Kaum ein Schiffswrack hat die Menschen rund um den Bodensee so beschäftigt wie die „Säntis“ im vergangenen Jahr. Zwei Versuche sind gescheitert, den vor über 90 Jahren versenkten Dampfer zu bergen. Immer dabei ist Silvan Paganini, der Initiator hinter der Aktion. Jetzt hat er ein neues Projekt ins Auge gefasst.
Noch im Januar plant der Schiffsbergeverein, ein Flugzeugwrack aus den Tiefen des Sees zu holen. Vor fast 68 Jahren stürzte das Swissair-Flugzeug in den Bodensee.
Am Dienstag, 18. Juni 1957, geriet die Maschine vom Typ DC-3 zwischen Arbon und Romanshorn plötzlich ins Trudeln und in einen Sturzflug über. Wenig später schlug sie auf der Wasseroberfläche auf und versank innerhalb kürzester Zeit. Alle neun Insassen kamen dabei ums Leben.
Überreste könnten offene Fragen klären
Der Großteil der Maschine wurde kurz nach dem Absturz geborgen, wie Silvan Paganini erklärt. Doch noch heute liegen Teile des Wracks, etwa der linke Motor des Fliegers, in Tiefen von über 200 Metern in der Nähe der „Säntis“. Das soll sich bald ändern. Denn der Motor könnte knapp 70 Jahre nach dem Absturz offene Fragen zum Unfallhergang beantworten.

Der Flug war damals Teil einer Flugübung von Swissair, erzählt Paganini. Es wird vermutet, dass damals das Fliegen mit nur einem Motor trainiert wurde. Drei der neun Passagiere sollen Techniker gewesen sein, die für Messungen an Bord waren.
Eine der offenen Fragen im Unfallbericht sei zum Beispiel, warum ein Techniker auf dem Platz neben dem Piloten saß. Außerdem ist unklar, warum das Fahrwerk während des Flugs ausgefahren war. „Das ist in dieser Höhe eher untypisch“, sagt Silvan Paganini.

Der versunkene linke Motor der Maschine könnte darauf Antworten liefern, vorausgesetzt er übersteht die Bergung ohne Schäden. Das sei laut Paganini nicht so einfach. „Beim Absturz wurden die Halterungen losgerissen“, erklärt er.
„Wir können da nicht rabiat vorgehen und ihn wie einen Zahn mit einer Zange rausziehen.“ In diesem Fall kommt ein Tauchroboter des Vereins zum Einsatz, der mit seinen Greifarmen den rund 540 Kilogramm schweren Motor vorsichtig fassen soll.
Quagga-Muscheln bedrohen das Wrack
„Wichtig ist, dass nichts kaputtgeht“, sagt Silvan Paganini. Denn zum einen soll der Motor nach der Bergung für den Unfallhergang untersucht werden. Zum anderen planen Paganini und sein Verein, ein Denkmal an die neun Opfer in einem Museum auszustellen. „Wir sind gerade in Gesprächen mit Museen, die unter anderem auch Langzeitausstellungen planen“, sagt er. Sobald das geklärt sei, könne es losgehen.

Denn gleichzeitig ist die Bergung der Maschine ein Wettlauf gegen die Zeit. Bei der Absturzstelle eines B-17-Bombers vor Romanshorn machte eine dichte Schicht der invasiven Quagga-Muscheln jegliche Funde unmöglich. Deshalb will Paganini die Überreste der DC-3 sichern, bevor auch diese überwuchert werden.

Technisch ist der Verein bereits mit allem ausgerüstet. „Wir könnten heute rausfahren und es hochholen“, sagt Silvan Paganini. Das sei auch einer der Gründe, warum das Projekt überhaupt umgesetzt wird. Die Bergung der DC-3 verursache keine großen Unkosten, lediglich der Treibstoff für das Schiff und eventuell eine Bewilligung des Umweltamts koste etwas.
Auch die rechtlichen Voraussetzungen seien dafür bereits geklärt. Der Besitzer, der Liquidator der ehemaligen Swissair, erhebt keinen Anspruch auf das Wrack. „Ohne die Einwilligung wäre eine Bergung gar nicht möglich“, so Paganini.
Der Schiffsbergeverein gibt nicht auf
Anders als bei der Bergung der „Säntis“ sind die technischen und finanziellen Hürden für dieses Projekt deutlich geringer. „Das ist eine ganz andere Hausnummer“, sagt der Initiator. Der dritte Versuch, das Dampfschiff zu bergen, rücke dadurch auch nicht in den Hintergrund. „Unser Fokus liegt auf der Säntis“, sagt Paganini.
Noch bis Ende des Monats läuft die Spendenaktion des Vereins, um den dritten Bergungsversuch und vor allem die Konservierung danach zu finanzieren. Momentan sind rund 118.000 Franken zusammengekommen, das Ziel ist aber eine Million. Silvan Paganini gibt sich dennoch hoffnungsvoll, was das Crowdfunding angeht. „Beim letzten Mal haben wir unser Ziel auch noch am letzten Tag erreicht.“