Schweizer Verkehrssünder könnten in Deutschland künftig konsequenter zur Kasse gebeten werden. So sieht es jedenfalls das Umsetzungsgesetz des neuen Polizeivertrags der Bundesrepublik mit den Eidgenossen vor. Umgekehrt bedeutet das: Auch die Verstöße Deutscher in der Schweiz dürften intensiver vollstreckt werden.
In der Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage des Stuttgarter Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Grüne) heißt es dazu, mit dem Vertrag werde die Vollstreckung von Strafen mit der Schweiz vereinfacht und an die Praxis in der EU angeglichen.
Vom Falschparken bis zum illegalen Straßenrennen
Das bedeutet: Künftig soll das Bundesamt für Justiz (BFJ) die grenzüberschreitenden Geldstrafen vollstrecken, um die Polizei- und Bußgeldbehörden von dieser Aufgabe zu entlasten. Bislang wurden die Strafen für Schweizer nach Vergehen in Deutschland oft nicht vollstreckt, weil der Aufwand für die deutschen Behörden zu groß gewesen wäre.
Laut dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll dabei keine Rolle spielen, ob es sich um Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten handelt – Falschparken wäre davon also genauso erfasst wie ein illegales Straßenrennen. Das BFJ soll für die Aufgabe zusätzliche Geldmittel bekommen.
Auch bislang waren die Behörden nicht hilflos
Ganz hilflos im Umgang mit grenzüberschreitenden Rasern sind die Behörden allerdings auch vor dieser Novelle nicht: Verstößt ein Schweizer im Ausland gegen die Regeln, kann er nach den Gesetzen seiner Heimat bestraft werden, wenn zum Beispiel ein deutsches Gericht oder eine Führerscheinstelle das Vergehen an die Kollegen in der Schweiz meldet.
Für die Polizei allerdings war die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsvergehen nach eigenen Angaben zu aufwendig. Zwar habe man in schwerwiegenden Fällen die Meldung an Schweizer Behörden getestet, hieß es Ende Juni auf SÜDKURIER-Nachfrage von der Polizei. Der Aufwand sei aber sehr groß gewesen und die Erfolgsaussichten gering.
Deutsche behalten Schweizer Bußgelder
Auch den Schweizer Behörden fehlten bisher in vielen Fällen die Mittel, Bußgelder von Fahrern aus Deutschland einzutreiben. Wer von der künftigen Lösung mehr profitieren wird, ist schwer zu vorherzusagen. Die Erlöse der Bußgelder würden im Regelfall allerdings im eintreibenden Land verbleiben – die hohen Schweizer Strafen gegen deutsche Autofahrer also in die deutsche Bundeskasse fließen.
In ihrem Gesetzentwurf geht die Bundesregierung nun von jährlich 5000 eingehenden und 6000 ausgehenden Vollstreckungsersuchen im Verkehrsbereich aus – also 6000 Vergehen von Schweizer Verkehrsteilnehmern, die belangt werden sollen.
Für die einjährige Startphase sind die prognostizierten Zahlen etwas niedriger. Der neue Polizeivertrag soll ab 1. Januar 2024 in Kraft treten, bis dahin sollte auch dieser Entwurf das parlamentarische Verfahren durchlaufen haben.
Illegale Autorennen auf der A81 im Hegau
Hintergrund von Gastels Anfrage war die Berichterstattung des SÜDKURIER über gefährliche Autorennen auf der Autobahn A81 im Hegau, bei denen hochmotorisierte Fahrzeuge mit Schweizer Kennzeichen beteiligt waren. Allein im Mai war es zu zwei Rennen gekommen, einmal mit zehn Fahrzeugen – alle mit Schweizer Zulassung.
Das Bundesverkehrsministerium verweist in diesem Kontext auf den seit 2017 geltenden Straftatbestand „unerlaubter Kraftfahrzeugrennen“, der mit bis zu fünf Jahren Gefängnis strafbewährt ist; im Falle gesundheitlich geschädigter Menschen gar mit bis zu zehn Jahren.
„Kein Rabatt für Verkehrsgefährdung“
Gastel begrüßt die Pläne der Regierung, Geldbußen gegen die Schweizer Nachbarn künftig konsequenter zu vollstrecken: „Sicherheit hat Vorrang. Für massive Verkehrsgefährdungen, wie sie mit illegalen Autorennen riskiert werden, kann und darf es kein Rabatt geben. Daher ist es an der Zeit, dass endlich gegen rücksichtslose Raserei und Gefährdungen Unbeteiligter durchgegriffen wird.“
Es sei gut, dass der Bund „diesen wichtigen Beitrag für mehr Verkehrssicherheit und damit Menschenleben leistet.“