Deutschlands Kultur hat also bald wieder einen neuen Minister, und jetzt sind viele sehr aufgeregt. Denn der Journalist und Medienmanager Wolfram Weimer hat sich bislang zwar in Talkshows als ein Mann mit starker Meinung präsentiert. Dass er aber auch über für dieses Amt hilfreiche Kompetenzen verfügt, darauf deutet bislang wenig hin. Mehrere Künstlergruppen fordern nun seinen Rücktritt vom Antritt, sogar eine Petition ist bereits im Gange.
Unbequeme Zeiten für die Kultur
Nun sind aufgeregte Künstler nicht das schlechteste Zeichen für eine kulturpolitische Personalentscheidung. In einer sich fundamental ändernden Weltlage muss sich auch die Kultur auf unbequeme Zeiten einstellen. Ein durchsetzungsstarker Querkopf mit Mut zu unpopulären Entscheidungen könnte so manche verschleppte Reform anpacken.
Und seine stramm konservative Weltanschauung ließe sich als Vitaminspritze für eine allzu selbstgefällige linke Szene interpretieren. Doch man muss nicht grundsätzlich in Konflikt mit dem Konservatismus stehen, um in der Kandidatur ein kleines, aber gravierendes Problem zu erkennen: Die Kritiker haben Recht.
Kultur ist Ländersache
Das Amt des Staatsministers für Kultur und Medien ist – und darin dürfte die beruhigende Nachricht liegen – mit weit weniger Befugnissen ausgestattet, als der hochtrabende Name es vermuten lässt (die offizielle Bezeichnung „Beauftragter der Bundesregierung“ hört sich auch schon ganz anders an).
Bis in die späten 90er-Jahre hinein gab es einen solchen Posten gar nicht, die deutsche Kulturszene hat auch ohne ihn reüssiert. Kultur ist in Deutschland ohnehin Ländersache, kein Bundespolitiker regiert in unsere Kunsthäuser oder Theaterbühnen hinein.
Mögliche Interessenskonflikte
Und doch war es eine gute Idee des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, auch die Bundesregierung mit kulturpolitischen Angelegenheiten zu betrauen. Es geht dabei um Herausforderungen von überwiegend fachspezifischer Natur, die eher die strukturellen Rahmenbedingungen betreffen statt die Kultur selbst: trockene Materie wie Buchpreisbindung, Filmförderung, Provenienzfragen, Restitution. Gefordert sind Verhandlungsgeschick, juristische Expertise, kulturpolitisches Netzwerken.
Wann konnte man von Weimer für all diese Themen auch nur vages Interesse vernehmen? Allenfalls für den Teilbereich Medien darf man den nötigen Sachverstand annehmen, da gäbe es auch einiges zu tun. Allein: Die Frage nach möglichen Interessenskonflikten drängt sich schon jetzt auf.
Die Meinung zählt, auch wenn sie nichts zur Sache tut
Zu befürchten ist, dass es am Ende trotz allem starke Worte sind, die über mangelnde Substanz hinwegtäuschen sollen. Zu den Nachteilen des Bundesbeauftragten für Kultur gehört nämlich, dass seine Meinung inzwischen selbst dann etwas gilt, wenn sie nichts zur Sache tut.
Mag sein tatsächlicher Einflussbereich auch noch so bescheiden sein: Allein der bloße Anschein von Zuständigkeit für alles Kulturelle bewirkt, dass ein sogenannter Staatsminister zu jedem Theaterskandal und jedem Künstlerdiskurs befragt wird.
Schon einmal gab es einen Konservativen, der in diesem Amt nach heftiger Ablehnung seiner Person am Ende hohe Anerkennung erfuhr. Doch Bernd Neumann, CDU-Urgestein, konnte damals auf eine lange Erfahrung im politischen Geschäft bauen. Weimer wird sich diese erst erarbeiten müssen.