Dass die Sommerferien enden, dokumentiert ein Blick in die Supermarktregale. Hier schmiegen sich reihenweise Schokonikoläuse nebeneinander und wünschen in aluminiumverpackter Beschaulichkeit schon frohe Weihnachten, während manch anderer im Schweiße der Septembersonne noch Vanilleeis aus seiner Waffel züngelt.
Da wundert es keinen, dass wiederum andere – solche nämlich, die der unweigerlich herannahenden Kälte des Winters eh nichts abgewinnen können – lieber in den Vorbereitungen für die nächste Warmwettersaison schwelgen, die frühjährlich das Osterfest ankündigt.
Genau jene sehnen auch herbei, dass pelzmützentragende Schokonikoläuse rasch ihren Nachfolgern weichen, den Schokoosterhasen. Inhaltsstofflich gibt sich das ein um das andere wenig, semantisch und phänotypisch ist der Unterschied aber enorm. Zumal Tiere einen besseren Ruf genießen als alte, weiße Männer.
Als die Löwin doch ein Wildschwein war
Was Animalisches angeht, wäre ohnehin einiges nachzuholen in diesem Kalenderjahr. Auch weil in den Monaten zwischen Juli und September eines gefehlt hat: das Sommerlochtier. Und damit ein Schicksal, das die Pause im Politikbetrieb sinnvoll überlagert hätte.
Illustre Beispiele gibt es viele. Man erinnert sich etwa an die Berliner Löwin, die im vergangenen Sommer die Kleinstadt Kleinmachnow verunsichert hat. Mehr als 30 Stunden suchten hunderte Polizisten nach der Großkatze. Dann die Entwarnung: Es war doch nur ein Wildschwein.
Ähnlich amüsiert hat die Nation 1994 Kaiman Sammy. Sein Besitzer wollte damals eigentlich nur eine Runde um einen Dormagener Baggersee spazieren, da büxt das Reptil aus. Die Suche nach Sammy schafft es bis in die Tagesthemen. Am Ende wird der Kaiman im See gefunden, zwar lebendig, aber unterkühlt. Er landet schließlich im Zoo.
2001 schreckt die Geschichte von Killer-Wels Kuno aus Mönchengladbach viele Hundefreunde auf. Der Fisch soll einen Dackelwelpen vom Ufer eines Weihers ins Wasser gezerrt haben. Ob das tatsächlich so passiert ist, ist unklar.
Was dagegen mit Problembär Bruno 2006 geschah, kann jeder in einem Münchner Museum erleben. Hier steht der österreichische Migrant heute ausgestopft. Der bayerischen Regierung war J11, wie Bruno offiziell hieß, offenbar zu aggressiv im Umgang mit Schafen.

Ein freilich tragisches Ende, das glücklicherweise nicht alle Tiere des Sommers ereilt, die Jahr um Jahr in die Schlagzeilen kriechen. Aber 2024? Nichts. Bisher zumindest. Kein Kaiman, keine Wildschwein-Löwin oder sonstige Belanglosigkeit. In die Ausgestorbenheit sollte man das Sommertier aber nicht gleich schreiben, schon aus Traditionsgründen nicht. Was bleibt also zu tun?
Weil Schokonikoläuse offenkundig wenig Animalisches an sich haben, könnte man darüber nachdenken, das daran doch reichere Ostern kurzfristig nach vorne zu verlegen und mit Weihnachten zu tauschen. Dann wäre nicht nur im altweibersommerlichen Alltag, etwa beim Einkauf, optisch mehr Tierisches gesetzt. Auch Skandal hätte dieser Schritt. Schließlich würde der alte, weiße Mann verdrängt: von einem Häschen. Und wenn nur aus den Supermarktregalen.