1. Die Spiele sind aus der Zeit gefallen

Die Bundesjugendspiele polarisieren seit Generationen. Für einige sind sie auch Jahrzehnte nach dem Abschluss noch immer eine Erfahrung, die sie lieber verdrängen würden. 2015 haben wohl aus diesem Grund 25.000 Menschen eine Petition unterschrieben, die die Veranstaltung für immer verschwinden lassen wollte – und mit ihr den wenig gutmenschlichen Charakter:

Wer nicht hoch genug springt, wer nicht schnell genug schwimmt, der ist kein Sieger, hat keine Ehre, der bekommt nur die Teilnahmeurkunde. Eine Demütigung auf Din-A4, selbst Erstklässler wissen das. Die Bundesjugendspiele laden zu einiger Hänselei gegen die weniger Sportlichen ein. Aus pädagogischen Gründen war es deshalb nur richtig, die Spiele vom reinen Wettkampf zu befreien.

2. Weniger Wettkampf, mehr Teamgeist

Ab dem kommenden Schuljahr gilt also die Unterscheidung zwischen einem Wettbewerb und einem Wettkampf bei den Bundesjugendspielen. Damit gelingt die sportliche Balance zwischen der Leistung einerseits und der Teilhabe auf der anderen Seite. Meint: Keine Konkurrenz ums Höher, Schneller, Weiter, sondern irgendwas Lustiges mit „Erlebnischarakter“ und „Miteinander“, so hat es die Kultusministerkonferenz beschlossen.

Davon profitieren, das können vor allem jene Kinder, die von ihrer Disposition her eher unsportlich sind. Was nämlich viele vergessen: Sport ist nicht wie Englisch. Wer körperlich unbegabt ist, kann das nur bedingt mit Fleiß, Nachhilfe und Vokabeltraining aufwiegen.

3. Der Spaß an der Bewegung wird gefördert

Und das ist wunderbar, weil die allermeisten Kinder und Jugendliche heute offenbar gar keine Lust mehr haben, sich zu bewegen. Dabei sollten sie, wie die Weltgesundheitsorganisation schreibt, mindestens 60 Minuten pro Tag aktiv sein. Bewegung wirkt sich positiv auf den sich entwickelnden Organismus aus, begünstigt das Muskelwachstum und den Stoffwechsel.

Die neuen Spiele wollen das Interesse der Kinder daran wieder wecken – und zwar, indem sie sie zwangloser an den Sport heranführen. Organisiert an einem großen Sporttag, der sie dazu ermutigt, sich spielerisch miteinander zu messen.

4. Talente werden trotzdem entdeckt

Manche Gegner beklagen, dass Leistung in Deutschland insgesamt weniger wertgeschätzt werde. Die Reform der Bundesjungendspiele sei dafür nur ein Ausdruck. Tatsächlich bedeutet die Abkehr vom bloßen Wettkampf aber nicht, dass der Leistungsgedanke vollkommen untergeht.

Beim Weitsprung wird zwar ab sofort nicht die eigentliche Weite mit Maßband gemessen, dafür wird die Sprunggrube in Zonen aufgeteilt. Je weiter ein Kind springt, desto mehr Punkte erhält es. Die Bewertung wird damit also nur freier. Damit verkommt die Konkurrenz nicht zur Flauschokratie, wie Kritiker gerne darstellen. Wer Ehrgeiz zeigt, der sticht weiter aus der Masse hervor, was Sportpädagogen als solches auch wahrnehmen.

5. Zeit für die wirklichen Probleme der Bildung

Sport ist wichtig, zweifelsohne, auch in der Bildung. Die kulturkampfartige Diskussion um die Bundesjugendspiele aber hat unlängst von viel schlimmeren Problemen unsere Schulen weggeführt. Beispiel für ein solches Problem: Jedes vierte Kind in der vierten Klasse kann der Iglu-Studie zufolge nicht richtig lesen. Der Anteil der betroffenen Schüler mit großen Leseschwierigkeiten, heißt es da, sei „alarmierend hoch“.

Diese Nachricht und das Große und Ganze, das defizitäre System dahinter, sollten uns in diesem Sommer viel mehr umtreiben als es gerade ein groß organisierter Sporttag vermag. Mit der Reform bleibt dafür endlich wieder Zeit.