Menschenleere, karge Landschaften von melancholischer Schönheit: Die schottischen Highlands sind bekannt für ihre beeindruckende Natur – und für ihre Einsamkeit. Tatsächlich leben in dem Landesteil mehr Schafe als Menschen. Ein Tier stand wegen seines besonderen Schicksals in den vergangenen Tagen und Wochen besonders im Mittelpunkt: Fiona.
Das von britischen Medien als „einsamstes Schaf Großbritanniens“ bezeichnete Exemplar hatte sich vor rund drei Jahren auf einen kleinen Kiesstrand eines schwer zugänglichen Küstenabschnitts entlang des Meeresarms Cromarty Firth verirrt und fand dann von dort keinen Weg zurück.
Ein Schicksal, das immer mehr Insulaner bewegte. Kürzlich wurde sogar eine Petition zur Rettung des Tieres gestartet, die mehr als 55.000 Menschen unterschrieben. Organisationen sprachen sich für die Bergung des Schafes aus. Nun wurde das zähe Tier von einer Gruppe von Bauern in einer halsbrecherischen Aktion befreit.
Farmer schleppten und zogen Fiona am Wochenende den steilen Hügel am Cromarty Firth hinauf. In einen Futtersack aus Segeltuch gehüllt, manövrierten sie das Tier um „Felsen, Büsche und Bäume“ herum, berichtete Schafscherer Cammy Wilson, der die Aktion leitete. Fionas Fellmantel habe bei der durchaus gefährlichen Rettung geholfen. „Sie trug die Wolle von drei Jahren, sodass sie wie auf Wolken schwebte“ – fast so, als wäre sie in eine Matratze eingewickelt gewesen, sagte der Schotte.
Dieser dicke Pelz wurde für das Schaf in seiner Einsiedelei nach und nach zur Bedrohung, erklärte der Experte. Fiona habe das Gras an dem einsamen Küstenabschnitt für sich allein gehabt und sei deshalb wohlgenährt gewesen. Durch das zusätzliche Gewicht des Fells drohte sie umzufallen. Auf dem Rücken liegend wäre das Tier möglicherweise nicht mehr in der Lage gewesen, aufzustehen – sie hätte ersticken können.
Zur Rettungsaktion entschlossen sich die Bauern nach Kommentaren in den sozialen Medien. Dort wurde ihnen vorgeworfen, sie würden „das Schaf vernachlässigen und sterben lassen“. Dies sei jedoch überhaupt nicht der Fall gewesen, so Wilson. Im Gegenteil: Sie hätten sich sehr um das Tier gesorgt. Der Besitzer habe versucht, es zu bergen, musste aber feststellen, dass das nicht möglich war, ohne sich und seine Mitarbeiter in Gefahr zu bringen. „Es war einfach eine sehr brenzlige Situation.“
Nach der Rettungsaktion wurde Fiona zunächst durch eine Schur von ihrem dicken Fell befreit. Fotos vom Wochenende zeigen das Schaf umgeben von einem dichten Teppich aus gelblich goldener Wolle. Wilson berichtete überdies, dass das Tier zukünftig in dem Streichelzoo „Dalscone Farm“ in Dumfries im Süden Schottlands leben und dort langsam wieder an andere Tiere gewöhnt werden solle.

Ob es dazu kommt, ist jedoch fraglich. Über Fionas Zukunft ist ein Streit entbrannt. Eine Gruppe von Tierschützern kritisierte die Pläne, das Mutterschaf in einem Streichelzoo unterzubringen, weil es auf diese Weise „ausgebeutet“ werden würde. Die Aktivisten organisierten eine Demonstration vor der „Dalscone Farm“. Ein Sprecher sagte: „Wir wollen, dass Fiona an einen friedlichen Ort kommt und nicht in einen Streichelzoo.“
Ben Best, Manager der Tierfarm, betonte daraufhin, dass das Schaf nun vorerst an einem geheimen Ort untergebracht werde. „Das ist eine Schande“, weil er dem Tier eine sichere und ruhige Umgebung bieten wollte. „Die Leute, die behaupten, in seinem besten Interesse zu handeln, tun das nicht.“ Trotz ihres einsamen Lebens soll Fiona in guter Verfassung sein.