Vieles ist unklar nach der Ära Merkel. Nach der Bundestagswahl sieht es nach einer Bundesregierung aus drei Fraktionen aus. Aber wird Olaf Scholz oder doch Armin Laschet künftiger Kanzler? Entsprechend ist man in der Schweiz um Zurückhaltung bemüht.

Man habe „die Ergebnisse der Parlamentswahlen in Deutschland zur Kenntnis genommen“, teilt der Sprecher des Außenministeriums auf Anfrage mit. Die Beziehungen zu Deutschland seien „ausgezeichnet, intensiv und sehr vielfältig“. Sobald in Berlin eine Regierung stehe, werde man die Zusammenarbeit fortsetzen.

Glückwunsch aus dem Schweizer Parlament

Erste Glückwünsche gibt es dagegen aus dem Nationalrat. Dessen Präsident richtete diese den neuen deutschen Abgeordneten via Twitter aus. Das Parlament „freut sich auf die Fortsetzung des interparlamentarischen Dialogs“.

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Über den Wahlsieg der SPD freuten sich die Schweizer Sozialdemokraten. SP-Nationalrat Fabian Molina twitterte: „Gut für Deutschland, gut für #Europa und gut für die #Schweiz!“ Molina war gemeinsam mit zwei weiteren SP-Nationalräten bei der SPD-Wahlparty in Berlin.

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Auch Schweizer Grüne und FDP richteten Glückwünsche nach Deutschland aus.

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Internationale Bodenseekonferenz: Corona-Krise als Lehre

Genug zu besprechen zwischen beiden Ländern gibt es – kleine wie große Themen: Fluglärm durch die Zürcher Landebahnen, fehlender Empfang Schweizer TV-Sender, der Umgang mit Einkaufstouristen, die Situation für das Grenzgebiet durch das gescheiterte EU-Rahmenabkommen und schließlich die Lehren aus der Corona-Krise.

Klaus-Dieter Schnell, Geschäftsführer der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK), erklärt: Die Pandemie habe aufgedeckt, dass vertragliche und gesetzliche Grundlagen fehlten, etwa für den Austausch von Gesundheitsdaten über Landesgrenzen hinweg. Über die IBK beraten sich beispielsweise die regionalen Regierungschefs der vier Bodensee-Anrainer.

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Hochrheinkommission: Verflechtung stärker berücksichtigen

Vanessa Edmeier, Geschäftsführerin der Hochrheinkommission, erinnert sich an die „schmerzhaften Grenzschließungen vom März 2020“. Als Lehre erwarte die Kommission – ein Zusammenschluss deutscher und Schweizer Politiker und Verbandsvertreter -, dass die künftige Bundesregierung die engen Verflechtungen am Bodensee, Hochrhein und im Dreiländer-Eck stärker in den Blick nimmt. „Nationale Mechanismen machen in der Grenzregion nicht immer Sinn, da die privaten und beruflichen Lebenswelten von Bürgern vor Ort auf das engste verflochten sind“, sagt Edmeier.

IBK-Geschäftsführer Klaus-Dieter Schnell sieht daher „zweifellos für alle rechnerisch möglichen Koalitionen mögliche Ansatzpunkte, um die nachbarschaftliche Zusammenarbeit zu erleichtern“. Neben Corona führt er die Mobilität an, wo der IBK-Geschäftsführer mehr grenzüberschreitende Bahnverbindungen mit durchgängigen Tarifen fordert.

Deutschland ist wichtigster Partner der Schweiz

Dass durchaus auch die Schweiz auf den nördlichen Nachbarn schaut, hat nicht zuletzt wirtschaftliche Gründe: Deutschland ist der wichtigste Handelspartner. Außerdem arbeiten hierzulande mehr als eine Viertelmillion Menschen für eine Schweizer Firma. Knapp 100.000 Eidgenossen leben hier, mehr als 300.000 Deutsche dort.

So ist auch in der Schweizer Presse die Bundestagswahl eines der wichtigen Themen zum Wochenstart.

Laschet oder Scholz? „Beide keine Freunde der Schweiz“

In der Boulevardzeitung „Blick“ heißt es: Im Grunde sei es egal, ob Scholz oder Laschet Kanzler wird. Beide seien „relativ weit weg von der Schweiz, schon geografisch. Und beide sind keine Freunde der Schweiz“, lautet der Ausblick in einem Video-Kommentar.

Das „Tagblatt“ aus St. Gallen fürchtet dagegen die Folgen einer 'monatelangen Hängepartie' nach der knappen Wahl. „Für die Schweiz ist das keine gute Nachricht. Sie will ihr Verhältnis zu Europa neu regeln und braucht bei ihrem wichtigsten Nachbarn möglichst bald eine voll funktionsfähige Regierung, mit der sich in die Zukunft blicken lässt.“

Die „Neue Zürcher Zeitung“ kommentiert über die fehlende Mehrheit für ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken: 'Die beste Nachricht: Eine rot-grün-dunkelrote Regierung bleibt den Deutschen erspart.' Die NZZ stellt ihre Leser auf „unruhige Wochen“ ein und sieht Angela Merkel mitverantwortlich für den Absturz der CDU. Sie habe „eine entkernte und müde CDU hinterlassen“.

SPD-Erfolg ein „politisches Wunder“

Die Redaktion des SRF geht der Frage nach, welche deutsche Regierung die beste für die Eidgenossen wäre. Klaus Wellerhoff, im deutschen Wilhelmshaven geborener ehemaliger Chefökonom der Schweizer Bank UBS, sieht im Interview „jede Koalition, in der ein stabilisierendes Element wie die FDP drin wäre, vorteilhaft“.

Der Zürcher 'Tagesanzeiger' sieht im Wahlerfolg Olaf Scholz' 'in der Summe doch eine Sensation, wenn nicht gar ein politisches Wunder'. Dennoch sei die SPD nicht auf dem Weg zurück zur Volkspartei, heißt es in der Analyse weiter. Bei der CDU habe sich gezeigt, dass diese eine solche nach der Ära Merkel wohl nicht bleibt. Die Langzeit-Kanzlerin habe verdeckt, „wie zerrissen, talentarm und inhaltlich erschöpft auch die deutschen Christdemokraten längst sind“.

Hazel Brugger nimmt die Bundestagswahl mit Humor

Humorvoll wurde es bei der Schweizer Comedian Hazel Brugger – in Deutschland unter anderem für ihre Auftritte in der „Heute Show“ bekannt.

Die Schweizer Comedian Hazel Brugger.
Die Schweizer Comedian Hazel Brugger. | Bild: Horst Galuschka

Sie denkt auf Twitter schon einmal an die scheidende Kanzlerin: „Hoffe, sie eskaliert richtig und endet in der Thai-Karaoke-Bar mit Erdnussflips im Haar, ich gönne ihr den Spaß“, teilte sie ihren 320.000 Followern mit.

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Die Kabarettistin war wohl nicht die Einzige, die Angela Merkel nach 16 Jahren Regieren ein wenig Spaß gönnt.