Immer mehr Schweizer Gemeinden bieten am Nationalfeiertag, dem 1. August, kein offizielles Feuerwerk mehr an. Dabei gibt es in diesem Jahr zum 175. Geburtstag der Schweiz im Kanton Thurgau kein Verbot, Pyrotechnik zu zünden – anders als 2022, als die Knallerei wegen des trockenen Sommers und der Waldbrandgefahr nicht erlaubt war. Dennoch tendieren viele Gemeinden aus unterschiedlichen Gründen zu Feuerwerk-Alternativen.
Bunte Gondeln auf dem Seerhein vor Gottlieben
In Gottlieben gab es laut Ursula Gerster, Gemeinderätin für Soziales, Kultur und Tourismus, zuletzt 2019 ein Feuerwerk am Nationalfeiertag. „Bis auf Weiteres werden wir bewusst darauf verzichten“, sagt Gerster dem SÜDKURIER. Und warum? „Da wir in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund der Corona-Pandemie kein Feuerwerk machen durften, kamen wir aus der Routine“, begründet sie augenzwinkernd.
Im vergangenen Jahr habe Gottlieben aus Umwelt- und Tierschutzgründen beschlossen, auf die Knallerei zu verzichten. „Stattdessen schaffen wir ein gemütliches Ambiente mit Feuerschalen direkt am See und mit unserem traditionellen Gondelcorso, der bei Sonnenuntergang beginnt. Die Feier 2022 war wunderbar und sehr stimmig.“

Deshalb soll an diesem Konzept festgehalten werden. „Übrigens ist immer ein Boot aus Konstanz beim Gondelcorso dabei, das mit der Beleuchtung seiner vielen Paddel begeistert“, sagt Gerster. Der Gondelcorso startet am Dienstag, 1. August, um 22 Uhr auf dem Seerhein vor der Promenade von Gottlieben.
Auch Privatleute dürfen in Gottlieben nicht überall Raketen in die Luft schießen: Am See, wo die Feier stattfindet, ist Feuerwerk verboten. „Wer gerne etwas abfeuern möchte, kann dies an einem geeigneten Ort tun. Wir hatten bisher keine Probleme damit“, sagt die Gemeinderätin.

Kreuzlingen verzichtet auf großes Feuerwerk
Kreuzlingen bietet ebenfalls keine von der Stadt organisierte Knallerei an. „Wir haben ja ein großes Feuerwerk am Seenachtfest wenige Tage später“, sagt Pressesprecherin Caroline Leuch. Da die Bundesfeier am Nationalfeiertag in diesem Jahr mitten in der Stadt auf dem Kreuzlinger Boulevard stattfindet, sei auch das private Abfeuern von Raketen dort viel zu gefährlich, so Leuch. „Wir haben dafür einen Lampionumzug ab 21 Uhr. Es ist sehr stimmungsvoll, wenn die Kinder mit den Lampions ihre Runde drehen.“
Marc Hungerbühler, Leiter Sicherheit und Häfen in Kreuzlingen, ergänzt: Grundsätzlich dürfen Privatpersonen auch in der Konstanzer Nachbarstadt Raketen in den Nachthimmel steigen lassen. Die Nachtruhe, die ansonsten zwischen 22 und 6 Uhr gilt, werde an speziellen Feiertagen wie dem Schweizer Nationalfeiertag und an Neujahr „lockerer gehandhabt“.
Tägerwilen ruft Bürger zur Zurückhaltung auf
Die Gemeinde Tägerwilen hat auch kein offizielles Feuerwerk – und appelliert an die Vernunft der Bürger. Dazu gestaltete die Gemeinde einen Flyer mit folgender Botschaft: „Nach dem stundenlangen und unsäglichen Feuerwerkexzess in der letzten Silvesternacht ruft der Gemeinderat alle Feuerwerkenden zur Zurückhaltung auf. Ziel: Balance finden zwischen der Freude am Feuerwerk und der unnötigen Belastung von Mitmenschen und Tieren durch übermäßigen Lärm und Rauch.“
Gemeindepräsident Markus Ellenbroek erläutert, was das Problem war: „Zusätzlich zur in den letzten Jahren ohnehin zunehmenden Knallerei zum Jahreswechsel hat eine Gruppe von Privatpersonen an Silvester auf dem Primarschulgelände ein mehrstündiges, mit außerordentlichen Immissionen verbundenes Dauerfeuerwerk vom Einbruch der Dunkelheit bis um 1 Uhr veranstaltet.“ Dies habe zahlreiche negative Reaktionen aus der Bevölkerung hervorgerufen – auch wenn viele Schaulustige offenbar Gefallen am bunten Himmel fanden.
In Tägerwilen soll deshalb am Montag, 31. Juli, und Dienstag, 1. August, auf ein Dauerfeuerwerk von mehr als 30 Minuten verzichtet werden. An beiden Tagen sollen die Bürger ab 23 Uhr keine Knallkörper mehr abbrennen. Dies sind allerdings nur Richtlinien.
Ermatingen denkt auch an das Wohl der Haustiere
In Ermatingen wird die Bevölkerung ebenfalls darum gebeten, freiwillig auf Feuerwerk zu verzichten. „Aufgrund der dichten Bebauung, vor allem in den historischen Dorfteilen von Ermatingen und Triboltingen, können Feuerwerkskörper fatale Folgen haben“, steht auf der Website der Gemeinde. „Hinzu kommt, dass viele Haustiere mit Angst und Stress auf Feuerwerk reagieren.“
Renato Locher, Leiter der Ermatinger Gemeindekanzlei, sagt: „Die Bewohner halten sich mehrheitlich an die Empfehlung, vor allem an der oberen und unteren Seestrasse. Brände gab es bisher noch keine.“ Ermatingen bietet ebenfalls eine stimmungsvolle Alternative zum Feuerwerk: Am Dienstag, 1. August, etwa 22 Uhr, beginnt auf der Stedi ein Fackelschwimmen der SLRG (Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft).
Altnau bot am Nationalfeiertag noch nie ein offizielles Feuerwerk an, wie Gemeindeschreiber Remo Dietsche dem SÜDKURIER mitteilt. Privatleute dürfen hier außer im Hafenareal und am Waldrand überall böllern – außer es gibt ein kantonales Verbot wie im vergangenen Jahr wegen der Waldbrandgefahr aufgrund großer Trockenheit. „Wir appellieren an die Eigenverantwortung“, sagt Remo Dietsche.
Romanshorn spricht keine Regeln aus
Der Himmel über Romanshorn wird am Samstag, 5. August, bunt: Dann gibt es ein offizielles Feuerwerk der Stadt im Rahmen des Sommernachtsfests. Dafür verzichtet Romanshorn – wie schon seit einigen Jahren – darauf am Nationalfeiertag, wie Sandro Thaler von der Stabstelle der Stadtkanzlei mitteilt. Privatleute dürfen hier böllern. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden ruft Romanshorn die Bürger auch nicht zur Zurückhaltung auf.
„Auch in Romanshorn war an Silvester ein exzessives Abfeuern zu beobachten“, sagt Sandro Thaler. „Es ist klar, dass sich Personen gegen das Abbrennen von Feuerwerken, gleichgültig aus welchen Gründen, stellen. Es ist uns jedoch nicht bekannt, dass dies bei einer Mehrheit der Bevölkerung vorherrscht. Es wurde bislang kein Verbot gefordert.“
Die Stadt Romanshorn gehe grundsätzlich sehr sorgfältig und zurückhaltend mit Verboten um. „Für viele Personen gehört ein Feuerwerk zu unserem Nationalfeiertag, weshalb dies bislang eine große Akzeptanz bei der Romanshorner Bevölkerung genießt“, sagt Sandro Thaler.