Klempner zu werden wie der Vater, statt die Bühnen und Hitparaden zu erobern? Das war für Udo Lindenberg keine Option. Schon als junger Mann wollte er sich nicht beirren lassen und lieber sein Ding durchziehen. Und das hat er tatsächlich konsequent getan: In seinem Fall bedeutete das nicht mehr und nicht weniger, als in den frühen 70ern erstmals mit Rock in deutscher Sprache die einheimische Musikindustrie auf den Kopf zu stellen.

Über die Jahrzehnte hinweg mit enormen Erfolgen und heftigsten Abstürzen hat der inzwischen 73-jährige Musiker, Autor und Maler von Likörellen so den vielleicht markantesten Charakter der deutschen Musikszene entwickelt – mit Hut, Sonnenbrille, seiner ganz eigenen Nuschel-Version der deutschen Sprache und klaren politischen Worten.

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Das Motto, sein Ding zu machen, hat er bereits in vielen Songs und nicht zuletzt wortwörtlich im Hit „Mein Ding“ beschworen. Jetzt greift es auch Hermine Huntgeburths „Lindenberg! Mach dein Ding“ im Titel auf.

Der echte Lindenberg hat darin lediglich einen kurzen, aber sehr schönen Auftritt, als er den für den Film geschriebenen Song „Niemals dran gezweifelt“ singt. Seine großen Hits wie „Horizont“ oder „Sonderzug nach Pankow“ werden hier allerdings nicht eingespielt. Ja, man kann „Lindenberg! Mach dein Ding“ nicht einmal als Musikfilm bezeichnen.

Jan Bülow als Udo Lindenberg im Film „Lindenberg! Mach dein Ding“.
Jan Bülow als Udo Lindenberg im Film „Lindenberg! Mach dein Ding“. | Bild: Gordon Timpen / DCM / dpa

Vielmehr handelt es sich um eine Filmbiografie, die sich auf die frühen Jahre konzentriert und auch die wenigen Songs stammen aus der Anfangsphase: Der Film blickt zurück zur Kindheit und Jugend in der Kleinstadt Gronau, aus deren provinzieller Enge sich der junge Udo schnell befreit. Es zieht ihn in nach Hamburg, wo er sich durchkämpft bis zum kommerziellen Durchbruch mit dem Album „Alles klar auf der Andrea Doria“.

Zu den schönsten Anekdoten dieses Rückblicks gehören dabei Udos Frauengeschichten: die Episode in die geteilte Stadt zum Mädchen aus Ost-Berlin genauso wie das Mädchen im Freibad, das ihn zu einem seiner berühmtesten Lieder inspirierte. Der Weg zum Erfolg allerdings ist holprig. Wiederholt thematisiert der Film die Rückschläge: durch Suff, Exzess, Band-Zerwürfnisse, schlechte Verkaufszahlen.

Jan Bülow (Mitto) als Udo Lindenberg und Max von der Groeben (rechts) als Steffi Stephan.
Jan Bülow (Mitto) als Udo Lindenberg und Max von der Groeben (rechts) als Steffi Stephan. | Bild: Gordon Timpen / DCM / dpa

Immer wieder geht es um die fehlende Anerkennung des alkoholkranken Vaters Gustav (Charly Hübner), der nicht an die Karriere seines Sohns glaubt. Einmal nimmt Udo einen Auftrag als Schlagzeuger bei der US-Armee in Libyen an und wird in Tripolis von den Soldaten von der Bühne gepfiffen, als er die Chance bekommt, selber ein Lied vor Publikum zu singen – und irrt danach betrunken durch die Wüste.

Mit viel Gefühl für Atmosphäre und Detailfreudigkeit in der Ausstattung inszeniert Regisseurin Huntgeburth die damalige Zeit. Vor allem ihre Version der wilden 70er auf St. Pauli mit Zuhältern, Strip-Clubs und heruntergekommenen Kneipen ist angemessen rau und räudig.

Dazu kommt ein spielfreudiges Ensemble, zu dem Detlev Buck als exzentrischer Musikproduzent genauso gehört wie Julia Jentsch als Udos Mutter Hermine und Max von der Groeben als Bassist Steffi Stephan.

Schauspieler Max von der Groeben (links) und Musiker Steffi Stephan (rechts), den er im Film spielt.
Schauspieler Max von der Groeben (links) und Musiker Steffi Stephan (rechts), den er im Film spielt. | Bild: Christian Charisius / dpa

Entscheidend ist allerdings der 23-jährige Hauptdarsteller Jan Bülow, der in seiner ersten Kino-Hauptrolle eine in mehrfacher Hinsicht treffende Besetzung ist. Nicht nur, dass er dem jungen Lindenberg erstaunlich ähnlich sieht und die Songs selber singt.

Er findet in seinem Spiel auch die nötigen Zwischentöne, die den Charakter aus dem Klischee des ambitionierten Musikers heraushebt. Sein Lindenberg ist lustvoll exzessiv, furchtlos, großspurig, manchmal zweifelnd und hat dabei immer diese Getriebenheit, die ihn ans Ziel bringt. Denn trotz aller Widerstände verlief das Leben nach Kino-Dramaturgie: Lindenberg kommt zum Finale groß raus.