In der Schweiz geblitzt werden, das kann teuer werden: Umgerechnet rund 180 Euro müssen etwa Autofahrer zahlen, die 20 Kilometer pro Stunde zu schnell auf der Autobahn unterwegs sind. Künftig wird dieses Bußgeld auch in Deutschland vollstreckt werden.

Das regelt der Vertrag über die grenzüberschreitende polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, der zwischen Deutschland und der Schweiz geschlossen wurde. Wir klären die wichtigsten Fragen.

Was galt bislang?

Bußgelder aus Ländern außerhalb der EU konnten bisher in Deutschland nicht vollstreckt werden. Wer also in der Schweiz zu schnell gefahren ist, konnte die Zahlung des Bußgeldes theoretisch aussitzen. Bei der erneuten Einreise in die Schweiz drohte aber ein Strafbefehl.

Zwar kooperierten die Behörden auch bislang schon bei schwerwiegenden Vergehen. Die Polizei teilte dem SÜDKURIER im vergangenen Juni allerdings mit, dass der Aufwand sehr groß gewesen sei und die Erfolgsaussichten gering.

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Was gilt seit 1. Mai?

Seit 1. Mai 2024 gilt ein neuer Polizeivertrag zwischen Deutschland und der Schweiz. Er wurde bereits im vergangenen Herbst beschlossen. Die Behörden wollen künftig enger bei jeglicher Art der Strafverfolgung kooperieren.

Geahndet werden nur solche Vergehen, die ab dem 1. Mai begangen werden. Wer also im April noch geblitzt wurde, ist von der neuen Regelung noch nicht betroffen.

Um welche Verstöße geht es?

Für den Straßenverkehrsbereich gilt: Vollstreckt werden nicht nur Bußgelder wegen Geschwindigkeitsüberschreitung, sondern alle Zuwiderhandlungen gegen Straßenverkehrsvorschriften – also etwa auch Falschparken oder Ampelverstöße. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine Geldstrafe handelt.

Die verhängte Forderung muss 70 Euro beziehungsweise 80 Franken übersteigen. Dann kommt es zu einem Vollstreckungshilfeersuchen.

Was passiert, wenn ich mich weigere, zu zahlen?

Zuständig für die Vollstreckung in Deutschland ist das Bundesamt für Justiz mit Sitz in Bonn. Es wird sich sowohl um ein- als auch ausgehende Ersuchen kümmern, teilt eine Sprecherin auf SÜDKURIER-Anfrage mit. Wird also ein deutscher Fahrzeughalter in der Schweiz geblitzt, wendet sich die Schweizer Behörde an das deutsche Bundesamt.

Der Betroffene wird angehört und kann die Strafe innerhalb einer Frist bezahlen. Verstreicht diese ohne Zahlung, wird die Vollstreckung bewilligt. Wehrt sich die Person dagegen nicht auf dem Rechtsweg, kann die Strafe dann unter Zwang eingetrieben werden – also etwa per Pfändung von Geld oder Gegenständen durch den Gerichtsvollzieher. Selbst eine Erzwingungshaft ist nach Angaben des Bundes möglich.

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Wer erhält die Gelder?

Die Erlöse verbleiben in dem Staat, der die Vollstreckung übernommen hat. Wer in der Schweiz geblitzt wird, dessen Bußgeld verbleibt demnach in der Deutschland. Das vollstreckte Geld fließt in die Bundeskasse.

Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, fließt der Erlös in die Kasse des Landes, in dem das zuständige Amtsgericht seinen Sitz hat. Das sagt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Justiz auf SÜDKURIER-Nachfrage.

Umgekehrt bedeutet das: Werden Schweizer etwa in Konstanz geblitzt und zu mehr als 70 Euro Strafe verpflichtet, treibt die Schweiz diese ein – und behält dann auch selbst das Geld.

Wie viel Geld wird der Vertrag einbringen?

Darüber gibt es keine Schätzungen. Eine Sprecherin des Bundesamts für Justiz sagt, man gehe von 3000 schweizerischen Ersuchen in Deutschland im ersten Jahr aus, in den Folgejahren könnten es 5000 Ersuchen werden.

Umgekehrt erwartet die Schweiz 1500 deutsche Ersuchen im ersten Jahr, in den Folgejahren bis zu 6000. Tendenziell könnte es für Deutschland ein gutes Geschäft sein – immerhin sind die Strafen in der Schweiz höher.

Kann ich durch einen Verstoß in der Schweiz Punkte in Flensburg bekommen?

Das Kraftfahrtbundesamt in Deutschland und das schweizerische Bundesamt für Straßen kooperieren laut Polizeivertrag ebenfalls. Sie tauschen Halter- und Fahrzeugdaten aus. Eintragungen im Fahreignungsregister sind jedoch auf das deutsche Staatsgebiet begrenzt. Verkehrsverstöße in der Schweiz führen demnach nicht zu Punkten in Flensburg.

Es ist keinem der Länder möglich, einen ausländischen Führerschein zu entziehen. Jedoch kann der Gebrauch der Fahrerlaubnis im Land des Verstoßes untersagt werden.

Bricht ein Schweizer also in Deutschland massiv die Verkehrsregeln, kann er zwar nicht den Führerschein komplett verlieren – ein Fahrverbot in Deutschland droht ihm aber schon.

Erhalten Schweizer bei Verstößen in Deutschland Punkte in Flensburg?

Ja: Verstößt ein Schweizer Fahrer in Deutschland gegen die Straßenverkehrsordnung, erhält er Punkte im Fahreignungsregister. Das kann zu einem Fahrverbot in Deutschland führen. Die Daten können auch in die Schweiz übertragen werden.