Missgeschick nicht wieder vorkäme. Doch das erwies sich als Irrtum.
Entsetzt stellte Bürkli am 22. November 2023 fest, dass die Kosten im Vergleich zum Umsatz explodiert waren. „Plötzlich verlangte Google 34.000 Franken mehr von mir“, sagt sie. Die dadurch entstandenen Zusatzkosten gefährden die Existenz der Nikimo GmbH. Laut Schweizer Medien fiel der Geschäftsfrau die missliche Lage erst verzögert auf, da die Kosten für Google-Ads auf ihrer Kreditkarte belastet wurden.
Das ergibt die Konto-Überprüfung
Die 41-Jährige ließ ihr Konto durch eine andere IT-Firma überprüfen. Das Ergebnis: Die hohen Kosten zwischen Juni und November stammten von falschen Einstellungen seitens der Online-Agentur. Anstatt am Umsatz, orientierten sich diese am Warenkorb.
Ein riesiges Problem, denn nur weil Artikel von Kunden in den Warenkorb gelegt werden, bedeutet das nicht, dass sie gekauft werden. Die Kosten der Werbung beruhten somit auf Fantasiezahlen und nicht auf Geld, das tatsächlich eingenommen wurde.
Zu den Mehrkosten in Höhe von rund 34.000 Franken kommt noch der entgangene Umsatz aufgrund der fehlerhaften Google-Ads-Einstellungen hinzu. Dieser wird auf rund 30.000 Franken geschätzt. Insgesamt beläuft sich der Schaden auf mehr als 60.000 Franken. „Wir stehen jetzt mit Schulden da“, sagt Bürkli. Es fühle sich nicht gut an, Verwandte um Darlehen zu bitten, aber sie habe es tun müssen.
Die Agentur ist gemäß Bürkli nicht bereit, einen relevanten Anteil des Schadens zu übernehmen. „Ich würde mir nach wie vor auch eine Entschuldigung wünschen“, erklärt die 41-Jährige, die seit dem Herbst auf ihren Teilzeitlohn verzichtet, um das Finanzloch zu stopfen, wie sie sagt.
Wie reagiert die Agentur?
Bei einem Treffen am 19. Dezember mit den beiden Geschäftsführern der Agentur konnte keine Einigung erzielt werden, so die Schilderung der 41-Jährigen. Zwei Tage später habe die Agentur dann das Angebot gemacht, 7500 Franken zu übernehmen, sofern die Zusammenarbeit fortgeführt werde.
Zusätzlich habe sie Marketing-Sachleistungen angeboten, die Bürkli in diesem Moment nicht benötigt: „Das hätte unsere finanziellen Probleme nicht gelöst.“
Gerichtsverfahren hätte erhebliche finanzielle Risiken
Die Situation sei sehr belastend: „Ende des Jahres konnte ich kaum noch schlafen“, sagt sie. Eine Fortführung der Zusammenarbeit erscheint ihr nicht mehr sinnvoll – auch, weil noch weitere Fehler auftauchten. Ihren Webshop aufzugeben, ist für Nicole Bürkli keine Option. Obwohl dieser nicht darauf ausgelegt sei, einen großen Gewinn zu erzielen: „Wenn der Fehler nicht entstanden wäre, dann hätten wir kein Problem.“
Nikimo hat inzwischen eine Betreibung gegen die Agentur eingereicht, diese hat jedoch den Rechtsvorschlag erhoben. Die Firma erkennt die Schuld nicht an. Bürkli müsste sich nun an ein Gericht wenden, um die Betreibung weiterzuverfolgen. Das hätte jedoch erhebliche finanzielle Risiken. Der Rechtsweg sei zu langsam und zu teuer für Nikimo.
Kürzlich habe die Agentur sie erneut kontaktiert, wie Bürkli sagt, um abermals ein Treffen zu vereinbaren. Dabei sei das Angebot vom Dezember erwähnt worden. Neu sähe die Firma jedoch von einer weiterführenden Zusammenarbeit ab. Gegenüber der Zeitung gibt Bürkli an, dass sie sich noch nicht entschieden hat, ob sie den Fall vors Gericht zieht.
Die Autorin schreibt für Schweizer Medien, unter anderem für die „Aargauer Zeitung“. Dort ist der Beitrag auch zuerst erschienen.