Deutschland, hört man seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine immer wieder, sei die „Führungsnation“ Europas und müsse nun entsprechend handeln. Abgesehen von der Vermutung, dass man diese Behauptung in Paris kaum unterschreiben dürfte, stellt sich die Frage: Handelt die Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz im Hinblick auf die russische Aggression so, wie man es von Deutschland erwarten kann?

Kanzler Scholz laviert weiter

Die Antwort ist ein klares Nein. Ganz anders als der englische Premier Boris Johnson, der sich ohne Wenn und Aber zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine bekennt, hat Scholz in seiner Fernsehansprache am Wochenende verzagt laviert, anstatt zu sagen: Die Bundesrepublik wird alles tun, um einen Sieg der Ukraine und damit den Sieg der Freiheit über Diktatur, Terror und Unterdrückung, zu gewährleisten.

Leopard-Panzer vom Typ Leopard 1 A5 aus dänischen Beständen stehen in Flensburg in einer Halle, hier ein Bild aus dem Jahr 2010. Dieser ...
Leopard-Panzer vom Typ Leopard 1 A5 aus dänischen Beständen stehen in Flensburg in einer Halle, hier ein Bild aus dem Jahr 2010. Dieser Panzer ist dem russischen T72 überlegen und könnte der ukrainischen Armee gute Hilfe leisten. | Bild: Constanze Emde/dpa

Während sich Berlin bei der Lieferung leichter Defensivwaffen an die Ukraine großzügig zeigte und so dazu beitrug, den russischen Vormarsch bei Kiew in einen Rückzug zu verwandeln, steckt die Unterstützung mit Panzern im Morast defensiver Zögerlichkeit fest. Das enttäuscht und verärgert die Partner in Kiew zu Recht.

„Gepard“-Panzer ohne Munition

Damit sie bei der jüngsten Alliierten-Runde auf dem US-Fliegerhorst Ramstein nicht blank dasteht, bietet eine dauerüberforderte Verteidigungsministerin Lambrecht der Ukraine den Flugabwehr-Panzer „Gepard“ an, obwohl keine Munition verfügbar ist und sich die russische Bedrohung aus der Luft als nachrangig erwiesen hat.

Ukrainische Soldaten werden in Deutschland an jenem komplexen Waffensystem – wie auch an der genauso komplexen Panzerhaubitze 2000 – wochenlang geschult. Dagegen soll der für die Ukraine brauchbare und schneller beherrschbare Schützenpanzer „Marder“ im Rahmen eines hastig organisierten Ringtauschs nach Slowenien und in die Slowakei rollen. Dort aber will man diesen Veteran eigentlich nicht mehr, sondern ist am modernisierten „Leopard 2“ und am neuen Schützenpanzer „Puma“ interessiert.

Die Ukraine muss offensiv werden können

Dieses krude Manöver setzt sich fort, wenn östliche Nato-Staaten den veralteten und – wie sich an vielen russischen Wracks zeigt – hoch verwundbaren Kampfpanzer „T72“ an die Ukrainer weiterreichen. Diese sind an dem Gerät zwar ausgebildet. Aber eine durchhaltefähige militärische Unterstützung gegen die russische Materialwalze muss anders gedacht und mit deutlich höherem Elan vorangebracht werden.

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Es geht darum, der Ukraine die Rückeroberung weiter Teile ihres Landes zu ermöglichen – so wie es Briten und Amerikaner als Losung und Kriegsziel ausgeben.

Doch das scheint in Berlin gar nicht gewollt. Scholz fürchtet einen Flankenangriff der pazifistisch gesinnten SPD-Linken, und Generäle der Bundeswehr geben ihm Rückendeckung. Denn wie sind die ständigen Hinweise, die Bundeswehr „habe nichts mehr“ oder könne „nichts abgeben“ zu verstehen?

Bundeswehr-Generäle in der Abwehrhaltung

Ja. Die Bundeswehr ist Truppensteller für einige Nato-Verbände, etwa im Baltikum. Dafür muss sie mit den notwendigen Waffen ausgestattet sein. Das kann aber nicht heißen, dass Generäle reflexhaft eine Abwehrfont aufbauen und immer nur sagen, was nicht geht, anstatt darüber nachzudenken, was entbehrlich ist und was flexibel und schnell flott gemacht werden kann.

Denn eines sollte man nicht vergessen: Die Erfolge, die die ukrainische Armee gegen die russischen Invasoren erringt, werden nicht nur durch den Westen ermöglicht, sondern sie bewahren die Nato auch vor einem denkbaren künftigen Krieg. Einen Krieg, zu dem sich ein siegreiches und entsprechend weiter hungriges Putin-Russland ermutigt sehen könnte, wenn die Ukraine erobert wäre.

Eine Investition in den Frieden

Alle Staaten, die nach 1997 dem Verteidigungsbündnis beitraten, stehen für den Kreml auf der falschen Seite. Jedes moderne Waffensystem, das eine Niederlage der russischen Armee ermöglicht, ist eine Investition in den Frieden. Das sollte Olaf Scholz endlich beherzigen und eins beweisen: Mut.