Im August 2019 wird es so weit sein: Das Haus der Fotografin Mia Hesse (1868-1963), geborene Bernoulli, und des Dichters Hermann Hesse (1877-1962) in Gaienhofen wird umbenannt. Aus dem bisherigen Hermann-Hesse-Haus Gaienhofen wird das Mia-und-Hermann-Hesse-Haus Gaienhofen.
Ein kleiner, aber feiner Unterschied, wie die jetzige Besitzerin Eva Eberwein erklärt: „Es geht darum, die Leistung dieser Frau zu würdigen. Sie hat ihm das Fundament gegeben. Sie hat ihm den Rücken freigehalten. Sie hat ein schönes Haus gebaut und weitgehend bezahlt.“
Sie habe sämtliche Details geplant, Hesse weilte während der Bauzeit länger im Tessin, und von ihrer Seite kam der notwendige Kredit für den Bau. Nicht zu vergessen: Es war die Mia genannte Maria Bernoulli, die 1904 das Bauernhaus gefunden und den Mietvertrag abgeschlossen hatte.
Der Schweizer Architekt Hans Hindermann, den Mia Hesse für die Planung engagiert hat, war mit der Basler Familie Bernoulli verwandt. Er setzte 1907 die Ideen des Paares um, das ganz im Reformstil bauen wollte: Licht und Luft sollten im Haus herrschen.

Der Erker zum Garten wurde eingeplant, damit die Fotografin, die vor der Heirat gemeinsam mit ihrer Schwester Tuccia ein Atelier in Basel betrieben hatte, dort ein Atelier hätte einrichten können. Im Keller war eine Dunkelkammer.
2004 war über Mia Hesse, die erste Frau des Dichters und Mutter seiner drei Söhne, kaum etwas bekannt. Über Hesses dritte Frau Ninon gab es längst ein Buch, der Briefwechsel mit seiner zweiten Frau Ruth erschien 2005. Doch Mia? Wer war sie?
Eva Eberwein gründete 2005 eine Forschungsgruppe, die bis 2011 arbeitete. Quellen waren rund 600 erhaltene Briefe von Mia Hesse an ihren Mann – sie waren von 1904 bis 1923 verheiratet. In Kombination mit Tagebucheinträgen Hesses und Interviews mit Familienmitgliedern ließ sich ihr Leben rekonstruieren.
Im Forschungskreis arbeiteten unter anderem eine Großnichte von Mia, eine Psychoanalytikerin sowie die Historikerin Anne Overlack aus Moos.
Nach zwei Publikationen des Fördervereins Hermann-Hesse-Haus, einer Ausstellung zur Fotografin 2013 und zahllosen Führungen auf den Spuren der ersten Besitzerin soll nun der Name geändert werden. Eine Büste von Mia wurde geschaffen, eine szenische Lesung erarbeitet. Damit ihre Leistung auch endlich offiziell gewürdigt wird.