Herr Sigl, als Ihnen die Hauptrolle im Film „Flucht durchs Höllental“ angeboten wurde – mussten Sie da lange überlegen?
Grundsätzlich ist es so: Wenn mich Produzent Hans Koch und Regisseur Marcus Rosenmüller – in der Kombination – anfragen, dann sag‘ ich grundsätzlich schon mal: „Mach‘ ich!“ Marcus Rosenmüller kenne ich schon lange, wir sind befreundet, und von Hans Koch weiß ich, dass er tolle Sachen macht. Es ging alles sehr schnell, wir haben uns miteinander hingesetzt und das gemeinsam entwickelt. Es gab damals noch kein fertiges Drehbuch, sondern eine Vorlage.
Hat es Ihnen Spaß gemacht, diesen Film zu drehen?
Ach, wissen Sie, Spaß … Das ist immer so ‘ne Sache. Es war eine ganz tolle Arbeit, eine herausfordernde Arbeit. Und es war eine Abwechslung. Ich meine: Spaß macht mir meine Arbeit grundsätzlich, deswegen bin ich Schauspieler. Wir hatten mehr als 20 Drehtage, bis wir den ganzen Film im Kasten hatten – das war nicht nur Spaß. Aber es war wirklich eine tolle Zeit. Und ich bin echt stolz auf das Ergebnis.
Sie haben auch einige der Action-Szenen selbst gedreht. Machen Sie so etwas öfter?
Als ich beim „Bergdoktor“ angefangen habe, hatten wir auch noch einige Action-Sequenzen, das ist heute nicht mehr so. Wenn es die Möglichkeit gibt, eine Action-Szene selber zu drehen, bin ich der Erste, der „Hier!“ schreit. Solange mir das erlaubt wird, mach‘ ich das gern. Es gibt aber auch Momente, wo man sagen muss: Das ist aus versicherungstechnischen Gründen einfach nicht möglich, dass ich das selber mache. Dann schaue ich eben mit einem weinenden Auge zu, wie ein Kollege das übernimmt.
Es gibt Szenen im Film, in denen man Sie gar nicht auf den ersten Blick erkennt. Absicht?
Es ist natürlich ein Teil der Schauspieler-Arbeit, eine Figur so zu spielen, dass sie etwas ganz Eigenes bekommt. Dann gibtes natürlich auch Maske und Kostüm, um das zu unterstreichen. Ich habe auch einiges zugenommen für den Film, um die Rolle etwas schwerfälliger zu gestalten. Wenn die Zuschauer Hans Sigl nicht auf den ersten Blick erkennen, dann haben wir alles richtig gemacht.
Sie spielen den Strafverteidiger Klaus Burg. Er leidet darunter, dass er zu wenig Zeit für seine Tochter hat, was die Beziehung der beiden nicht gerade vereinfacht. Wie ist es um Ihre Work-Life-Balance bestellt?
Sagen wir mal so: Das Angenehme an meinem Beruf ist ja, dass wir eine Zeitlang drehen, aber zwischen diesen Blöcken auch immer wieder drehfreie Zeit haben. Bei mir ergibt sich das automatisch. Es gibt zwar längere Pausen, aber dann auch wieder Momente, die ein bisschen stressiger sind.
Man hört, Sie wollen sich mit der ungewohnten Rolle ja auch ein bisschen vom „Bergdoktor“ loseisen, den Sie seit 2008 spielen.
Ich habe ja immer schon auch andere Sachen gemacht, „Klarer Fall für Bär“ zum Beispiel. Oder „Ware Freundschaft“, eine Komödie. Da ist schon einiges zusammengekommen im Lauf der Zeit. Aber natürlich bekommt ein Film wie „Flucht durchs Höllental“ mehr Aufmerksamkeit, weil meine Rolle so anders ist als der „Bergdoktor“.

Hatten Sie das Gefühl, dass es an der Zeit ist, mal wieder etwas anderes zu machen?
Es ist immer an der Zeit, etwas anderes zu machen. Ich mache ja neben der Schauspielerei auch Kabarett, ich mache Musik, ich mache Lesungen. Ich mache ganz viele Sachen nebenbei. Aber es manchmal auch ein wenig schwierig, das alles zu vereinbaren, weil es mit der Planung und Umsetzung beim Fernsehen manchmal einfach dauert.
Vor Kurzem war zu lesen, dass Sie 20 Kilogramm abgenommen haben. Das klingt ja sehr entbehrungsreich.
Das war es aber überhaupt nicht. Zum einen hatte ich ja für den Film zugenommen, das konnte ich dann umkehren und wieder abnehmen. Das war kein entbehrungsreicher Weg, sondern einfach ein neuer Weg, auf dem ich entdeckt habe, dass ich mich mit dem Thema Ernährung auch anders auseinandersetzen kann.
“Flucht durchs Höllental„ spielt in den Bergen. Sind die Berge wichtig für Sie?
Mir sind die Berge wichtig. Ich bin ja Österreicher. Für mich sind die Berge mein natürliches Habitat. Die Frage wird mir so oft gestellt, dabei erscheint sie mir immer ein bisschen absurd.
Warum?
Ich werde oft gefragt, was die Berge mit mir machen. Sie sind einfach da. Sie geben mir Kraft und Entspannung gleichzeitig.
Dann sind Sie niemand, der sich manchmal nach einer anderen Umgebung sehnt?
Nein. Natürliche brauche ich zwischendurch auch mal einenTapetenwechsel, aber den habe ich am Ammersee, wo ich lebe. Ich verbringe ja das halbe Jahr beim „Bergdoktor“-Dreh in den Bergen und freu‘ mich dann auch, wenn ich wieder am See bin. Oder wenn ich mal Urlaub am Meer mache. Aber die Berge gehören für mich einfach dazu, sie sind für mich ganz normal.

Sie lesen ja auch Hörbücher, Reclam-Klassiker zum Beispiel. Wie sind Ihre Erinnerungen an die gelben Heftchen? Die haben Sie in der Schule sicher auch gelesen.
Ja, klar, die mussten wir auch lesen, und ich habe positive Erinnerungen daran. Ich hatte einen ganz tollen Deutschlehrer, und ich habe die gelben Heftchen sehr gemocht, weil sie klein und quadratisch, praktisch, gut waren. (lacht) Ich habe ja auch mal Lehramt studiert. Deswegen passt das Projekt auch zu mir. Die Klassiker sind wichtiges Kulturgut, und für mich ist das nicht nur ein Hörbuchprojekt, sondern fast schon ein Bildungsauftrag, sie jungen Menschen näherzubringen. Das Feedback ist sehr positiv, weil die jungen Leute merken, dass diese alten Geschichten so spannend sein können wie ein Thriller.
Mögen Sie‘s beim Lesen und auch bei Filmen spannend?
Absolut, Thriller mag ich super gerne. Klassische Krimis weniger – bei der „Soko Kitzbühel“ habe ich oft genug gefragt: „Wo waren Sie gestern zwischen 16 und 17 Uhr?“ (lacht)
Auf Instagram haben Sie kürzlich auf ein Buch hingewiesen, „Zehn Argumente, warum Sie Ihre Social-Media-Accounts löschen sollten“. Haben Sie darüber nachgedacht, das zu tun?
Nein, ich habe ja immer im Urlaub meine Digital-Detox-Zeit. Dann schalte ich das Gerät ab, weil ich keine Fotos von meinem Essen oder lackierten Zehennägeln posten will. Ich benutze es beruflich, um meine Filme zu unterstützen, aber man muss es eben auch mal ausschalten können. Mittlerweile haben offenbar viele vergessen, wie das geht. Ich habe mir dieses Buch gekauft, weil ich das Thema in mein aktuelles Kabarettprogramm einbauen will – das Handy als solches und wie der Mensch damit umgeht. Ich merke ja auch, wenn „Bergdoktor“-Fans zu uns kommen, dass viele zuerst ein Foto machen wollen, bevor man überhaupt ins Gespräch kommt. Das ist wie eine Trophäe. Da hat sich viel verändert in den vergangenen Jahren.
Aber Sie sehen in den sozialen Medien auch Vorteile, oder?
Ich finde es wunderbar, wie schnell man einen Überblick darüber bekommt, was die Kollegen gerade machen. Aber die Kehrseite der Medaille ist der ganze Hass gerade bei politischen Äußerungen, die Verrohung der Sprache. Das ist tragisch, aber damit muss man irgendwie umgehen.
Wie geht es eigentlich vor der Kamera für Sie weiter?
Wir sind gerade mittendrin in der 13. „Bergdoktor“-Staffel, bis Mitte Dezember wird gedreht. Dann haben wir Pause, bevor es im Januar mit dem Winterspecial für Staffel 14 weitergeht.
Wie weit planen Sie beim „Bergdoktor“ in die Zukunft?
Staffel 15 ist schon in Planung – also bis 2021/2022 bin ich auf jeden Fall dabei. Dass ich bis 2023 verlängert habe, wie vor Kurzem berichtet wurde, das kann ich allerdings nicht bestätigen. (lacht)
Zur Person
Hans Sigl (50) ging nach seiner Schauspielausbildung zur Bremer Shakespeare Company. Bekannt wurde der Österreicher durch die TV-Serien „Soko Kitzbühel“ (2001-2006) und als „Der Bergdoktor“ (seit 2008). Er hat aus einer früheren Beziehung einen Sohn. Sigl ist mit der Fotografin Susanne Sigl verheiratet und lebt in Bayern. Er ist auch Kabarettist und liest Hörbücher ein.