Es ist selten, dass ein Flugzeug auf Reisen geht, bevor es überhaupt fertiggestellt wurde. Beim 1:1-Nachbau des legendären Dornier-Flugschiffs Do X wird es allerdings so sein. Der Verein Freundes- und Förderkreis Do X wird in dieser Woche die ersten Segmente des Do-X-Vorschiffs auf einem Lkw von Hildesheim zurück an den Bodensee zum Flughafen Altenrhein bringen. An den Entstehungsort der historischen Vorgängerin, die Ende der 20er-Jahre in der Schweiz montiert wurde.

Acht Meter langer Alu-Träger

„Am kommenden Samstag werden die Techniker unseres Vereins die Alu- Teile des Vorschiffs in Altenrhein dann wieder zusammenbauen“, sagt Peter Kielhorn, der Vorsitzende. Allzu lange beschäftigt werden sie nicht sein. Denn bisher existieren nur der Spant 44, der das Vorschiff vom restlichen Rumpf trennt und der Mittellängsträger, der immerhin zwei Meter hoch und acht Meter lang ist. Für den Bau weiterer Segmente ist die Kasse des Vereins noch nicht gut genug gefüllt.

Der Ingenieur und Informatiker Peter Kielhorn zeigt eine Konstruktions-Ansicht des Flugbootes Do X, während Studenten am Bildschirm an ...
Der Ingenieur und Informatiker Peter Kielhorn zeigt eine Konstruktions-Ansicht des Flugbootes Do X, während Studenten am Bildschirm an Nachbau-Projekt arbeiten. Ein Bild aus dem Jahr 2019. | Bild: dpa

Doch das könnte sich ändern. Wie Kielhorn dem SÜDKURIER berichtet, kann sich sein Verein – der das Flugschiff bis zum 100-Jahr-Jubiläum des Erstflugs 1929 vollständig nachbauen will – über eine großzügige Schweizer Unterstützung freuen. Im Frühjahr wurde der Do-X-Verein Altenrhein gegründet, den Kielhorn einen „Partnerverein“ nennt und dessen Vizevorsitzender er gleichzeitig ist.

Die neue Werkstatt in Altenrhein

Die ersten Früchte der neuen deutsch-schweizerischen Zusammenarbeit können die Dornier-Idealisten jetzt ernten. In Altenrhein wird für die Rekonstruktion des Vorschiffs eine Fläche von rund 100 Quadratmetern in einer Werkhalle zur Verfügung gestellt, die auch über die benötigte Mindesthöhe für die Riesenvogel-Replika verfügt, nämlich sechseinhalb Meter.

Die nicht gerade niedrige Miete wird mithilfe des Fliegermuseums Altenrhein aufgebracht. Das ist im Besitz einer Genossenschaft, die den Dornier-Nachbauern den Stellplatz vermieten kann.

Am PC ist die Do X bereits komplett rekonstruiert. Hier eine Ansicht des Vorschiffs, das in einer Werkhalle am Flugplatz Altenrhein ...
Am PC ist die Do X bereits komplett rekonstruiert. Hier eine Ansicht des Vorschiffs, das in einer Werkhalle am Flugplatz Altenrhein gebaut werden soll. | Bild: Peter Kielhorn

Damit endet das rund ein Jahr dauernde Zwangsexil des Do-X-Vereins am Flugplatz von Hildesheim. Dort hatte der Mäzen und Luftfahrt-Enthusiast Thomas Schüttoff den Männern vom Bodensee eine Stellfläche überlassen, nachdem sich in Friedrichshafen und Umgebung niemand in der Lage sah, dem Nachbau eine Heimat zu gewähren – auch das Dornier-Museum nicht.

In Niedersachsen wurden Spant 44 und der Mittellängsträger auf einer Helling montiert und ein Kabinenboden aufgelegt. „Nur verschraubt, nicht vernietet“, wie Peter Kielhorn ergänzt. Wichtig, denn so lässt sich die Konstruktion einfach zerlegen und an den Bodensee transportieren.

Das Alu-Skelett des Vorschiffs der Do X in einer Darstellung. Ganz links der Spant 44, rot markiert der Mittellängsträger. Der ebenfalls ...
Das Alu-Skelett des Vorschiffs der Do X in einer Darstellung. Ganz links der Spant 44, rot markiert der Mittellängsträger. Der ebenfalls rot markierte Spant rechts ist noch nicht montiert. | Bild: Freundeskreis Do-X

Peter Kielhorn ist die Freude über die Heimkehr der Alu-Replika am Telefon deutlich anzumerken. „Nun machen wir mit dem Projekt da weiter, wo es wirklich hingehört!“ Dornier hatte den Bau des damals größten Flugzeugs der Welt in eine große, eigens dafür errichtete Flugwerft in Altenrhein ausgelagert. Die drei fertiggestellten Originale der Do X gingen während des Zweiten Weltkriegs allesamt verloren.

Dennoch wird sich der Nachbau nicht nur wegen des benötigten Kapitals nur in kleinen Schritten vollziehen können, denn die der gesamte zwölfmotorige Bodensee-Veteran mit einer Länge von 40 Metern und einer Spannweite von fast 50 Metern braucht Platz. Der reicht in der neuen Halle nur für das Vorschiff, „das wir relativ einfach und dann auch begehbar bauen können“, sagt Peter Kielhorn. Irgendwann wird man also auf eine große Werft ausweichen müssen.

Historische Halle wird von Schienenfahrzeug-Spezialist genutzt

Diese indes wäre in Altenrhein theoretisch verfügbar – in Form der denkmalgeschützten Halle, in der die Do X vor 100 Jahren entstand. Allerdings wird sie zurzeit vom Bussnanger Schienenfahrzeug-Hersteller Stadler Rail genutzt. Angeblich wird in den Rathäusern von Altenrhein, Rorschach und Thal bereits darüber nachgedacht, für Stadler eine Alternative zu suchen und den Nachbau des Flugschiffs am historischen Ort zu ermöglichen. Man hofft auf einen Schub für den Tourismus.

Das legendäre Flugschiff Do X während des Baus in der Dornier-Flugwerft Altenrhein im Jahr 1928. Die Vision eines Nachbaus am ...
Das legendäre Flugschiff Do X während des Baus in der Dornier-Flugwerft Altenrhein im Jahr 1928. Die Vision eines Nachbaus am historischen Ort wollen die Dornier-Enthusiasten wahrmachen. | Bild: Airbus Corporate Heritage

Den Do-X-Freunden geht trotz knappen Geldes die Arbeitsfreude nicht aus. Die Instrumentierung des historischen Cockpits des Fluggiganten ist inzwischen abgeschlossen. Wer künftig als Besucher in das Vorschiff kommt, wird sie sehen können. „Wir werden alles zugänglich machen“, sagt Initiator und Replika-Pionier Peter Kielhorn.

Bis Besucher das originalgetreu nachgebaute Oberdeck der Do X besichtigen können, ist es aber noch ein langer Weg. Immerhin wird man die Cockpit-Instrumente demnächst bei der Luftfahrtmesse Aero in Friedrichshafen sehen können (17. bis 20. April). Der Freundes- und Förderkreis Do X ist in Halle B4 am Stand B4-604 zu finden.