Manche unscheinbare Meldung ist wie eine Zwiebel: Beim Häuten kommt man auf den Geschmack und erst beim Schneiden fließen die Tränen der Erkenntnis. Vor einigen Tagen stand eine solche Zwiebelmeldung in dieser Zeitung. Der Kosmetikhersteller L‘Oreál, so hieß es, gibt zwei seiner Cremes einen neuen Namen. In Zukunft werde auf Begriffe wie „Aufheller“ oder „Bleichen„ verzichtet. Die Entscheidung stehe vor dem Hintergrund der Rassismusdebatte.
Sprachliche Kosmetik
So einfach kann man sich das machen. Der Schönheitskonzern (Jahresumsatz: 30 Milliarden Euro) drückt eine Fingerspitze an sprachlicher Kosmetik aus der Tube – und nimmt sich aus der Schusslinie. Denn aufhellen und bleichen kann nur bedeuten, dass überwiegend Frauen mit dunklerem Teint die Pasten auftragen, um ihre Haut heller zu machen. Die schmierigen Lotionen werden weiterhin verkauft, nur unter harmlosem Namen. Die französische Marke will der Welt weismachen, dass alles in Butter sei.
Ist es aber nicht. Die Debatte um Rassismus im Alltag nimmt inzwischen absurde Formen an. Gut gemeint, aber wenig hilfreich im Konkreten. Das Anliegen verkrümelt sich in den Windungen des Lächerlichen, in die Farbtiegel und Fläschchen eines Luxuskonzerns. Denn mit dem übermalten alten Namen ist nichts gewonnen – außer einem neuen Anstrich. Es bleibt die Tatsache, dass viele Frauen in Afrika oder Asien mit ihrem Teint hadern. Ihr Gesicht soll nicht Ebenholz oder Bronze gleichen, sondern einem Blatt Papier.
Weißwäsche auf französische Art
Das Problem ist nicht das Etikett, das vom Marketing schnell auswechselt wurde. Die Wurzeln liegen in der vermeintlichen Schönheit einer Haut, die zwischen Schneeweiß und Birkenrinde schwankt. An der Schaffung dieses Ideals waren Firmen wie L'Oréal maßgeblich beteiligt und haben daran gut verdient. Nun wird schnell der Name entsorgt und alles soll gut sein. Weißwäsche nach Art des Hauses L'Oréal.
Die Gretchenfrage ist doch: Warum werden hellhäutige Menschen von vielen Menschen als attraktiver bewertet, wie das die Masse der US-Filme nahelegt. Die meisten Stars tragen eine helle Haut zu Markte. Natürlich geht gelegentlich ein Polizeioffizier mit asiatischer Gesichtspartie durchs Bild. Doch die tragenden Rollen sind mit Bleichgesichtern besetzt. Daran konnte auch Barack Obama im Weißen Haus nichts ändern. Das Kino konserviert die herkömmlichen Muster. An der Rollenverteilung hat sich seit „Vom Winde verweht“ nicht viel geändert.
Es ist noch nicht lange her, dass sich Europäerinnen mit Schirmen schützten – nicht vor dem Regen, sondern vor Sonne und unvermeidlicher Bräunung. Und Touristinnen aus Japan spannen bis heute den Sonnenschirm auf, sobald sie auf der Europareise den Bus verlassen. Sie wollen nicht dunkel werden. Rassismus?
Blättern wir zurück: Barocke Frauen waren dann schön, wenn sie kalkweiß geschminkt waren und ordentlich Puder aus der Perücke rieselte. Ist das schon Kolonialismus, wie wir heute schnell vermuten, da wir von den Höhen des 21. Jahrhunderts alle Zeitalter überblicken und von oben unsere Urteile gegen die Ahnen schleudern? Ehrlicher wäre es, in der eigenen Zeit zu beginnen und dort aufzuräumen.