Der Schweizer Schriftsteller Max Frisch (1911-1991, „Homo Faber“) notierte einst Fragen, die auch den klügsten Kopf in Verlegenheit bringen. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp-Verlags, in dem der Fragebogen erschienen ist, lassen wir regelmäßig prominente Persönlichkeiten auf einige der Fragen antworten – heute ist die Philosophin Svenja Flaßpöhler an der Reihe.

Was tun Sie für Geld nicht?

Meine Lebendigkeit opfern. Wenn sie in Gefahr ist, muss ich mein Leben ändern.

Was könnten Sie sich nicht verzeihen?

Wenn ich für mich der wichtigste Mensch wäre.

Welche Staatsmänner halten Sie für moralisch?

Die, die dialektisch denken können, ohne entscheidungsunfähig zu werden.

Tun Ihnen die Frauen leid?

Mir tun Menschen leid, die keine Möglichkeit haben, ein Leben nach ihren Vorstellungen zu führen. Die Gewalt ausgesetzt sind und deren Existenz von der Furcht bestimmt wird. Aber Frauen als solche tun mir nicht leid. Wäre dem so, würde ich sie qua Biologie für lebensunfähig oder benachteiligt halten. Dann wäre ich eine Antifeministin.

„Svenja Flaßpöhler: Sensibel – Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren“, Klett-Cotta 2021; 240 ...
„Svenja Flaßpöhler: Sensibel – Über moderne Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren“, Klett-Cotta 2021; 240 Seiten, 20 Euro. | Bild: Klett-Cotta

Können Sie ohne Hoffnung denken?

Ich nicht. Aber mein Unbewusstes. Manchmal liegt die Rettung in den Träumen.

Was ertragen Sie nur mit Humor?

Humor ist nicht mein Weg, um das Unerträgliche erträglich zu machen. Ich gehöre zu denen, die sich ins Unerträgliche versenken, bis wieder Grund zu spüren ist.

Kennen Sie Tiere mit Humor?

Ja, unseren Cocker Spaniel. Er holt zum Beispiel gerne einen Schleich-Dinosaurier aus dem Zimmer unseres Sohnes, aber nicht, um ihn heimlich zu zerbeißen, sondern um ihn uns zu zeigen mit einem Blick, der sagt: Guckt mal, ich hab was, was ich gar nicht haben darf!

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Wen, der tot ist, möchten Sie wiedersehen?

Meine Oma. Bei ihr war ich oft, schon als Baby, weil meine Mutter ihr Studium nicht anders hätte zu Ende bringen können. Mit meiner Oma verbinde ich: Klackernde Hausschuhe, die ich im Flur höre, während ich noch im Bett liege. Toast mit zerlaufener Butter und Rauchfleisch. Den Ausdruck „ach, Schätzeken“. Mau-Mau am Küchentisch. Und viel Liebe.

Haben Sie schon Auswanderung erwogen?

Ja, als die Aktion „Alles dicht machen“ von nahezu allen Medien in die Tonne getreten wurde, dachte ich: In diesem Land bin ich nicht mehr zuhause.

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Was fehlt Ihnen zum Glück?

Ich präferiere, das Leben von der Fülle her zu denken. Zu sehen, was da ist.

Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?

Nein, habe ich nicht. Vielleicht, weil ich mich erst in der Mitte des Lebens befinde und der Tod noch weit weg ist. Vielleicht aber auch, weil ich ihn mir schon als Mädchen vorgestellt habe. Der Tod ist nicht nur schrecklich, sondern auch das größte Rätsel – und, wenn man wirklich alt und gebrechlich ist und ein volles Leben hatte, ein gutes Ende.