Frau Neumann, Karten auf den Tisch: Wie kann ich mit Kunst reich werden?
Ist nicht per se jeder reich, der sich mit originaler Kunst umgeben darf? (lacht) Wem das nicht reicht, der könnte damit beginnen, Kunst als ernsthaftes Anlageobjekt – genauso wie Aktien oder Oldtimer – wahrzunehmen. Gemälde können eine Aktie an der Wand sein. Wie auf dem Wertpapiermarkt gilt aber auch hier: Genaues Hinschauen lohnt sich. Nicht jedes Kunstwerk eignet sich zum Reichwerden.
Wie stehen meine Chancen, einen verschollenen Picasso auf dem Dachboden zu finden?
Ich bin davon überzeugt, dass der Fund eines wertvollen Kunstwerkes auf dem Dachboden oder im Keller theoretisch realistischer ist als ein Lottogewinn. Dass jeder einen Picasso findet, ist unwahrscheinlich, aber es lassen sich adäquate Objekte entdecken. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Wo fängt man als Einsteiger an? Und mit welchen Hürden muss ich rechnen?
Womit Sie einsteigen, hängt ganz klar von Ihrem verfügbaren Budget ab. Der Grafikbereich – also Aquarelle, Serigrafien und Radierungen – eignen sich für Einsteiger im niedrigen Preissegment. Ab 5000 Euro bekommen Sie bereits eine kleine, originale Picasso-Radierung. Wer mehr investieren möchte, der kann auch mit Gemälden von Markus Lüpertz oder Editionen von Gerhard Richter einsteigen. Da sprechen wir dann aber bereits über mehrere Zehntausend Euro pro Kunstwerk. Wichtig ist es, überhaupt irgendwann erst einmal anzufangen. Geld für Kunst auszugeben, fällt vielen Menschen am Anfang schwer.
Habe ich als Normalverdiener überhaupt eine Chance gegen die Konkurrenz im hohen Investmentbereich?
Auf jeden Fall! Das geschieht dann in einem kleineren Rahmen, aber lohnt sich durchaus. Ein befreundeter Sammler kaufte Ende der 1990er-Jahre eine Grafik von Keith Haring für umgerechnet 2000 Euro. Vor kurzer Zeit hat er sie für gut 25.000 versteigern lassen.
Kunst um der Kunst willen oder doch nur ein Investment – ist es nicht schwierig, als Kunstliebhaber mit Kunst zu handeln?
Ein Grund, warum manche Menschen mit Kunst nicht reich werden, liegt darin, dass sie sich von der Kunst, die sie einst gekauft haben, nicht mehr trennen können oder wollen. Die Objekte sind zu Wegbegleitern geworden, und viele Sammler bauen sogar eine Bindung zu den Werken auf. Da fällt das Verkaufen am Ende schwer, auch wenn der Markt gerade in dem Moment eine sehr gute Rendite verspricht.
Der Kunstmarkt ist und bleibt vergleichsweise undurchsichtig. Muss ich Kunst studiert haben, um hier mehr Durchblick zu haben?
Ein definitives Nein. Niemand muss Kunst studiert haben, um mit Kunst reich zu werden. Selbst die meisten Kunsthistoriker und Künstler kennen den monetären Gegenwert eines Stückes nicht. Dafür gibt es Experten, die an der Schnittstelle von Kunst und Geld arbeiten. Wer sich ernsthaft mit dem Thema befassen möchte, dem empfehle ich, einen Auktionskatalog zur Hand zu nehmen. Dort sehen Sie, was aktuell auf dem Markt ist. Der Vorteil dabei: Die Schätzpreise stehen gleich daneben.
Was, wenn ich auf meiner Investition sitzen bleibe?
Im besten Fall haben Sie sich vorher für ein Kunstwerk entschieden, das Ihnen persönlich sehr gut gefällt. Dann bleibt Ihnen im Ernstfall immer noch die emotionale Rendite. Generell gilt: Das Kunstinvestment ist ein Geschäft im Hochrisikobereich. Traumrenditen sind möglich, aber niemand sollte mit seiner Rente spekulieren.
Welche Erfahrung hat Sie dazu veranlasst, Ihr Buch zu schreiben?
Ich darf in meinem Beruf als Kunstberaterin viel reisen und erleben. Wenn ich die eine oder andere Anekdote im Freundeskreis oder bei Vorträgen erzähle, ruft das oft die Reaktion „Das gibt‘s doch gar nicht!“ hervor. Doch, das gibt es – und davon erzähle ich in meinem Buch.
Was war Ihre letzte Investition?
Ich kaufe unter anderem gerne Kunst von jungen, aufstrebenden Künstlern. Das sind sogenannte young emerging artists, deren bisheriger Werdegang vielversprechend ist. Eine Neon-Installation von Jan Kuck sowie vier Leinwände von Anna Leonhardt hängen bei mir.
Generell erwerbe ich auch unterbewertete Kunstwerke, die ich in der Tat bei eBay-Kleinanzeigen oder in Antik-Läden finde. Dort warten zum Teil richtige Kunstschätzchen, deren wahren Wert viele nicht erkennen. Bei eBay-Kleinanzeigen habe ich unlängst ein Papier des Künstlers Josef Albers für 60 Euro gekauft. Der reale Wert liegt bei etwa 500 Euro. Der Anbieter hat es als „Bild aus den 70er-Jahren“ angeboten. Das verwundert nicht, denn zu sehen sind Farbquadrate, in Orange und Gelb kombiniert.