Prinz Andrew winkte und lächelte, als er gestern Morgen in seinem Bentley sein Zuhause in Windsor verließ und sich in Richtung London aufmachte, wo er später seine Mutter im Buckingham-Palast treffen sollte. Es war eine kleine Showeinlage für die wartenden Fotografen. Denn zum Lachen dürfte dem 59-Jährigen keineswegs zu Mute sein. Und ob es in der aktuellen Krise hilft, in seinem 170 000 Pfund teuren Sportwagen aufzutauchen, wenn die Frage nach der Sinnhaftigkeit und Finanzierung der Royals aus der zweiten Reihe zunehmend lauter gestellt wird, sei einmal dahingestellt.
Die königliche Familie zieht die Notbremse
Der Herzog von York gerät nämlich immer tiefer in den Strudel des Missbrauchsskandals um den mittlerweile toten US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein, mit dem der Prinz befreundet war. Nun haben die Royals Konsequenzen gezogen, nachdem die Empörung und vernichtende Kritik über das von ihm gegebene Katastrophen-Interview am vergangenen Wochenende nicht abrissen.

Prinz Andrew legte seine öffentlichen Aufgaben für die Königsfamilie bis auf weiteres nieder. Er habe „Ihre Majestät gebeten, auf absehbare Zeit von öffentlichen Aufgaben zurücktreten zu dürfen“, erklärte der zweitälteste Sohn von Königin Elizabeth II..
Gefeuert von der eigenen Mutter
Ihm sei in den vergangenen Tagen klar geworden, dass seine Bekanntschaft mit dem verurteilten Sexualstraftäter zu einer „großen Ablenkung“ für die Arbeit der Königsfamilie und jene in den Organisationen und Vereinen, die er „mit Stolz“ unterstützt habe, geworden sei. Die Queen habe dem Anliegen zugestimmt. Natürlich handelte es sich lediglich um eine formelle Freundlichkeit in dem Schreiben.

Es war praktisch die Monarchin, die ihren Sohn als Repräsentant der Windsors gefeuert hat. Medienberichten zufolge passierte das in Absprache mit Thronfolger Prinz Charles. Der Druck war zu massiv geworden nach dem umstrittenen Fernsehinterview am Wochenende, das von Prinz Andrew eigentlich als Befreiungsschlag gedacht war. Dieser Versuch ist grundlegend misslungen.
Verlust an Unterstützung
Das Gegenteil trat ein: Es handelte sich um ein einziges PR-Desaster. Insbesondere die Tatsache, dass er weder Mitleid mit den Opfern von Epstein noch Reue zeigte, löste auf der Insel Entrüstung aus. Mehrere Firmen und Universitäten kündigten ihre Zusammenarbeit mit dem Herzog von York auf.

Für den Prinzen geht es jetzt um Schadensbegrenzung. So stellte er in Aussicht, bei der Polizei in den USA auszusagen. Beobachter mutmaßten gestern, dass Epsteins damalige Freundin Ghislaine Maxwell, mit der Andrew seit Jahrzehnten befreundet ist, mit dem FBI rede. „Falls sie umkippt, könnte sie ihnen (den Ermittlern, Anm. d. Red.) vielleicht Prinz Andrew liefern“, schrieb der britische Journalist John Sweeney auf Twitter und bezog sich auf anonyme Quellen. Das könnte Andrews merkwürdige Darstellung während des Interview erklären: Der Prinz wollte als erster in die Öffentlichkeit bringen, dass er die Vorwürfe bestreitet.
Neue Krise im Königshaus
Die Rolle Prinz Andrews im Missbrauchsskandal um den US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein hat nach Ansicht von Experten die größte Krise des Königshauses seit dem Tod von Prinzessin Diana ausgelöst. „Die Monarchie macht sehr schwierige Zeiten durch“, sagte Royal-Expertin und Autorin Penny Junor.