Sehr geehrter Herr zu Guttenberg,

man sieht sich ja immer zweimal im Leben und manche Menschen noch öfter. Sie, Herr zu Guttenberg, gehören ganz sicher zu den Letzteren. Seit ein paar Wochen ziehen Sie durch deutsche Talkshows, Sie geben Zeitungsinterviews und sprechen über Politik. So als wär‘s gestern gewesen, dass Sie Verteidigungsminister des Landes waren.

Wehrpflicht? Wird nicht kommen, sagen Sie. Pistorius? Ein Lichtblick, finden Sie. Bundeswehr? Gerade schwierig, glauben Sie. Natürlich stellt ein Mann wie Sie bei der Gelegenheit auch sein neues Buch vor: „3 Sekunden“, heißt das, was ich ziemlich passend finde. Recht viel länger fühlte sich Ihre Abwesenheit auch nicht an.

Ein politisches Comeback scheint ausgeschlossen

Ihren alten Job, das Politikersein, vermissen Sie überhaupt nicht. Das haben Sie jedenfalls diese Woche Sandra Maischberger erzählt. Kein Guttenberg-Comeback also? Nicht mal bei der CSU? Ach, besonders erstaunlich ist das nicht. Sie wurden zwar wie ein Popstar gefeiert, stolperten dann aber 2011 recht uncharmant über eine Plagiatsaffäre um Ihre Doktorarbeit. Bedauerlich: Sie galten als kanzlertauglich.

Man konnte es damals gar nicht mit ansehen, so tief sind Sie in Ungnade gefallen. Dass Sie dann mit 39 am Ende Ihrer Kräfte gewesen sein sollen, klingt schrecklich. Neununddreißig! Andere Politiker fangen da erst an. Aber der Preis der steilen Karrieren, wie die Ihre eine war, ist vor allem: Einsamkeit. Das haben auch Sie so gesehen.

Bei den Wählern beliebt: Guttenberg-Sympathisanten fordern im März 2011) die Rückkehr des zurückgetretenen Verteidigungsministers.
Bei den Wählern beliebt: Guttenberg-Sympathisanten fordern im März 2011) die Rückkehr des zurückgetretenen Verteidigungsministers. | Bild: David-Wolfgang Ebener/dpa

In Ihrem Buch schreiben Sie sogar davon, dass Ihnen Depressionen nicht fremd sind. Sie schildern, dass Sie fast süchtig nach Tabletten geworden sind. Das wünscht man niemandem. Umso nachvollziehbarer ist es, dass Sie jetzt mit dem „Bewusstsein für die Kostbarkeit des Moments“ durchs Leben gehen wollen.

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Auf den Sesseln deutscher Polit-Talkshows zu sitzen, steht Ihnen allerdings noch genauso gut wie früher. Auch wenn Sie heute vielleicht ein anderer Mensch sind, als es Karl-Theodor zu Guttenberg damals war. Ihr altes Metier loszulassen, fällt Ihnen trotzdem schwer. Es hat ja auch in anderen Sparten nicht sonderlich gut geklappt.

Karl-Theodor zu Guttenberg im September 2018 mit seiner Frau Stephanie Freifrau zu Guttenberg. Sie gehen inzwischen getrennte Wege.
Karl-Theodor zu Guttenberg im September 2018 mit seiner Frau Stephanie Freifrau zu Guttenberg. Sie gehen inzwischen getrennte Wege. | Bild: Felix Hörhager/dpa

Sie haben zwischenzeitlich versucht, in den USA als Geschäftsmann Fuß zu fassen. Dabei tauchte Ihr Name aber bei dem einen oder anderen Skandal auf: Ihre Beratungsfirma war für den Pleitekonzern Wirecard tätig – und soll auch Geld bei dem Skandalunternehmen Augustus Intelligence investiert haben … Oh weh. Dann haben Sie sich auch noch von Ihrer Ehefrau getrennt, oder andersherum? Wie soll man da je zur Ruhe kommen?

„Bewusstsein für die Kostbarkeit des Moments“, sagen Sie. Das benötigt Karl-Theodor zu Guttenberg wohl dringend, allein aus pragmatischen Gründen. Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute und dass Sie Ihre Vergangenheit aufarbeiten können. Davon werden Sie bestimmt aber noch bei Markus Lanz oder „Hart aber fair“ erzählen. Bis dahin.