Steffen Rüth

Kylie, Sie singen in ihrem neuen Hit „Dancing“: „Wenn ich ausgehe, dann will ich tanzen gehen.” Stimmt das?

Ja! Ich muss jedoch gestehen, allzu oft mache ich das nicht. In meinen Zwanzigern war das anders, da drehte sich immer alles um die Frage: „In welchen Nachtclub gehen wir heute?“ Wenn ich heutzutage mal weggehe, dann läuft das meistens ähnlich ab, quasi nach dem Kylie-Schema.

Was ist das Kylie-Schema?

Ich treffe mich mit Freundinnen. Eine sagt: „Wollen wir nicht mal dorthin gehen, soll cool sein?“ Und ich bin in der Regel diejenige, die auf die Bremse tritt, so nach dem Motto: „Okay, eine halbe Stunde und dann habe ich bestimmt keine Lust mehr.“ Sechs Stunden später … Also, wenn die Musik, die Stimmung und die Leute passen, dann kann es bei mir spät werden. Feiern gehen, vor allem, wenn ich mich spontan treiben lasse, gibt mir Energie und Kraft.

Ist das die tiefere Bedeutung, die in „Dancing“ steckt?

Ja. So plump es manchmal klingt: Wir machen uns alle zu viele Sorgen. Um unser Leben, den Beruf, die Beziehung, die nicht vorhandene Beziehung, ganz egal. Dabei können wir uns doch glücklich schätzen, überhaupt am Leben zu sein. So eine richtig heiße Club-Nacht erinnert uns daran, wie leicht das Leben sein kann. Tanzen ist ein ungemein starkes und wirkungsvolles Heilmittel. Für dich selbst, für deine Seele, für deinen gesamten Glückshaushalt.

Sie standen kurz vor Ihrer ersten Ehe. Kann man sagen, dass Ihr Glückshaushalt nach der Trennung von Joshua Sasse in Unordnung geraten war?

Kann man. Das war ein Tiefschlag. Es war nicht nur mein Herz gebrochen, sondern mehr. Es fühlte sich an, als sei etwas in mir kaputtgegangen.

Geht es in „A Lifetime To Repair“ um die Trennung und ihre Folgen?

Richtig beobachtet. (lacht) War ja auch nicht schwer. Den Song habe ich mit zwei Jungs zusammen geschrieben, ganz am Ende der Album-Aufnahmen. So einen selbstironischen Text hätte ich ein halbes Jahr vorher niemals zustande gebracht. Ich hätte das auch nicht singen können, ohne sofort zu weinen. Der Song ist schon clever, er balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Drama und Komik.

Hat die Arbeit an „Golden“ geholfen?

Ich würde noch weitergehen und behaupten: Die Musik hat mich gerettet. Sie gab mir einen Sinn, einen Fokus. Musik ist die Liebe, die immer für mich da ist, die sicher ist, auf die ich mich blind verlassen kann. Stand jetzt ist sie die Liebe meines Lebens.

Glauben Sie, da kommt noch was?

Wer weiß das schon?

Machen Sie um Männer denn zurzeit einen großen Bogen?

Na ja, nein, also ich bin schon aufgeschlossen und offen. Ich liebe es, ein bisschen zu flirten und neue Leute kennenzulernen. Ich stehe auf dieses Gefühl, dass heute irgendwie alles passieren könnte. Im Verlieben war ich ja auch immer ganz gut. Die Komplikationen kamen dann später. (lacht)

Ist der Song „Golden“ eine Anspielung auf Ihren 50. Geburtstag?

Oh Gott, nein. Das war fast ein gemeiner, auf jeden Fall zufälliger Streich des Universums, dass „Golden“ irgendwas mit 50 zu tun hat. Ich habe da nicht einmal drüber nachgedacht, aber ich hatte eben diese eine Zeile, die ich unbedingt in dem Song unterbringen wollte: „We’re not young, we’re not old, we’re golden.“ (Wir sind nicht jung, wir sind nicht alt, wir sind aus Gold) Für mich ist das ein total schöner Satz. In meiner Branche wird furchtbar viel über das Alter geredet, ja geplappert, und speziell als Frau stehst du permanent unter Beobachtung. Ich glaube, ich habe früher mehr mit dem Älterwerden gehadert als jetzt. Wir sind, wer wir sind, an jedem Punkt unseres Lebens. Und ja, ich bin kein junger Mensch mehr, aber ich bin überhaupt nicht der Ansicht, dass ich deshalb keine Musik mehr machen sollte. Nein, ich darf weitermachen. Auch wenn mein Körper immer wieder mehr oder weniger subtile Signale sendet, dass er kurz davor ist, 50 zu werden.

Ich bin mir sicher, das tut er nicht.

Danke, aber ich bin mir sicher, das tut er. Ich akzeptiere die Dinge, die ich nicht ändern kann, und Älterwerden gehört dazu.

Wissen Sie, was Sie am 28. Mai, Ihrem Geburtstag, machen werden?

Überhaupt noch nicht. Ich bin eine schrecklich schlechte Planerin. Ich habe mich noch um gar nichts gekümmert. Ich sollte wohl feiern, oder? Ich meine, ich bin seit 50 Jahren auf der Erde, das ist doch eine wundervolle Sache.

Zur Person

Kylie Minogue (49) ist dank Hits wie „I Should Be So Lucky“ oder „Can’t Get You Out Of My Head“ seit 30 Jahren aus der Pop-Welt nicht wegzudenken. In ihrer Heimat Australien wurde sie in den 1980er-Jahren zuerst mit der Serie „Nachbarn“ als Schauspielerin bekannt. Am 6. April 2018 Woche erscheint ihr 14. Studio-Album „Golden“ – im Mai hat Minogue dann schon wieder Grund zu feiern: Sie wird 50 Jahre alt.

"I Should Be So Lucky" ist weltweit auf Nummer eins (1987):

"Where The Wild Roses Grow" von Nick Cave zeigt sie von einer anderen Seite (1995):

"Can't Get You Out Of My Head" setzt Maßstäbe (2001):

Auf "Higher" unterstützt sie Taio Cruz (2010):

"Dancing" vom neuen Album (2018):