Berlin – Sie liegen unter Dornengestrüpp, sind totaler Schrott oder teilweise sogar noch gut in Schuss: Knapp 3100 Kilometer Schiene auf 186 Bahnstrecken in Deutschland könnten nach Einschätzung von Verkehrsexperten mit relativ wenig Aufwand reaktiviert werden.
Das bislang ungenutzte Potenzial würde dem Güter- und dem Personenverkehr zugutekommen, allerdings gibt es auch Probleme. Einige der stillgelegten Trassen sind mittlerweile zu beliebten Radwegen umgebaut worden, auf anderen stehen Häuser.
Vorstoß zum Wachrütteln
Mit ihrem Vorstoß wollen die Experten der Allianz pro Schiene und des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vor allem die Politik wachrütteln.
Bei den Abgeordneten sei das Thema noch nicht angekommen, erklärte Pro-Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege. Die Regierung muss auch deshalb wach werden, weil beide Verbände die Kostenübernahme durch den Bund fordern.
Kosten unbekannt
Wie hoch die Kosten sind, darüber gibt es bislang keinen Überblick. Was auch daran liegt, dass die zur Reaktivierung vorgeschlagenen Strecken in höchst unterschiedlichem Zustand sind.
So gibt es im Osten Strecken, die modernisiert, aber nie in Betrieb genommen wurden. Hier reicht ein minimaler Aufwand, um den Bahnverkehr ins Rollen zu bringen.
Andere Strecken sind heute Fahrradwege, da kostet der Umbau mehr, und es wird nicht ohne den Widerstand der Radfans abgehen, wie auch den Verkehrsexperten schwant.
Kollision mit Radwegen
„Die Debatte wird man führen müssen und überlegen, wie man den Radweg so verlegt, dass alle davon profitieren“, sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Stellenweise werde es schwierig, weil Gebäude auf den Strecken stünden oder Umgehungsstraßen auf der Trasse lägen.
Gleichwohl ist die Reaktivierung unterm Strich immer noch günstiger als ein kompletter Schienenneubau. Unter anderem deshalb, weil Planungskosten entfallen können oder die erforderliche Infrastruktur rund um die Trasse noch vorhanden ist.
So gut wäre die Region vernetzt
In der Bodenseeregion könnte die Ablachtalbahn von Ulm über Stockach bis Singen führen, eine Verbindung zwischen Balingen und Schömberg und von dort bis Rottweil könnte wiederbelebt werden.
Weitere Vorschläge enthalten die Verbindungen Aulendorf bis Pfullendorf sowie Waldshut bis Weizen. Von Freiburg könnte die Grenzverbindung nach Colmar reaktiviert werden, ebenso wie die Strecke von Singen bis Etzwilen in der Schweiz und von Basel bis nach Bad Säckingen.