Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – heute ist der Popmusiker Florian Sump an der Reihe.
Möchten Sie das absolute Gedächtnis?
Wenn das zeitgleich auch bedeutet, dass an jede einzelne Erinnerung auch Gedanken gebunden sind, die ich dann jedes Mal denken muss – nein danke. Ich hab oft schon genug zu tun mit den paar Gedanken, die mein völlig unabsolutes Gehirn an seine Erinnerungen koppelt.
Wie viel Geld möchten Sie besitzen?
Viel lieber würde ich es ausgeben, statt es zu besitzen. Generell bin ich aber sehr dankbar für meinen aktuellen Verdienst, mit dem ich meine Familie ernähren und unsere Miete zahlen kann. Wenn Geld zur Sorge wird und man jeden Tag nur daran denkt, wie der nächste Monat zu schaffen sein soll, ist das nicht gut. Ich spreche da aus Erfahrung, hab fast zehn Jahre so gelebt und freu mich heute immer noch über jeden Tag, an dem ich mir andere Gedanken machen darf.
Was tun Sie für Geld nicht?
Auf Zeit mit meiner Familie oder engen Freunden verzichten.
Was gefällt Ihnen am Neuen Testament?
Ich bin aus der Kirche ausgetreten. Bitte nageln Sie mich auf die Gründe nicht fest.
Was könnten Sie sich nicht verzeihen?
Anderen zu verzeihen, fällt mir überhaupt nicht schwer. Bei mir selbst ist es da ein bisschen anders. Manchmal fällt mir irgendein Mist ein den ich vor zehn Jahren gesagt oder gemacht hab und peitscht mir schlagartig Scham durch den ganzen Körper.
Welche Staatsmänner halten Sie für moralisch?
Kenne keinen persönlich, von dem ich das behaupten könnte.
Braucht die Moral eine Polizei oder umgekehrt?
Schon wieder die Moral? Ist ein schwieriges Thema. Generell werde ich skeptisch, wenn sich Menschen überzeugt als moralisch bezeichnen. Egal welche Berufsgruppe, ich find‘s verdächtig und würd lieber nicht mit denen rumhängen.
Tun Ihnen die Frauen leid?
Mitleid? Das will doch keiner haben. Wäre auch irgendwie von oben herab. Was ich gut fände: Gleiche Bezahlung.
Was bezeichnen Sie als männlich?
Mich.
Können Sie sich eine Frauenwelt vorstellen?
In der lebe ich doch.
Wissen Sie in der Regel, was Sie hoffen?
Ja, das weiß ich sehr genau.
Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?
Die Hoffnung auf einen „Alles ist gut“-Zustand. Ich such mir lieber die kleinen aber trotzdem mächtigen Glücks-Mosaiksteinchen und bau sie mir sehr sichtbar in die Welt.
Können Sie ohne Hoffnung denken?
Hab ich noch nie ausprobiert und scheint mir nicht erstrebenswert.
Hoffen Sie auf ein Jenseits?
Eine Psilocybinhaltige Reise hat mir jedenfalls einmal sehr eindrücklich gezeigt, dass ich mir keine Sorgen über das „Danach“ machen muss.
Welche Probleme löst eine gute Ehe?
In meinem Fall das Problem der fehlenden Struktur und der mangelhaften Organisation. Zusätzlich ist sie fürs passende Herz ganz gut und hat meine vorherige Rastlosigkeit beendet.
Halten Sie Geheimnislosigkeit für ein Gebot der Ehe oder finden Sie, dass gerade das Geheimnis, das zwei Menschen voreinander haben, sie verbindet?
Ob Geheimnisse verbinden können, ich nicht sagen. Ich weiß aber, dass jeder Mensch Geheimnisse hat und dass ich gut darin beraten bin, diesen Umstand zu akzeptieren und nicht auf die dumme Idee zu kommen, „alles erzählen zu können“.
Was ertragen Sie nur mit Humor?
Gerne alles.
Verändert im Alter sich der Humor?
Meiner versucht, zynischer zu werden. Ich lass ihn aber nicht. Er gehört mir und ich bestehe darauf, dass ich sein Chef bleibe.
Kennen Sie Tiere mit Humor?
Schimpansen! Deshalb war mein erster Rappername, unter dem ich Musik veröffentlichte, „Jim Pansen“.
Die Saurier überlebten 250 Millionen Jahre; wie stellen Sie sich ein Wirtschaftswachstum über 250 Millionen Jahre vor? (Stichworte genügen.)
Dafür müsste ich mich überhaupt erstmal für Wirtschaft interessieren oder ein Verständnis dafür haben. Fehlt mir leider komplett.
Können Sie sich eine menschliche Existenz (das heißt: die Erste Welt) überhaupt noch vorstellen ohne Computer?
Schon, nur sehr laaaaaangsaaaaaam und uuuumständlich. Jedenfalls gehöre ich nicht zu den Menschen, die den technischen Fortschritt nicht begrüßen. Leider scheint es nur so zu sein, dass wir tendenziell erstmal sehr viel Mist mit dem ganzen Kram anstellen, bevor wir ihn gut nutzen.
Wann hat die Technologie begonnen, unsere menschliche Existenz nicht mehr zu erleichtern (was ursprünglich der Zweck von Geräten ist), sondern eine außer-menschliche Herrschaft über uns zu errichten und die Natur, die sie sich unterwirft, uns zu entwenden?
Das haben wir alles selbst gemacht, das können wir nicht der Maschine in die nicht vorhandenen Schuhe schieben.
Wenn es Ihnen um die Erfindung eines Gerätes geht, das öffentliche Lügen unmöglich macht: wen können Sie sich als Geldgeber für Ihre kühne Forschung denken?
Ich würde alles tun, um diese Erfindung zu verhindern.
Wie alt möchten Sie werden?
84 und noch alles können.
Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?
Meinen Opa.
Wen hingegen nicht?
Alle anderen.
Haben Sie schon Auswanderung erwogen?
Noch nie, ich bin ein Küstenkind aus dem hohen Norden und werde es immer bleiben.
Wann haben Sie aufgehört zu meinen, dass Sie klüger werden oder meinen Sie‘s noch? Angabe des Alters.
Ich bin 41 und bekomme langsam das Gefühl, nicht mehr dümmer zu werden. Zählt das auch?
Gesetzt den Fall, Sie haben nie einen Menschen umgebracht, wie erklären Sie es sich, dass es dazu nie gekommen ist?
Ich lebe ein privilegiertes Leben, das noch nie von außen bedroht wurde. Das alleine schützt mich.
Was fehlt Ihnen zum Glück?
Nichts, ich habe alles.
Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?
Ich habe Angst davor, eine trauernde Familie zurückzulassen. Abgesehen davon fürchte ich den Tod nicht.